Der Propagandakrieg

«Es wird nie soviel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd» – dies wusste bereits Bismarck. Sein Zitat gewinnt vor dem laufenden «Krieg gegen Terror» neue Aktualität.

Von Samuel Durrer

Kriege entscheiden sich nicht mehr nur auf dem Schlachtfeld, seit geraumer Zeit geht es für die Kriegs führenden Staaten auch darum, ihre Bevölkerung auf einen Krieg einzustimmen. Hervorragend ist dies der US-Administration und ihrer Propagandamaschinerie gelungen. Wer erinnert sich nicht an die Bilder von jubelnden PalästinenserInnen, die am 11.9.01 um die Welt gingen? Mit diesen Bildern wollte der US-Amerikanische Nachrichtensender CNN die Welt auf den neuen Feind einschwören, der selbst unschuldige Opfer feiert. Nur wenige Tage später kamen erste Zweifel an der Echtheit der Bilder auf. Ein brasilianischer Student glaubte sich an die Bilder zu erinnern, er behauptete, sie bereits 1991 nach der Besetzung Kuwaits gesehen zu haben. Diese Behauptung stellte sich im Nachhinein als haltlos heraus, sie führte aber dazu, dass verschiedene Fernsehanstalten einen zweiten Blick auf die Bilder warfen. Man fand zwar heraus, dass sie vom 11.9.01 stammen, aber vermutlich gestellt waren. Erstens erweckten sie den Eindruck einer feiernden Masse, obwohl man beim genaueren Hinsehen erkennen kann, dass sich nur wenige Menschen zum Jubeln versammelten. Zweitens wurde nach ein wenig Recherche klar, dass zumindest eine jubelnde Frau vom Kameramann Kuchen und Süssigkeiten erhielt, um sie zum Jubeln zu bringen. Nach nur einer Minute ging sie weg und als sie hörte, in welchem Kontext ihr Jubel gezeigt wurde, war sie empört. Sie verurteilt aufs Schärfste das Attentat vom 11.9.

Dies ist nur ein Beispiel, für die skrupellosen Methoden einiger Medien zu Beginn eines Krieges. So gut wie jeder Krieg in der jüngeren Vergangenheit wurde begleitet von bewussten Falschmeldungen, die die Bevölkerung in Kriegslaune versetzen sollten, man erinnere sich nur an die Bilder serbischer «Konzentrationslager» die während des Bosnienkrieges um die Welt gingen und erst nach Kriegsende als Fälschungen erkannt wurden. «… unser Handwerk besteht darin, Nachrichten auszustreuen, sie so schnell wie möglich in Umlauf zu bringen, so dass die Behauptungen, die unserer Sache dienen, als erste an die Öffentlichkeit gelangen». «Es ist die erste Behauptung, die wirklich zählt. Alle Dementis sind völlig unwirksam». «Es gehört nicht zu unserer Aufgabe, den Wahrheitsgehalt von Informationen zu überprüfen». «Unsere Aufgabe ist es, uns dienliche Informationen schneller zu verbreiten und sie an wohlüberlegte Zielgruppen weiterzuleiten». «Wir werden nicht bezahlt, um zu moralisieren». So äussert sich 1993 James Harff, Chef der PR-Agentur «Ruder Finn Global Public Affairs», einer in den USA ansässigen Firma, die beauftragt ist, das Image von Kroatien, Bosnien-Herzegowina und der «Republik Kosovo» in der Öffentlichkeit positiv zu beeinflussen, was sie ganz wesentlich durch die Schaffung des Feindbilds «Die Serben» erreichte.

Falschmeldungen sind aber nur ein Teil der globalen Propagandamaschinerie. Viel wichtiger ist die «Gleichschaltung» der Medien. Diese läuft ziemlich subtil ab und funktioniert über die Kräfte des Marktes. Nach den Attentaten in New York überboten sich die Fernsehsender und Zeitungen mit reisserischen und kriegstreiberischen Schlagzeilen gegenseitig. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns – dies gilt nicht nur für Staaten, sondern auch für die Medienwelt. In Amerika gelingt es den führenden Medien nach wie vor, die Antikriegsbewegung tot zu schweigen. Und weil man hierzulande alles glaubt, was in CNN läuft, hören auch wir nichts von den Protesten in den USA.

Die Bush-Administration ist sich der Macht der Medien im Kriegsfall sehr bewusst. Nicht von ungefähr hat sie eine Art PR-Agentur eingesetzt, die die Medien mit pro US-Informationen beliefern soll, den USA gut gesinnte Medien finanziell unterstützt und ganz offiziell auch Falschmeldungen verbreiten darf, solange sie der «Sache» dienen. Und Journalisten können in den USA seit letztem Herbst auch Army-Trainings-Kurse besuchen, um sich mithilfe der amerikanischen Armee zum Kriegsberichterstatter «ausbilden» zu lassen. Krieg ist halt immer auch ein gutes Geschäft.

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