Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe

Systematische Vergewaltigungen sind eine der häufigsten und brutalsten Methoden der Kriegsführung. Viel zu lange hat die internationale Gemeinschaft sie ignoriert. Das soll sich nun ändern.

Der UNO-Sicherheitsrat hat am 19. Juni eine Resolution verabschiedet, die anerkennt, dass der weltweit verbreitete und systematische Einsatz sexueller Gewalt eine Kriegswaffe darstellt. Resolution 1820 fordert Konfliktparteien auf, «sofort jede Form von sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen vollständig einzustellen und Massnahmen zu deren Schutz zu ergreifen». An und für sich ist diese Forderung weder revolutionär noch neu. Das humanitäre Völkerrecht verbietet längst den Missbrauch der zivilen Bevölkerung und Menschenrechtsverträge enthalten spezifische Verbote von sexueller Gewalt. Doch jetzt müssen die Regierungen handeln.

Sexuelle Gewalt ist keine «Nebenwirkung» von bewaffneten Konflikten

Noch vor einem Jahr erklärten Russland, China, Südafrika und Indonesien, dass die astronomischen Vergewaltigungszahlen aus einigen Konfliktgebieten zwar sehr bedauerlich seien, aber wohl als «Nebenprodukt» zu bewaffneten Konflikten gehörten. Diese Sicht wurde dieses Jahr für unhaltbar erklärt. Systematische Vergewaltigungen sind alles andere als eine Nebenwirkung von Konflikten: Sie sind eine sehr effiziente, billige und bis jetzt beinahe risikofreie Kriegsstrategie: Milizen in Darfur vergewaltigen Frauen und schicken sie mit einem Brandmal in ihre Dörfer zurück. Die ganze Gruppe versteht, dass dies eine Aufforderung zur Flucht ist. Der gegnerischen Kriegspartei wird so die Unterstützung der Zivilbevölkerung entzogen. In einigen ostkongolesischen Gemeinden wurden seit 1997 drei von vier Frauen vergewaltigt. Hilfe für die oft stigmatisierten Opfer gibt es kaum.

Ein Ende der Straflosigkeit?

Dass solcher Straflosigkeit ein Ende gesetzt werden muss, wurde nun durch den Sicherheitsrat bekräftigt. Die UNO-Sondertribunale und der Gerichtshof für Sierra Leone haben seit 1998 gewichtige Urteile gesprochen. Spätestens seit dem Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs besteht kein Zweifel mehr, dass sexuelle Gewalt als Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder als Bestandteil von Genozid geahndet werden kann.

Doch um Resolution 1820 umzusetzen, müssen alle Regierungen handeln. Sie müssen den Kampf gegen sexuelle Gewalt in Konflikten als sicherheitspolitische Priorität aufnehmen und die UNO darin stärken, wirksame Massnahmen zu treffen und den Opfern nachhaltige Hilfe zu gewähren.

Die Schweiz hat die Resolution gelobt, aber im Redebeitrag ausschliesslich Massnahmen auf internationaler Ebene erwähnt. Dabei spielt die Resolution auch in unserem Land eine Rolle: Menschenhandel ist eng mit bewaffneten Konflikten verbunden, doch die Schweiz unternimmt wenig für den Zeugenund Opferschutz von Betroffenen und deren Angehörigen. Sie werden meist dem Lande verwiesen, noch bevor sie der Justiz wertvolle Hinweise über Händlerringe geben könnten.

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