Yo Blair!

Die Labour-Regierung unter Premierminister Tony Blair hat sich voll und ganz dem «Krieg gegen den Terror» verschrieben. Auch Kriegsmaterial – Exporte an Unrechtsregimes werden damit begründet.

Grossbritannien hat einen heissen Sommer hinter sich – nicht nur, was die Temperaturen betrifft, sondern auch bezüglich der politischen Debatten. Vor dem Hintergrund wöchentlicher Meldungen über gefallene Soldaten im Irak und Afghanistan, eines Spendenskandals in der eigenen Partei, der anhaltenden Forderung nach einer Untersuchung bezüglich des Entscheids zur Beteiligung am Irak-Krieg und der Gründung einer Partei von Eltern der in «Blairs Kriegen» umgekommenen Soldaten, kann der Premierminister das angeschlagene New Labour-Schiff nur mit Mühe über Wasser halten.

Am meisten Schaden erlitt Blairs Reputation heuer aber vor dem Hintergrund des Libanon-Krieges. Während zehntausende von DemonstrantInnen für ein Ende des Krieges auf die Strasse gingen, weigerte sich Blair, sich der internationalen Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand anzuschliessen. Gleichzeitig legten die «Yo Blair»-Protokolle – eine zufällig aufgenommene private Unterhaltung zwischen Bush und Blair am G8-Gipfel in St. Petersburg, in der Bush Blair mit «Yo Blair!» anredete – offen, dass Blair von Bush vor allem als harmloser Trottel betrachtet wird.

Die britische Rüstungsindustrie

Der britische Premier hat sich mit Leib und Seele dem «Krieg gegen den Terror» verschrieben. Davon zeugt nicht zuletzt sein Bekenntnis zu britischen Waffenexporten, die mit dem «Recht» der Käuferländer, sich im Zeitalter des «Krieges gegen Terror» schützen zu können, begründet werden. Unter der Labour-Regierung ist die Rüstungsfirma BAE Systems zur grössten Waffenschmiede in Europa geworden und Waffen wurden und werden in Länder mit bedenklichen Menschenrechtssituationen verschickt. Hohe Regierungsbeamte wechseln regelmässig in die Verwaltungsräte der Rüstungsfirmen (und umgekehrt). 500 vom Staat angestellte Beamte im Verteidigungsdepartement sorgen dafür, dass britische Waffen im internationalen Rüstungsmarkt die Nase vorne haben. Selbst die Minister werden angehalten, auf diplomatischen Reisen die Interessen der (unter Thatcher privatisierten) britischen Rüstungskonzerne wahrzunehmen. Zudem ist New Labour eng mit einer Vielzahl von «Beratungsfirmen» verstrickt, die für die Interessen der Rüstungsindustrie lobbyieren. Dass die britische Regierung sich unlängst lautstark für einen «Internationalen Waffenhandelsvertrag» im Rahmen der UNO ausgesprochen hat, steht dazu nicht im Widerspruch: Die Regierungsposition wurde mit dem Verband der britischen Rüstungsfirmen abgesprochen.

Folgen der Waffenexporte

Dass die direkte (mit Soldaten) und indirekte (mit Waffenlieferungen) Beteiligung am «Krieg gegen den Terror» Grossbritannien zu einem sichereren Land macht, wird indes von immer mehr Menschen bezweifelt. Dass der «Krieg gegen den Terror» die Gräben zwischen den Bevölkerungsgruppen auch in Grossbritannien weiter aufreisst, ist offensichtlich – grosses Wehklagen löste etwa eine kürzlich veröffentlichte Umfrage aus, wonach sich muslimische Bürger in Frankreich um ein Vielfaches besser in die Gemeinschaft integriert fühlen als in Grossbritannien.

«Blairs Kriege» scheitern nicht nur in ihrem Anspruch, Menschen weltweit (mit Waffengewalt) «Demokratie und Freiheit» aufzwingen zu können, sie gefährden auch den gesellschaftlichen Kitt der «ältesten Demokratie der Welt».

 


*Stefan Luzi, langjähriger Sekretär der GSoA, arbeitet momentan bei der Campaign Against Arms Trade (www.caat.org.uk) in London.