Durchdiener in den Bundesrat?

In einem Pilotprojekt will der Bund Durchdiener an die Grenze schicken. Dort soll das unter Spardruck gekommene Grenzwachtkorps unterstützt werden. Wieder einmal sieht sich die Armee als Retterin der Schweiz vor dem Untergang.

Die Zollverwaltung hat ein Problem: Sie soll Kosten sparen, am besten gratis arbeiten. So sollen zwischen 2003 und 2008 rund 450 von insgesamt 4800 Stellen abgebaut werden. So will es das Sparprogramm des Bundes.

Zudem ist das Grenzwächterdasein nicht sonderlich begehrenswert, scheint die Zukunft des Berufstandes doch recht ungewiss: Kommt der Beitritt zur EU? Was bedeutet Schengen? Da geht man lieber zur Polizei, wo die gleiche Ausbildung mehr berufliche Sicherheit verspricht.

Um die Sicherheit ist auch der Bundesrat bemüht: Am 6. November 2002 entschied er auf Grund der prekären finanziellen Umstände, die Armee solle «dauerhaft sicherheitspolizeiliche Aufgaben des Bundes erfüllen». Somit werde auch “der verstärkte Einsatz der Armee zur subsidiären Unterstützung der zivilen Kräfte für Grenz-, Konferenz- und Objektschutz vorläufig vom Ausnahmefall zum Regelfall». Für Armee und Grenzwacht hiess das: die Festungswächter, die bis anhin Botschaften bewachten, wurden von Milizsoldaten abgelöst; die Festungswächter gingen an die Grenze und unterstützten fortan die vom personellen Notstand geplagten Grenzwächter.

Billige Durchdiener

Nun werden 2007 die teuren Festungswächter von billigen Durchdienern abgelöst. Ein Grenzwächter verdient laut Robert Küng von garaNto, der Gewerkschaft des Zoll- und Grenzwachtpersonals, rund 6000 Franken brutto. Ein Durchdiener kostet etwa 1500 Franken monatlich. Die Kostenersparnisse für den Bund liegen auf der Hand. Die Gewerkschaft sträubt sich verständlicherweise gegen den Einsatz der Durchdiener. Zur Befürchtung, das Grenzwachtkorps könnte auf diese Weise noch mehr geschwächt werden und einer Militärtruppe Platz machen müssen, gesellen sich auch sicherheitspolitische Argumente: Die Durchdiener seien für den anspruchsvollen Dienst an der Grenze nicht ausreichend vorbereitet. Die Ausbildung zum Grenzwächter dauert immerhin vier Jahre, Durchdiener haben aber nur die Rekrutenschule hinter sich. So drohe ein Qualitätsverlust sondergleichen. Auch seien die Grenzwächter selbst nicht mehr sicher, sobald sie von schlecht ausgebildeten Soldaten begleitet werden. Und was macht das für ein Bild im Ausland, wenn die Schweiz ihre Grenzen von Soldaten bewachen lässt?

Die bundesrätliche Strategie ist beängstigend einfach: Die kostenintensiven Sicherheitsinstitute (Polizei, Grenzwacht, etc.) werden finanzpolitisch marginalisiert. In die Bresche springt die hochgerüstete Armee mit ihren kasernenhofgetrimmten Männern. Und die Armee behauptet immer noch, wie der VBS-Sprecher Sebastian Hueber auf Anfrage sagte: «Wir suchen diese Aufträge nicht, sie werden uns angetragen». Diese Behauptung ist offenkundig falsch (siehe hierzu den nebenstehenden Artikel «Nach wie vor verfassungswidrig»). Die Armee will das Land vor durchlässigen Grenzen bewahren und das WEF und die US-amerikanische Botschaft vor Terroristen retten. Was kommt als nächstes? Liessen sich nicht auch im Bundesrat kostengünstig Soldaten einsetzen?