Von Milch, Käse und «Hafechäs»

Die Bedeutung von Kompensationsgeschäften wird überschätzt. Zu diesem Schluss kam im vergangenen Jahr eine Untersuchung der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK). Doch diese Erkenntnis hindert das VBS nicht daran, weiterhin von der «hohen Beschäftigungswirksamkeit » von Rüstungsprogrammen wie der Kampfjet-Beschaffung zu reden.

Rüstungschef Jakob Baumann bekräftigte Mitte Februar gegenüber der Berner Zeitung, die Schweiz erwarte vom künftigen Produzenten der neuen Kampfjets einen Gegenwert in Form von «hochwertigen Kompensationsgeschäften ». Ein Hersteller könne nicht einfach nur versichern, «in der Schweiz Milch und Käse zu kaufen». Baumann will, dass sich die Schweizer Industrie direkt beim Bau der neuen Kampfjets beteiligen kann. Der Rüstungschef ist sich bewusst, dass in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs nur eines hilft, um die Akzeptanz der neuen Kampfjets in der Bevölkerung zu erhöhen: Das Argument über die Arbeitsplätze, welche durch die Beschaffung in der Schweiz angeblich geschaffen werden.

Noch einen Schritt weiter ging im Oktober 2008 die CVP: Das Rüstungsprogramm 2008 helfe, die Wirtschaft anzukurbeln, so CVPNationalrat Urs Hany. Auch die CVP glaubt also an die Mär der Kompensationsgeschäfte. Rüstungsbeschaffungen als wirksame Konjunkturprogramme? So ein «Hafechäs». Dasselbe Geld könnte beispielsweise im Infrastrukturbau viel beschäftigungswirksamer eingesetzt werden.

EFK: «Tiefe Beschäftigungswirksamkeit»

Im September 2007 legte die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK ihren Bericht über Kompensationsgeschäfte bei Rüstungsbeschaffungen vor. Fazit: «Die Beschäftigungswirksamkeit der Offsetgeschäfte ist geringer, als in den Botschaften zu den Rüstungsprogrammen angegeben wird.» Gemäss EFK flossen effektiv nur rund 40 Prozent des Offsetvolumens – und nicht wie angenommen 100 Prozent – in die Schweizer Industrie. Ein vernichtendes Urteil. Doch der Bericht der EFK hindert das VBS nicht daran, weiterhin mit der hohen Beschäftigungswirksamkeit von Rüstungsbeschaffungen um Zustimmung zu werben: In der bundesrätlichen Botschaft zum neusten Rüstungsprogramm gelingt dem VBS gar das Kunststück, aus der massiven Kritik der EFK eine positive Bilanz zu ziehen: «Die EFK hat festgestellt, dass das im Rahmen der Schweizer Beteiligungspolitik generierte Volumen zu Gunsten der Schweizer Industrie volkswirtschaftlich bedeutsam ist.» Renitenter geht’s nimmer.

Kooperationsverträge

Auch bei der Beschaffung der neuen Kampfflugzeuge werden die Kompensationsgeschäfte eine zentrale Rolle spielen – in propagandistischer Hinsicht, versteht sich. Denn die drei Anbieter sprechen gerne über Kooperationsverträge mit Schweizer Firmen. Dassault hat verlauten lassen, dass die Zusammenarbeit mit dem schweizerischen Industriekonzern Swissmetall verstärkt werde und mit der Firma Condor aus dem jurassischen Courfaivre ein Liefervertrag abgeschlossen wurde. Saab hat mit Rheinmetall Air Defence (ehemals Oerlikon Contraves) einen Zusammenarbeitsvertrag ausgehandelt. Und EADS pflegt gute Kontakte zur staatlichen RUAG.

Alle drei Anbieter stehen zudem in Verhandlungen mit Universitäten, Fachhochschulen und der ETH in Zürich und in Lausanne über die Vergabe von Forschungsgeldern.

Ob all die Kompensationsgeschäfte, die heute angekündigt werden, dann auch tatsächlich abgewickelt würden? Wahrscheinlich nicht, aber das wird dannzumal ja niemanden mehr interessieren.

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