Ein Auslaufmodell

Die Wehrpflicht als Rekrutierungsmodell ist auf dem Rückzug. Dies zeigt ein Blick über die Grenzen.

Die Wehrpflicht etablierte sich in Europa im 19. Jahrhundert als Folge der Napoleonischen Kriege. Seinen Höhepunkt erlebte das Modell während den beiden Weltkriegen (1914-18 und 1939-45), als die europäischen Staaten Massenarmeen mit Millionen von Soldaten als Kanonenfutter auf die Schlachtfelder schickten. In der Schweiz wurde der obligatorische Militärdienst damals zu einer tragenden Säule des Konzeptes der autonomen Landesverteidigung.

Neue Zeiten
Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges gibt es keine glaubwürdigen Szenarien von Invasionskriegen zwischen europäischen Staaten mehr. Die Aufrechterhaltung von Massenheeren mit ihren teuren Ausrüstungen ist nicht mehr gerechtfertigt. Deshalb haben in den vergangenen 20 Jahren nicht weniger als 19 europäische Staaten die Wehrpflicht aufgehoben (siehe Liste).
Sind diese Staaten etwa unsicher geworden? Leiden sie unter «Rambo-Armeen»? Sind sie bei Naturkatastrophen schneller überfordert?
Dass die Schweizer Nationalkonservativen (vor allem die SVP) die Wehrpflicht mit Zähnen und Klauen verteidigen, hat keine objektiven Gründe, sondern rein ideologische. Für die SVP ist die Wehrpflicht nötig, um weiterhin an der Fiktion einer Schweiz als Insel festhalten zu können, die sich militärisch ganz alleine gegen alle Bedrohungen von aussen zur Wehr setzen kann.

Liste der europäischen Länder, welche die Wehrpflicht abgeschafft haben (seit 1990):

  • Deutschland (2012)
  • Schweden (2010)
  • Albanien (2010)
  • Polen (2009)
  • Litauen (2009)
  • Bulgarien (2008)
  • Lettland (2007)
  • Rumänien (2007)
  • Slowakei (2006)
  • Bosnien & Herzegowina (2006)
  • Tschechien (2005)
  • Italien (2005)
  • Portugal (2004)
  • Slowenien (2004)
  • Ungarn (2004)
  • Spanien (2002)
  • Frankreich (2001)
  • Niederlande (1996)
  • Belgien (1994)