Wirtschaftskrieg und Kriegswirtschaft oder Grenzenlose Kriege

In ihrem kürzlich veröffentlichten Buch «Krieg ohne Grenzen» zeigt Maria Mies die Zusammenhänge zwischen neoliberaler Globalisierung und Krieg auf. Was bedeuten ihre Erkenntnisse für die Friedensbewegung?

Die Kriege im Kosovo, Afghanistan und Irak unterscheiden sich laut Maria Mies entscheidend von früheren Kriegen, denn: «Sie sind neu, weil sie faktisch grenzenlos sind». Wie der «Krieg gegen den Terrorismus» scheinen die Neuen Kriege kein Ende zu nehmen und haben globale Auswirkungen. Weiter unterscheiden sie sich in der Legitimation: Früher wurde die territoriale Verteidigung als legitimer Kriegsgrund dargestellt, heute hingegen werden so genannt «humanitäre» Gründe vorgebracht. Die militärischen Interventionen werden in den Medien so dargestellt, als ob sie Demokratie und Freiheit verbreiten, die Welt vor Massenvernichtungswaffen schützten und sogar gegen die Unterdrückung von Frauen kämpften. Weitere Aspekte der Rechtfertigung der Neuen Kriege sind der häufig vorgebrachten Argumentation für Liberalisierung und Abbau des Sozialstaates erstaunlich ähnlich: Kurzfristige Verluste würden langfristige Verbesserungen für alle ermöglichen, und «There is no alternative», es gäbe keine Alternative.

Die wahren Gründe für diese Kriege sieht Mies aber nicht etwa in einer global-humanitären Haltung, sondern im Kapitalismus: Um zu überleben brauche die Weltwirtschaft, so wie sie heute strukturiert ist, kontinuierliches Wachstum, das «friedlich» durch Kriegswirtschaft oder militärisch durch Wirtschaftskriege erreicht werden kann. Unter Kriegswirtschaft versteht Mies die heutige neoliberale Globalisierungspolitik, welche ihre Ziele durch Strukturanpassungsprogramme und internationale Abkommen wie GATS oder MAI zu erreichen sucht: Sie verpflichten alle unterzeichnenden Staaten zu einer neoliberalen Wirtschaftspolitik und ermöglichen so die Erschliessung neuer Absatzmärkte und Produktionsorten. Die Umsetzung dieser Abkommen bewirkt vor allem in Drittweltländern einen Krieg gegen die Natur (Raubbau) und ein «Krieg gegen Innen» (Abbau des Sozialstaates, Abbau arbeitnehmerischer und demokratischer Rechte). Der «Krieg gegen Aussen» oder die Neuen Kriege sind lediglich ein anderes Mittel zum selben Ziel: Wirtschaftswachstum. Wie zum Beispiel der Irakkrieg sehr deutlich machte, ermöglichen sie ungehinderten Zugang zu wichtigen Ressourcen wie Öl und erschliessen neue Märkte. Da die kriegsführenden, westlichen Staaten durch die Wirtschaftskriege ihre Wirtschaftspolitik weltweit umsetzen, spricht Mies auch von einer «neuen Kolonialisierung» der Welt. Laut Mies führt also die neoliberale Globalisierung zu Krieg, und die Kriege wiederum ermöglichen diese Art von Globalisierung.

Der globalisierungskritischen Bewegung und den Friedensbewegten muss diese Kriegslogik laut Mies unbedingt bewusst werden. Eine Friedensbewegung, die sich gegen einzelne Kriege wehrt, macht, überspitzt formuliert, nur Symptombekämpfung. Vielmehr muss man versuchen, die Kriegswirtschaft zu delegitimieren und die Kriegslogik als Ganzes an den Pranger stellen. Vor allem ist es aber wichtig von der Argumentation «There is no alternative» wegzukommen und man soll «bereits jetzt anfangen, eine andere Welt, eine andere Wirtschaft, eine andere Politik, eine andere Demokratie und eine andere Wissenschaft mitten in der «alten Welt» aufzubauen».

Maria Mies ist Professorin für Soziologie in Köln. Die kontroverse Intellektuelle engagiert sich in der feministischen und globalisierungskritischen Bewegung und hat mehrere einflussreiche Werke in diesen und anderen Bereichen veröffentlicht. «Krieg ohne Grenzen. Die neue Kolonisierung der Welt» ist 2004 beim Papyrossa Verlag erschienen. Alle Zitate stammen aus diesem Buch.