Ein Ja zum Zivildienst

Am 20. Januar haben sich die österreichischen StimmbürgerInnen gegen die Schaffung eines Berufsheeres ausgesprochen. Eine freiwillige Miliz, wie dies die schweizerische Initiative «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht!» zur Folge hat, stand hingegen nicht zur Diskussion.

Österreichs PolitikerInnen tun sich schwer mit der Wehrpflicht. Während sich vor Kurzem noch die konservative ÖVP für die Abschaffung der Wehrpflicht einsetzte und die SPÖ für die Beibehaltung, wechselten die jeweiligen Parteiführungen unter anderem aus wahltaktischen Gründen im Eiltempo ihre Meinungen. Das Resultat der Schwenker und Wirren zwischen den beiden Koalitionspartnern war eine in Österreich erstmals national durchgeführte Volksbefragung.

Die Stimmbeteiligung war höher als erwartet und das Ergebnis klar. Bei einer Beteiligung von 52,4 Prozent, stimmten 60 Prozent für den status quo und somit für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Auffallend ist das unterschiedliche Stimmverhalten zwischen der jüngeren und den älteren Generationen. Die über Dreissigjährigen stimmten deutlich gegen einen Systemwechsel, während die Jüngeren sich ebenso deutlich dafür aussprachen. Frauen unter dreissig stimmten sogar mit 72 Prozent für die Abschaffung der Wehrpflicht. Aufhorchen lassen die Ergebnisse von Meinungsforschern, welche die Motivation der Stimmenden untersucht haben. Eine Mehrheit der Wehrpflicht-BefürworterInnen gaben an, für die Beibehaltung gestimmt zu haben, weil sie gegen die Abschaffung des zivilen Wehrersatzdienstes waren.

Zivildienst profitiert
Die im österreichischen Super-Wahljahr zur Schicksalsfrage hochstilisierte Abstimmung bot trotz hitziger Debatte wenig Sachlichkeit, dafür viel Parteipolitik. Die Frage nach Sinn und Zweck des österreichischen Heeres wurde nur am Rande der Diskussionen gestellt. Die Parteien sahen die Volksbefragung vielmehr als Test für die im Herbst stattfindenden Nationalratswahlen an. Zudem drehte sich die inhaltliche Auseinandersetzung überraschenderweise stärker um den zivilen Ersatzdienst als um den eigentlichen Militärdienst. ÖVP und FPÖ, die jahrelang den Zivildienst bekämpft hatten, machten die Bewahrung des Zivildienstes zum inhaltlich zentralen Thema. Die SPÖ, die ein freiwilliges Sozialjahr vorgeschlagen hatte, konnte die grosse Mehrheit der WählerInnen nicht überzeugen. Dennoch kann trotz der deutlichen Zustimmung für die Beibehaltung der Wehrpflicht von einer Stärkung des Zivilen gesprochen werden. Keine österreichische Partei beschimpft mehr die Männer, die sich gegen den Dienst an der Waffe entscheiden. Zudem sind ÖVP und SPÖ gewillt, die Dauer des Zivildienstes von heute neun Monaten an die sechs Monate des Militärdienstes anzupassen.

Friedensbewegung im Dilemma
Die Option zwischen Wehrpflicht und Berufsarmee spaltete die Friedensbewegung in ein Pro- und Kontra-Lager. Einerseits lehnten alle Friedensorganisationen den Militärzwang ab, andererseits beurteilten sie den Aufbau einer Berufsarmee gänzlich unterschiedlich. Die Angst vor einem professionalisierten Heer, das sich stärker als bisher an Kampfeinsätzen im Ausland beteiligen könnte, sahen viele als schlechtere Option an. So war auch die regierende SPÖ, die der Debatte den Anstoss gab, in der Frage gespalten. Dass es die grossen Parteien im Abstimmungskampf verpasst haben, die Institution Armee als Ganzes zu hinterfragen, wird wohl die ablehnende Haltung gegenüber dem Systemwechsel verstärkt haben.

Österreich hat mit der falschen Fragestellung die Möglichkeit verpasst, über eine auf Freiwilligkeit basierende Milizarmee abzustimmen. Dem armeekritischen Teil der Bevölkerung, der einer professionalisierten Kampftruppe ablehnend gegenüber stand, blieb so nur die Option für die Wehrpflicht zu stimmen oder leer einzulegen.

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