Die Militärjustiz versagt

Rassismus in der Armee: Vier Armeeangehörigen wird ein Verstoss gegen das Anti-Rassismus-Gesetz vorgeworfen. Unbegreiflicherweise stellt die Militärjustiz das Verfahren vorläufig ein.

Letzten August wurden vier Armeeangehörige von der Grenadierschule in Isone nach Hause geschickt. RS-Kollegen hatten sich bei der Schulleitung über die zwei Rekruten und zwei Unteroffiziere beschwert. Sie sollen sich gegenseitig mit dem Hitlergruss begrüsst haben und mehrmals rassistische und antisemitische Parolen von sich gegeben haben. Der Schulkommandant leitete sofort ein Verfahren ein. Diesen Januar wurde das Ergebnis des Untersuchungsrichters veröffentlicht.

Mildes Militärgericht

In der Untersuchung wurden die vorgeworfenen Hitlergrüsse von den Beschuldigten verharmlost. Es seien nur drei Finger gewesen, zum Rütlischwur erhoben. In nationalistischen Kreisen ist dies als die helvetische Version des deutschen Grusses bekannt. Der Untersuchungsrichter argumentiert, dass die Äusserungen im privaten Rahmen einer Rekrutenschule erfolgt seien und deshalb nicht unter das Rassismus-Gesetz fallen. Eine disziplinarische Strafe reiche.

Auf diesen skandalösen Entscheid reagierte die Armee mit Schadensbegrenzung. Armeesprecher Felix Endrich erklärte, die Leitung der Grenadierschule werde der Empfehlung des militärischen Untersuchungsrichters nicht folgen und den Vorfall weiter verfolgen. Die Armeeführung sei sich der Problematik Rassismus in der Armee bewusst.

Zwei Punkte betonte Endrich besonders: Erstens unterscheide sich die Praxis der Militärjustiz zum Tatbestand der Rassendiskriminierung nicht von derjenigen der zivilen Strafjustiz, insbesondere nicht vom Bundesgericht. Als Beweis führt er einen Entscheid des Militärgerichts aus dem Jahr 2005 an, als ein Wehrmann wegen Rassendiskriminierung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Zweitens hielt er fest, dass innerhalb der Kaserne sehr wohl Öffentlichkeit herrscht, auch wenn die strafbaren Äusserungen nur von Angehörigen der Armee wahrgenommen werden. Trotz dieser Beteuerungen zeigt der Vorfall einmal mehr die Problematik einer Militärjustiz. Die Schweiz braucht kein separates Rechtssystem für Soldaten.

Kein Einzelfall

Rassistische Vorfälle sind in der Armee kein Einzelfall. Immer wieder kommt es zu Strafverfahren gegen Angehörige der Armee im Zusammenhang mit Rassismus. So wurde ein Offizier vom Amtstatthalteramt Willisau zu einer Strafe von zwei Monaten bedingt und einer Busse verurteilt. Er griff mit einer rechtsextremen Gruppe eine bewilligte Kundgebung im Oktober 2004 in Willisau an. Die Verurteilung hatte aber keine direkten Konsequenzen auf seine Position innerhalb der Armee. Eine Versetzung werde erst geprüft, nachdem die schriftliche Urteilsbegründung vorliege, so die Armee.

Dass die Armee ein Problem mit Nationalisten hat, ist klar und das Problem wird wohl leider weiter bestehen. Denn die Ideologie, das Vaterland vor allen bösen Fremden bis aufs Blut zu verteidigen, und die hierarchischen Strukturen üben einen grossen Reiz auf faschistisch Gesinnte aus. So leisten viele Neonazis aus «patriotischer Pflicht gegenüber dem Vaterland» Militärdienst. Und zusätzlich geben die Übungen mit grossem Kriegsgerät und das Schiessen den jungen Rechtsextremen ein vermeintliches Machtgefühl, das sie in der zivilen Welt so nicht finden.

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