Privatisiertes Gewaltmonopol

Im Luzernischen, am grossen Tisch im Obergeschoss eines urchigen Gasthofs, sitzt eine Runde von GSoAtInnen und diskutiert. Thema des heutigen Abends ist die Auslagerung ehemals staatlicher Sicherheitsaufgaben an Private.

Es ist die dritte Veranstaltung dieser Art, welche die GSoA innert zwei Wochen durchführt, die vierte folgte in St. Gallen. Die Themen reichen von der Ergreifung des Gewaltmonopols durch den Staat bis hin zur aktuellen Entwicklung, in der der Staat vermehrt die Gewalt an Private abgibt. Die Anwesenden diskutieren, formulieren und vertiefen Thesen und suchen Lösungen.

Gesprächsstoff liefert die Frage nach den Folgen der Privatisierung von Sicherheitsaufgaben. Nicht nur Grossmächte ziehen heute gemeinsam mit Privatarmeen in den Krieg, auch in kleinen Staaten wie der Schweiz wird tüchtig ausgelagert. Beispielsweise in Gemeinden, die aus Kostengründen auf Polizisten verzichten und lieber die Securitas engagieren, oder in den Zügen, wo die halbprivaten Securitrans für «Sicherheit» sorgt. In den vergangen Jahren war eine zunehmende Auslagerung von ehemals staatlichen Aufgaben an Private zu beobachten; das Geschäft mit der Sicherheit wurde laufend ausgebaut.

Interessiert an einem Gefühl der Unsicherheit
Die Frage steht im Raum, was denn nun die Folgen sind, wenn die Bevölkerung Sicherheit auf dem Markt beziehen muss: Ist es nur die Abhängigkeit von Privaten, die aufhorchen lässt? Oder auch die Tatsache, dass Firmen an der Sicherheit – respektive an der Unsicherheit – ihr Geld verdienen?

Einer der Veranstaltungsteilnehmer unterstreicht den Unterschied zum Modell, bei dem Sicherheit Teil des Service Public ist, und fügt hinzu, dass die Sicherheitsfirmen im Gegensatz zum Staat grundsätzlich daran interessiert seien, dass sich die Bevölkerung unsicher fühlt. Eine andere Anwesende stimmt ihm zu und stellt die These auf, dass die Interessenlage der Sicherheitsindustrie dazu führt, dass mit der laufenden Privatisierung des Gewaltmonopols auch das Unsicherheitsgefühl zunimmt. Weitere spannende Fragen und Gedankengänge folgen.

Die Basis der Diskussion bildet das Referat der beiden aus Zürich angereisten GSoA-SekretärInnen, die mit einem kurzen historischen Abriss über das Söldnerwesen und die Übernahme des Gewaltmonopols durch den Staat den Anfang machen. Der Schwerpunkt des Referats liegt auf den Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte, zum Beispiel im Irak: Schätzungen gehen von 20’000-50’000 Söldnern aus, die zeitweise im Land im Einsatz standen. Ende Jahr sind die letzten westlichen Truppen abgezogen und die Immunität von Söldnern vor irakischen Gerichten wurde aufgehoben. Einige der Anwesenden fragen, ob nach dem Ende der Besatzung die Militärfirmen keine Aufträge mehr hätten. Die Antwort der Referierenden ist ernüchternd. Von den über 150 amerikanischen Sicherheitsfirmen, die im Irak tätig waren, blieben viele dort und haben sich neue Aufträge angeln können, beispielsweise in Libyen, der neuen Goldgrube westlicher Söldnerfirmen. Auf Afghanistan ist ebenfalls weiter Verlass, und weitere Krisengebiete wie Somalia sorgen für volle Auftragsbücher. Wo ein Machtvakuum herrscht, gibt es Geld zu verdienen, so die Devise der Kriegsindustrie.

Ein Fazit? Es steht nicht gut um die Sicherheitspolitik. International, wie auch im Inland florieren Sicherheitunternehmen, Staaten geraten in deren Abhängigkeit. Kriegspräsidenten setzen auf Private und schieben die Verantwortung an diese ab. Die Lösung? Noch aktiver für eine Sicherheitspolitik einstehen, die Realitätsbezug schafft, den Privatisierungstendenzen Einhalt gebietet und sich für eine Schweiz einsetzen, die sich auf der Weltbühne ohne Verlogenheit für Abrüstung, Menschenrechte und Demokratie einsetzt.