Der Grosse Krieg – die grosse Bestätigung für den Pazifismus

Mit dem 28. Juli 1914 begann wohl das barbarischste Drittel eines Jahrhunderts in der uns bekannten Menschheitsgeschichte. Ohne den Ersten Weltkrieg sind weder der Faschismus noch der Zweite Weltkrieg noch der Stalinismus erklärbar. Die GSoA beschäftigt sich heute, hundert Jahre nach dem Ausbruch, intensiv mit dem «Grossen Krieg».

Der Erste Weltkrieg und seine Folgen sind eine mächtige Bestätigung für die Notwendigkeit des Pazifismus. Friedensbewegungen, insbesondere die sozialistische Arbeiter-Internationale, wären die einzige Chance gewesen, den Krieg zu verhindern. Stattdessen führte militärische Aufrüstung kombiniert mit chauvinistischer Hetze zur Jahrhundertkatastrophe.

Thesen zur Erklärung des Krieges

Oft wird davon gesprochen, die Mächtigen dieser Zeit seien in den Krieg hineingeschlittert. Doch wenn die Kriegsherren diesen Krieg nicht wollten, warum haben sie ihn dann nichtabgebrochen, als klar wurde, dass sie Millionen von Menschenleben opfern für strategisch unbedeutende Terraingewinne? Eine andere These, welche den vorherrschenden Diskurs zum Grossen Krieg dominiert, ist dass das Treiben in den Krieg primär aussenpolitischen und nicht innenpolitischen Logiken und Dynamiken folgte. Diese These übersieht, dass das preussisch beherrschte Deutschland(dessen Junker und Schwerindustrielle sich durch die Arbeiterbewegung bedroht sahen),Österreich-Ungarn (mit seinen Nationalitätenkonflikten), das zaristische Russland (das durch Widersprüche zerrissen war), aber auch Frankreich (das durch die Dreyfus-Affäre tiefgespalten war) starke Gründe für die Verlagerung innerer Probleme nach aussen hatten.

Krieg war verhinderbar

Dass das Potenzial bestand, den Krieg zu verhindern, zeigt ein Blick auf das Jahr 1912:In Deutschland wurde die SPD erstmals stärkste Fraktion im Reichstag, in Frankreichwurde die neu gegründete CGT zu einer Massengewerkschaft und in Grossbritannien fanden riesige Streikbewegungen statt. Überall verband sich der Aufschwung des Sozialismus mit einer Stärkung des Pazifismus. Die Linke verpasste die Chance, den Krieg zu verhindern, unter anderem auch, weil sie von den Kriegstreibern zu wenig unabhängig war. Das führte zu einem Phänomen, dem wir in den beiden letzten Jahrzehnten wieder begegnet sind: Der Krieg wird idealistisch beschönigt. Die deutschen Sozialisten stimmten – unter Anlehnung an Marxens Antizarismus – für die Kriegskredite, um «die europäische Kultur» vordem «asiatischen Despotismus» zu schützen. Die französischen und britischen Sozialistenzogen in den Krieg, um die «westliche Zivilisation» gegen den «preussischen Militarismus» zu verteidigen. Innerhalb der Frauenbewegungen kam es ebenfalls zu Spaltungen. Einerseits gab es unter den Stimmrechtsaktivistinnen viele Kriegsgegnerinnen, welche die internationale Vernetzung auch während des Kriegs weiterhin vorantrieben und gemeinsam für weltweiten Friedeneinstanden. Andererseits entschieden einige Frauenrechtsgruppen ihren Kampf fürs Frauenstimmrecht auszusetzen und sich stattdessen für den Krieg zu engagieren.

Die Schweiz im Grossen Krieg

Die Schweiz hielt sich zwar aus dem Krieg offiziell heraus, zog aber einen grossen Nutzen daraus. Die Exporte, vor allem von Kriegsgütern, an die kriegführenden Staaten konnten zwischen 1914 und 1918 mehr als verdoppelt werden. Und auch der Finanzplatz profitierte: Einerseits durch den starken Franken, der Fluchtgelder anzog, andererseits durch den Kapitalbedarf der kriegführenden Staaten. Was die Schweiz wirtschaftlich gewann, verlor sie sozial und an Demokratie. Es herrschte Pressezensur und in der Armee breitete sich erstmals die «Drill-Pädagogik» aus. Auch in der Gesellschaft verdrängten der Militarismus und der Nationalismus immer mehr die liberalen Traditionen aus der Gründerzeit des Bundesstaates. Die Tatsachen, dass die Lebensmittelkosten rasant anstiegen und die Soldaten keinen Erwerbsersatz bekamen, verschlimmerten die Misere. Die soziale Radikalisierung und die militärischen Provokationen führten im November 1918 zum Generalstreik. Die Schweizer Sozialdemokratie grenzte sich nach dem Mitmachen bei der Aufrüstung ab1915 stark von der bürgerlichen Seite ab und wandte sich gegen «Burgfrieden» und Krieg. In Zimmerwald, sowie in Kiental wurden internationale Konferenzen mit sozialistischen KriegsgegnerInnen organisiert.

Lehre aus der Misere

Der Kampf gegen Aufrüstung und Spannungspolitik, gegen Nationalismus und Chauvinismus ist leider auch heute, hundert Jahre nach dem Ausbruch des Krieges, noch nicht gewonnen. Aus der Geschichte soll man lernen. Aus diesem Grund wird sich die GSoA dieses Jahr mit zahlreichen Aktionen zum Ersten Weltkrieg (siehe Agenda) sowie in der GSoA Zeitung intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Die Botschaft aus dem Grossen Krieg ist klar: Militarismus und der Krieg bilden den innersten Kern der Barbarei, Pazifismus und Friedenden innersten Kern der Zivilisation.