Der milliardenteure Traum

Das VBS will neue Kampfflugzeuge. Die Argumente dafür sind fragwürdig, das Auswahlverfahren undurchsichtig und die Grenzen zur Korruption fliessend. Ein Rundflug durch die Armeeträume.

Nun sind sie also gestartet, die Kampfflugzeuge, und fliegen uns im nächsten halben Jahr um die Ohren. Zwar noch nicht im Ernstkampf, aber die Schweizer Armee testet im Rahmen der sogenannten Flug- und Bodenerprobung die drei zur Auswahl stehenden Kampfjets von Saab (Gripen), Dassault (Rafale) und EADS (Eurofighter). Ein Rüstungskonzern nach dem anderen wird versuchen, die Entscheidungsträger aus Bern mit den Flugkünsten seines Flugzeugtyps zu überzeugen und so den Rüstungsauftrag des VBS für sich zu sichern. Doch die Flugkünste der Kampfjets Gripen, Rafale und Eurofighter allein werden nicht genügen, um das Rennen um das Milliardengeschäft zu gewinnen. Auch bei diesem Rüstungsgeschäft braucht es emsig arbeitetende Lobbyisten, die die Meinungen von Politikern, Journalisten und der Bevölkerung in eine kampfjetfreundliche Richtung zu lenken versuchen. Darüber hinaus kommt es bei Rüstungsgeschäften in dieser Grössenordnung – so die Erfahrung in anderen Europäischen Ländern – zu einer Reihe seltsamer Gefallen und Geschäfte. Und tatsächlich konnte man in den vergangenen Monaten lesen, dass die Rüstungsfirma des Bundes RUAG ihre Grosskaliberproduktion künftig an eine neue gegründete Firma auslagert. Der Name der Firma: Saab Bofors Dynamics Switzerland. Die RUAG hält trotz der kleinen Beteiligung von fünf Prozent zwei von vier Verwaltungsratssitzen, unter den Verwaltungsräten: Mats Norbjer, einer der von Saab abbestellten Lobbyisten, die in Bern den Kampfjetdeal nach Schweden holen sollen.

Die Scheinkompensation

Von den an Korruption grenzenden Gefallen wird man wenig lesen können, sprechen werden die Aufrüster dafür liebend gern von den sogenannten Kompensationsgeschäften. Diese laufen üblicherweise nach dem Muster:Wir kaufen eure Kampfjets, ihr unterstützt unsere heimische Rüstungsindustrie.Der Bund fordert also Gegengeschäfte für den Kauf der Kampfflugzeuge. Was aber nach einem patriotischen Tauschhandel aussieht, ist vielmehr ein propagandistisches Argument, um die horrenden Kosten des Rüstungsgeschäfts zu relativieren und die Schweizer Wirtschaft zu beschwichtigen: Das Geld, das die Schweiz für die Kampfjets ausgibt, wird ja – so die Argumentation – von der beauftragten Rüstungsfirma wieder in die Schweizer Rüstungsindustrie gesteckt. Vor kurzem nun hat die eidgenössische Finanzkontrolle einen Bericht über die Kompensationsgeschäfte verfasst. Darin wird bestätigt, was die GSoA seit längerem vermutete: Die Kompensationsgeschäfte sind nur ein Scheingeschäft – nicht einmal die Hälfte der versprochenen Summe wird kompensiert.

Terroristen! Illegale Überflüge!

Oder die Schweizer Luftwaffe begründet den Kauf neuer Kampfflugzeuge mit dem Argument der Luftpolizei – der Luftraum muss gesichert werden, auch wenn die Tiger-Flotte nicht mehr brauchbar ist. Denn das leuchtet jedem ein:Terroristen! Illegale Überflüge! – im neuen Jahrtausend kommen die Gefahren vom Himmel. Der ehemalige Armeechef Christophe Keckeis sprach jeweils gerne von den «Bad Guys», die den helvetischen Luftraum verletzten. Dabei vergass er wohl, dass die einzigen «Bad Guys», die über die Schweiz flogen, ungesühnt blieben: Die Agenten vom CIA bei ihren illegalen Gefangenentransporten.

Ausserdem: Der Militärexperte Albert A. Stahel sagte in einem WOZ-Interview, für die Aufgaben der Luftpolizei brauche es keine neuen Kampfflugzeuge, denn die Luftraumüberwachung geschehe nicht in der Luft, sondern am Boden, am Radar. Zudem habe sich die Bedrohungslage ohnehin geändert, Anschläge wie derjenige der Al-Kaida auf das World Trade Center in New York seien kein realistisches Bedrohungsszenario mehr.

Und was wenn wirklich ein Passagierflugzeug entführt würde mit dem Ziel, ins Bundeshaus zu stürzen? Drückte Samuel Schmid den roten Knopf? Schösse man hunderte unschuldiger Zivilisten über der Stadt Bern vom Himmel?

Im Juli 2009 wird der Bundesrat entscheiden, welchen der drei Flugzeugtypen er kaufen möchte.Wie viele ist unklar, die Kosten ebenso, die Begründungen für den Kauf fragwürdig – zumal kein aktueller Sicherheitsbericht zur Bedrohungslage vorliegt. Dieser soll erst geschrieben und bis 2009 veröffentlicht werden, gerade noch rechtzeitig, um den Kriegsträumereien von neuen Kampfjets für die Schweizer Armee die Argumente nachzureichen.

Offizielle Bewaffnungsvarianten für den Saab Gripen:

Auch Clusterbomben sind vorgesehen.

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