Burma: Wir geben die Hoffnung nie auf

Ashin Kovida lebt seit 2006 als politischer Flüchtling in der Schweiz. Er ist Generalsekretär der europäischen Sektion der Internationalen Organisation burmesischer Mönche. Andreas Cassee sprach mit ihm (Ende April – vor der Flutkatastrophe) über die Militärdiktatur und den schwierigen Kampf für die Menschenrechte.

GSoA-Zitig: Im Herbst 2007 war der Aufstand in Burma regelmässig Thema in den westlichen Medien. Unterdessen hat das mediale Interesse nachgelassen. Wie ist die Situation in Burma heute?

Ashin Kovida: Die Situation hat sich erheblich verschlechtert, seit die internationalen Medien nicht mehr präsent sind. Auch wenn kaum darüber berichtet wird, kämpfen die Menschen weiter für die Freiheit. Wir geben die Hoffnung nie auf, auch wenn die Repression überwältigend ist. Tausende von buddhistischen Mönchen und Nonnen werden immer noch vermisst. Die Pagoden sind grösstenteils leer oder von Soldaten besetzt. Laut dem UN-Sondergesandten wurden von September bis Oktober 3’000 bis 4’000 Menschen verhaftet. Von unseren Kontakten in Burma hören wir, dass viele Mönche ihres Amtes enthoben und in Zwangsarbeitslager gebracht wurden. Nonnen wurden auf schreckliche Weise missbraucht.

GSoA-Zitig: Am 10. Mai findet in Burma ein Referendum über eine neue Verfassung statt. Was ist davon zu halten?

Kovida: Es handelt sich um eine Alibi-Übung, um die internationale Gemeinschaft zu täuschen. In Burma selbst vertraut niemand mehr der illegitimen Militärdiktatur. Auch die für 2010 angekündigten Wahlen sehen wir skeptisch. 1990 errang die National League for Democracy von Aung San Suu Kyi einen klaren Sieg, den das Regime aber nicht anerkannte. Bevor es neue Wahlen gibt, sollten die Resultate der vergangenen Wahlen anerkannt werden. Ausserdem kann es ohne Meinungsäusserungsfreiheit keine fairen Wahlen geben.

GSoA-Zitig: Am 20. April wurde berichtet, dass in Rangun zwei Bomben explodierten. Wie ist das einzuordnen?

Kovida: Es ist nach wie vor unklar, wer hinter dem Anschlag steckt. In Burma vermuten viele, dass das Militärregime die Bomben selbst gelegt hat, um den Einmarsch der Armee zu rechtfertigen und die Protestbewegung zu diskreditieren.

GSoA-Zitig: Du bist Generalsekretär der europäischen Sektion der Internationalen Organisation burmesischer Mönche. Was sind eure Ziele?

Kovida: Innerhalb von Burma haben wir kein Recht, die Menschenrechtsverletzungen zu kritisieren. Wer friedlich Respekt und menschlichen Anstand einfordert, riskiert gefoltert oder gar getötet zu werden. Deshalb haben wir im letzten September in New York die internationale Organisation burmesischer Mönche gegründet, um unseren mutigen Brüdern und Schwestern in Burma eine Stimme zu geben und international für die Menschenrechte in Burma zu lobbyieren.

GSoA-Zitig: Wie haltet ihr Kontakt zu euren KollegInnen in Burma?

Kovida: Wir stehen per Email im Kontakt mit verschiedenen Mönchen. Doch das wird zunehmend schwieriger, da das Regime den Internet-Zugang beschränkt.

GSoA-Zitig: Am 17. März hast du vor dem UN-Menschenrechtsrat gesprochen. Was sind eure Forderungen an die internationale Gemeinschaft?

Kovida: Der Druck auf das burmesische Regime muss erhöht werden. Konkret fordern wir, dass keine Waffen mehr nach Burma geliefert werden und die Bankkonten der Diktatoren eingefroren werden.

GSoA-Zitig: Welche Rolle spielt die chinesische Regierung?

Kovida: China fürchtet sich vor den Protesten: Nach dem Aufstand von 1988 in Burma kam es 1989 auch in China zu Protesten, die mit dem Massaker auf dem «Platz des himmlischen Friedens» endeten. Und auf die burmesischen Proteste im letzten Herbst folgte der Aufstand in Tibet. China will keine Demokratie in Burma.

GSoA-Zitig: Kovida, herzlichen Dank für das Gespräch.