Mehr Querdenker, weniger Skandale, bitte!

Pilatus könnte auf Negativschlagzeilen wie im Falle des Tschad-Exportes verzichten. Denn unternehmerischen Erfolg, haben die Stanser Werke vor allem mit zivilen Flugzeugen.

Ob Chiapas, Burma oder Guatemala, Oscar J. Schwenk erlebte sie alle, die Skandale der Pilatuswerke. Seit mehr als 20 Jahren steht Schwenk bei Pilatus in leitender Funktion: ab 1994 als geschäftsleitender Direktor, seit 1996 zudem als Verwaltungsratsdelegierter. Nun wurde er zum Verwaltungsratspräsidenten gewählt. Die logische Folge einer Hierarchiestruktur der alten Garde. Weder die Wahl Schwenks, noch die Pressemeldungen darüber waren überraschend. Weit und breit nur Lob für Schwenk, den geplanten Börsengang und das neue «Trainingsflugzeug PC 21». Obwohl der «neue Chefstratege» (Neue Luzerner Zeitung) kürzlich in einem Interview forderte, es brauche «mehr Querdenker», wird bei Pilatus alles beim Alten bleiben. Oder eben gerade nicht? Zwei Tatsachen lassen bangen, aber auch hoffen.

Bange durch Gratian Anda

An wen hatte Schwenk gedacht, als er mehr Querdenker forderte? Etwa an Gratian Anda, Enkel des Emil Georg Bührle, der vor und während des 2. Weltkrieges fleissig die Nationalsozialisten mit Kanonen belieferte? Denn genau dieser Enkel sitzt neu im Verwaltungsrat der Stanser Pilatuswerke, wo er auch prompt zum Vizepräsidenten berufen wurde.

Betrachtet man die Aktienverteilung der Pilatuswerke etwas genauer, wird ersichtlich, wie es dazu gekommen ist. Unaxis hält 14 Prozent an Pilatus, die Privatbank IHAG 30 Prozent, die Finanzgesellschaft 3i 10 Prozent. Zentral bei der Wahl Andas ist das Aktienpaket, welches die Privatbank IHAG innehat. Die IHAG wurde einst als Konzernbank und Geldmaschine für den Oerlikon-Bührle-Konzern gegründet. Heutiger Delegierter der IHAG und somit Verwalter des auf über eine Milliarde Franken geschätzte Familienvermögen ist Gratian Anda. Einmal mehr zeigt sich, dass sich die Pilatuswerke nicht von ihren Wurzeln, der Familie Bührle-Anda, trennen können oder wollen.

Die Ernennung Andas lässt Vermutungen über die neuen Strategien der Pilatuswerke aufkommen, schliesslich lobte Philippe de Weck, Exchef der Schweizerischen Bankgesellschaft und enger Bekannter der Familie Bührle-Anda, Gratian Anda mit den Worten: «Gratian hat die unternehmerische Ader seines Grossvaters geerbt».

Ob Anda bei Pilatus der alten Geschäftsgewohnheiten der Dynastie Bührle oder des geplanten Börsengangs wegen in den Verwaltungsrat steigt, bleibt offen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Anda von «historischer Verantwortung der Familie gegenüber der Firma» redet und sich kurz darauf aus dem Unternehmen zurückzieht.

Hoffnung durch Konversion

Das wahre Potential der Pilatuswerke liegt in der Produktion von zivilen Flugzeugen, wie etwa des zivilen Propellerflugzeugs PC-12. Erst kürzlich meldeten die Flugzeugwerke Stans, dass die Auftragsbücher voll sind. Die Produktion des PC-12 für 2007 ist bereits vergeben. Der Bestellbestand liegt bei 122 Maschinen. Innerhalb von drei Jahren wurden 200 Jobs geschaffen. Schwenk plant bereits den Ausbau der jetzt mit dem PC-12 erfolgreichen Sparte der Geschäftsflugzeuge hin zu einer ganzen Produktefamilie. Weiter steht auch der Bau einer neuen Produktionshalle für 25 Millionen Franken an, mit der die Nachfrage nach dem Geschäftsflugzeug gedeckt werden soll. Laut Schwenk liefert Pilatus jeden zweiten Tag einen Flieger aus, weshalb man intensiv auf der Suche nach neuen Mitarbeitern ist. Das Beispiel PC-12 zeigt, dass Pilatus vor allem mit zivilen Gütern expandieren kann.

Es braucht sie also tatsächlich, die Querdenker, jene Personen bei Pilatus, welche aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, jene Personen, welche sich auf die Umstellung auf zivile Güter fokussieren, jene, welche die Zeichen der Zeit deuten können, denn die Zeichen stehen auf Konversion. Die Initiative gegen Kriegsmaterial-Export kann dazu beitragen, diese Neuausrichtung voranzutreiben.