Piraten und Soldaten

Der Bundesrat will Schweizer Soldaten zur Bekämpfung der somalischen Piraten einsetzen. Eine gefährliche Idee, die niemandem hilft.

Die Rambo-Abteilung der Schweizer Armee, das so genannte «Armee-Aufklärungsdetachement 10», soll sich an der EU-Operation «EUNavFor Atalanta» beteiligen. Auf deutschen, englischen oder französischen Kriegsschiffen sollen Schweizer Soldaten mitfahren und gegen die Piraten im Golf von Aden kämpfen. Dass die Schweizer Soldaten dabei in kriegerische Handlungen verwickelt werden ist nicht nur eine Möglichkeit, sondern Zweck des Einsatzes.

Die Hintergründe

Allein im Jahr 2008 wurden mehr als hundert Schiffe vor der somalischen Küste angegriffen. Selbst bei insgesamt mehr als 20’000 Handelsschiffen, die jährlich den Golf von Aden passieren, ist dies eine beachtliche Zahl. Eine der Hauptrouten des globalen Warenaustausches ist nicht mehr sicher. Die Situation in Somalia ist somit auch in den Industriestaaten wieder auf die politische Agenda geraten. Gerade die Vernachlässigung der somalischen Krise durch die globalen politischen Instanzen ist einer der Hauptfaktoren für die aktuelle Ausbreitung der Piraterie.

Spätestens seit 1991 gilt Somalia als ein so genannter «failed state» ohne zentralstaatliche Autorität und funktionierende Kontrollinstanzen. Auch die einheimischen Fischer wurden Opfer dieses Zustandes des Chaos, haben sie doch seit jener Zeit eine übermächtige Konkurrenz erhalten. Immer mehr grosse Fischerei – flotten aus Europa und Asien haben die soma – lischen Küsten zu ihrem Jagdgebiet gemacht. Mit moderner Technik und Treibnetzen haben sie die somalischen Fischgründe leergefischt, weshalb Greenpeace diese industriellen Fangflotten als «Piratenfischer» bezeichnet. Die Situation für die somalischen Fischer wurde durch die Versenkung von Giftmüll aus den Industrieländern weiter verschlimmert.

Wie die deutsche «Zeit» in einem Artikel vom 27. November 2008 eindrücklich schildert, ist es dieser Verlust der Existenzgrundlage, welche einige somalische Fischer darauf brachte, die grossen Fischtrawler der Konkurrenz anzugreifen und Zölle, Steuern und Lösegelder zu erpressen. Mittlerweile ist daraus ein eigentlicher Geschäftszweig geworden, dessen Umsatz auf mindestens 50 Millionen Dollar pro Jahr geschätzt wird und dessen Hintermänner nicht nur in Somalia beheimatet sind.

Das Geschäft mit dem Begleitschutz

Wie die amerikanische Zeitschrift «In These Times» in ihrer Februar-Ausgabe berichtete, beschäftigt das Problem der somalischen Piraten inzwischen nicht mehr nur die westlichen Regierungen, sondern wurde offensichtlich auch zu einem möglichen Geschäft für private Sicherheitsfirmen. Laut «In These Times» versucht die berüchtigte amerikanische «Blackwater» seit Oktober 2008 verschiedenen Reedereien ihre Dienste zum Schutz vor Piraten zu verkaufen. Mit über 70 Unternehmen seien Gespräche geführt worden, einen Auftrag konn – te Blackwater, welche neuerdings unter dem Namen «Xe» auftritt, aber noch nicht an Land ziehen. Auch die Konkurrenten «HollowPoint Protective Services» und die britische «Hart Security» riechen das Geschäft mit den Piraten und haben entsprechende Angebote in ihren Katalog aufgenommen.

Das Interesse der privaten Sicherheitsfirmen muss pessimistisch stimmen. Offensichtlich gehen sie davon aus, dass das Problem der somalischen Piraten noch lange nicht gelöst werden wird, dass sich ihnen also ein neuer Geschäftszweig eröffnet. Ob nun private Sicherheitsfirmen oder eine EU-Mission die Handelsschiffe begleiten: gelöst wird das Problem dadurch nicht.

Noch kann das Schweizer Parlament den Armeeeinsatz abblasen. Gefordert ist von der Schweiz eine echte Aufbauhilfe für Somalia statt militärischen Interventionen. Eine Hilfe, welche auf die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung eingeht und nicht auf die Wünsche der europäischen Reedereien.