Das Geschäft mit dem Tod

Die Geschichte ist simpel: Ein kleines Land mit besonders grossem Unabhängigkeitsdrang muss sich gegen übermächtige Feinde verteidigen. Dazu braucht es eine Armee. Und eine Rüstungsindustrie.

Und um eine überlebensfähige Grösse zu erhalten, muss die Rüstungsindustrie ihre Produkte auch ins Ausland verkaufen. Das ist wichtig. So wichtig, dass im Zweifelsfall die Moral hinten anstehen muss.

Noch immer dient diese Geschichte aus den Zeiten des Kalten Krieges den Rüstungs-Lobbyisten im Bundeshaus zur Legitimierung von unmoralischen Geschäften. Die PR-Verantwortlichen der Waffenkonzerne bringen diese Argumentation zur Rechtfertigung des Exports von Kleinwaffen nach Saudi-Arabien, zur Begründung der Zusammenarbeit mit Staaten in Krisengebieten wie Israel und zur Legitimierung von Waffenlieferungen an die kriegsführenden Staaten im Irak.

Das Märchen von der Landesverteidigung

Heute entspricht das Märchen von der Landesverteidigung noch weniger als früher der Realität: Durch den fortschreitenden Konzentrationsprozess in der Rüstungsindustrie werden in unserem Land nur noch einige wenige Spezialprodukte im grossen Stil hergestellt, so dass die Armee bei der Waffenbeschaffung ohnehin weitgehend vom Ausland abhängig ist.

Dass die Schweiz immer noch Kriegsmaterial exportiert, hat weniger mit ernsthafter Sorge um die militärische Verteidigungsfähigkeit und dafür umso mehr mit den Interessen der Industrie zu tun. Die Schweizer Waffenhersteller können dank ihrer Landesverteidigungs-Rhetorik weiterhin auf staatlichen Schutz gegen ausländische Konkurrenz sowie direkte und indirekte Subventionen zählen, von denen andere Branchen nur träumen können.

Die Anreize für die Unternehmen, auf nicht-militärische Produktion umzusteigen, sind nicht sehr gross, solange die Politik der unehrlichen Argumentation der Waffenindustrie folgt. Und das, obwohl das Potential vieler Rüstungsfirmen vorhanden wäre, sich im zivilen Bereich erfolgreich zu positionieren, wie nicht nur das Beispiel der SIG gezeigt hat.

Die Zeit ist reif

Im Vergleich mit den grossen Waffenverkäufern wie den USA, Russland oder Frankreich scheinen die Schweizer Kriegsmaterialexporte eher klein. Der menschliche und moralische Schaden, den sie anrichten, ist jedoch riesig. Wie kann ein Land, das sich auf seine humanitäre Tradition und Neutralität beruft, es akzeptieren, dass mit seinen Waffen im Irak Kinder getötet, in Mexiko Schulen bombardiert und in Saudi-Arabien Oppositionelle ermordet werden? Kann man mit der einen Hand die Fahne des Roten Kreuzes hochhalten und mit der anderen Waffen schmieden?

«Wenn wir keine Waffen verkaufen, tut es einfach jemand anderes an unserer Stelle» ist eine Ausflucht, um sich vor der eigenen Verantwortung zu drücken. Bald zwanzig Jahre nach dem Kalten Krieg wäre die Zeit reif, sich der Verantwortung zu stellen und das Geschäft mit dem Tod endlich zu beenden.

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