Ein Geheimnis weniger

Wenn das WEF in den Bündner-Bergen Einzug hält, dann wird der Kanton Graubünden in eine riesige Festung verwandelt. Zur Festung gehört auch der WEF-Kommandobunker, von welchem aus die Einsatzleitung für die WEF-Soldaten erfolgt. Der Standort des Bunkers ist streng geheim. Er war es. Das Geheimnis ist gelüftet.

Am 20. Januar dieses Jahres, also einen Tag vor Beginn des World Economic Forum in Davos, machte sich die GSoA zusammen mit 30 anderen DemonstrantInnen der Jungen Grünen, der Theologischen Bewegung für Solidarität und Befreiung (TheBe) und der Jungsozialisten ( JUSO) auf den Weg nach Parpan im Bündnerland. Am Ort des Geschehens angekommen, streiften wir unsere weissen Overalls mit der Aufschrift «Stopp innere Unsicherheit» über, holten die vorbereiteten Transparente hervor und begaben uns zum geheimen WEF-Kommandobunker. 2 Meter hohe Gitterzäune umringten den unscheinbaren Stall in der Mitte. Der Stall, der in Tat und Wahrheit kein Stall ist, sondern nur ein Bretterverschlag, der einen Betonkern tarnt, ist der sichtbare Teil des Bunkers. Das ist aber nur ein Bruchteil dessen, was sich unsichtbar unter unseren Füssen befindet: Ein riesiges Bunker-Areal, die eigentliche Kommandozentrale. Auf der anderen Seite des Gitterzaunes stehen nach unserer Ankunft die bewaffneten Soldaten. Spachlos, verwirrt und ziemlich ratlos. Wir bauen die Infrastruktur für die improvisierte Pressekonfernz auf. Dann erläutern wir den mitgereisten Medienvertretern kurz, weshalb wir hier sind und was wir wollen:Aufklärung über Aufgaben, Befugnisse und Bewaffnung der Soldaten. Zudem kritisieren wir die Tatsache, dass die Armee gegen DemonstrantInnen eingesetzt wird und somit auch die Schweiz den Schritt einer immer stärkeren Militarisierung nachvollzieht, die sich auf internationaler Ebene im Rahmen des «Krieges gegen Terror» ebenfalls abzeichnet.

Wenig Antworten vom Militär

Nach der Pressekonferenz fordern wir ein Gespräch mit dem Chef des Kommandobunkers sowie eine Inspektion und somit Einlass in den Bunker. Zwei Minuten später steht er vor uns: Oberst Schellenberg, getarnt mit schwarzer Sonnenbrille. Er könne unserer Forderung nach einer Inspektion – für uns nicht ganz überraschend – nicht entsprechen. Ob er hier die DemonstrantInnen überwache, wollen wir wissen. Keine Antwort. Ob er es nicht heikel fände, WK-Soldaten mit Schiessbefehl gegen DemonstrantInnen einzusetzen? Man führe hier einen Auftag der politischen Behörden aus, so Oberst Schellenberg. Er bitte uns, jetzt den Weg frei zu machen. Den mitgereisten Journalisten wird befohlen, kein Bildmaterial des Bunkers zu veröffentlichen. Dies könne «rechtliche Konsequenzen» haben.Sonst habe er nichts mehr zu sagen, murmelte der Oberst darauf Und weg war er.

Wir liessen es uns jedenfalls nicht nehmen eine symbolische Widerstandsmauer aus Schnee vor dem Bunker aufzubauen. Und dann zogen wir davon. Soldaten und Oberst Schellenberg blieben zurück. Dort im Kommandobunker, oberhalb von Parpan, im Waldstück von «Foppas». Im Bunker, den jetzt jeder kennt.

Ziel erreicht

Unsere Zielsetzung war klar: Erstens ging es darum, das Geheimnis über den Standort des Bunkers zu lüften. Zum zweiten nutzten wir diesen symbolträchtigen Ort, um mit friedlichen Mitteln dagegen zu protestieren, dass Schweizer-Soldaten gegen DemonstrantInnen und für das WEF im Einsatz stehen. Diese Ziele haben wir erreicht.

Geheimnisse…

Das Infanteriebataillon 56 stand für das diesjährige WEF im Einsatzgebiet Landwasser, Walenstadt, Chur und Prättigau im Einsatz. Nicht schlecht staunten die Soldaten einer in Landquart stationierten Kompanie, als sie, bereits zu Hause, aus dem Wochenendurlaub zurück gepfiffen wurden. Ihre Vorgesetzten hatten bei den Planungsarbeiten ein «zu bewachendes» Objekt schlichtweg übersehen. Die Lücke im Sicherheitsdispositiv musste umgehend gestopft werden. Die Armee plant offensichtlich so geheim, dass sie ihre eigenen Geheimnisse nicht mehr kennt.