VBS für Streubomben?

Ende Mai dieses Jahres einigten sich in Dublin 111 Staaten darauf, die Produktion von Streubomben einzuschränken – darunter auch die Schweiz. Dem VBS bot selbst dieser kaum wirksame Minimalkonsens Anlass zur Kritik.

Streubomben sind Massenvernichtungswaffen. Je nach Typ verteilen sie ein Dutzend bis zu mehreren hundert Mini-Bomben über der Abwurfstelle. Sie töten flächendeckend und hinterlassen zudem eine grosse Anzahl Blindgänger, die ganze Landstriche über Jahre zur Gefahrenzone machen. Symbol für die Grausamkeit der Bomben sind die bekannten Bilder von Kindern mit abgerissenen Gliedermassen. Handicap International geht davon aus, dass zur Zeit mindestens 33 Millionen Blindgänger über den Erdball verstreut sind.

Sichere Bomben töten zuverlässig

Angesichts dessen könnte man erwarten, dass sich die Schweiz an vorderster Front für ein Totalverbot von Streubomben einsetzt. Dies ist nicht der Fall – im Gegenteil: Die Schweiz produzierte selber Streumunition und hat nicht weniger als 200 ’000 Streubomben in ihrem Bestand. Das VBS argumentiert, dass die eigenen Streubomben zu 98 Prozent zuverlässig seien, nur zwei Prozent würden als Blindgänger zurückbleiben.

Diese Argumentation ist zynisch. Sie geht von der Logik aus, dass das Blutvergiessen,welches die 98 Prozent «zuverlässigen» Bomben anrichten, gerechtfertigt sei. Zudem wird die Zahl von zwei Prozent der unzuverlässigen Bomben in Fachkreisen als geschönt beurteilt. Auf Anfrage der GSoA liess die Direktion für Sicherheitspolitik im VBS denn auch verlauten, dass der Prozentsatz an Blindgängern nur bei optimalen Testbedingungen so tief sei.

Konsequentes Hinausschieben

Im Parlament und den Sicherheitspolitischen Kommissionen wurden in den letzten Jahren verschiedene Motionen zum Thema Streubomben diskutiert. Darunter befindet sich allerdings lediglich ein Vorstoss, der sich der Problematik grundsätzlich annimmt. Die parlamentarische Initiative von Nationalrat John Dupraz (FDP) fordert ein Herstellungs-, Import-, Export- und Lagerungsverbot sämtlicher Streumunition. Bezeichnenderweise ist genau diese bereits im Dezember 2005 eingereichte Initiative immer noch pendent. Es war vor allem die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats, die das Anliegen bisher torpedierte.

So tun als ob

Es ist zu befürchten, dass sich die Schweiz in nächster Zeit lediglich dazu durchringen wird, das Verbot von «unzuverlässigen» Streubomben im Kriegsmaterialgesetz zu verankern. Diese Lösung würde es der Schweiz erlauben, so zu tun, als ob damit den humanitären Bedenken Rechnung getragen würde. Gleichzeitig wäre die Waffenlobby nicht vor den Kopf gestossen und die ewiggestrige Idee der autonomen Landesverteidigung könnte weiterhin bemüht werden. Mit dieser Politik wird es weiterhin Bilder von Kindern mit abgerissenen Gliedmassen geben.Wer wirklich an einer Lösung des Problems Streubomben interessiert ist, kann nur eines fordern: Sämtliche Aktivitäten mit diesen grausamen Waffen müssen verboten werden.