«Grüezi, händ Si scho underschribe für d’Ufhebig vo de Wehrpflicht?»

«Die Wehrpflicht aufheben? So ein Schmarren. Der Militärdienst hat noch jedem gut getan.» Unterschriften für die Aufhebung der Wehrpflicht zu sammeln, kommt nicht bei allen gut an. Trotzdem verspricht es viele erfreuliche und interessante Momente.

Begegnungen mit Passanten und Passantinnen beim Unterschriftensammeln sind oft äusserst unterhaltsam: So unterschreibt ein ehemaliger Soldat, der bei den Brieftaubentrupen gedient hat, und eine junge Frau drängt all ihre Freunde zum Unterschreiben, weil ihr Freund nächstens einrücken muss. Erstaunlich oft fragen uns Frauen, ob sie denn auch unterschreiben dürfen. Dann müssen wir jeweils erklären, dass das Frauenstimmrecht in der Schweiz zwar sehr spät eingeführt wurde, nun allerdings auch schon bald sein vierzigjähriges Bestehen feiert.

Für eine friedlichere Welt einstehen

Man wird beim Unterschriftensammeln aber auch damit konfrontiert, wie viele Leute sich keinen Deut für Politik interessieren. Nach Antworten wie «Mich betrifft das sowieso nicht» oder «Ich musste auch ins Militär, da sollen die anderen auch gehen müssen» bleibt bei uns oft nur ein müdes Kopfschütteln übrig.

Natürlich lassen wir uns durch diese Reaktionen nicht entmutigen: Wer sich für eine friedlichere Welt einsetzt, muss auch mit Widerstand rechnen und bereit sein, für seine Sache einzustehen. Und es ist ja auch nicht so, dass Unterschriftensammeln eine harte und von Misserfolgen gesäumte Arbeit wäre. Meistens ist es «voll der Plausch», und für viele, die unterschreiben, besitzen wir schon fast Heldenstatus.

Unterschriftensammeln als soziologische Feldstudie

Es ist immer wieder spannend, zu beobachten, wie angesprochene Personen reagieren. Natürlich hat man eine bestimmte Erwartung. Auto matisch schubladisiert man die Passanten und Passantinnen: Bei der Entscheidung, wen man anspricht, werden Kleidung, Gesichtsausdruck, Alter – bewusst oder unbewusst – miteinbezogen. Und natürlich trifft man dabei meist ins Schwarze. Immer wieder wird man aber auch eines Besseren belehrt: Ein älterer Herr von gutbürgerlicher Erscheinung, der erfreut ausruft: «Ändlich gsehn ich Si mal, ich warte scho lang druf, die Initiative z’underschriibe! » Oder eine junge Frau mit Rastas und Hippiekleidchen, die sich nicht sicher ist, ob der obligatorische Militärdienst nicht vielleicht doch eine wichtige Stütze der Gesellschaft sei…

So ist das Sammeln nicht nur der erste Schritt für die Aufhebung der Wehrpflicht, sondern wird gleichzeitig auch zu einem unterhaltsamen Gemeinschaftserlebnis, bei dem man viel lernen kann.