Was tun gegen den Krieg

Seit jeher haben sich Menschen gegenkriegerische Gewalt gewehrt sei es auspersönlicher Betroffenheit oder ausgrundlegenden Überzeugungen. Mit dem «Grossen Krieg» von 1914 bis 1918 und seiner neuen Dimension des millionenfachen, industriellen Tötens und Getötet-werdens bekam auch das Engagement gegen den Krieg eine neue Dynamik.

Mit der Entstehung und Stärkung der National -staaten im langen 19. Jahrhundert waren in vielen Ländern auch der Ausbau der Armeen und (in Kontinentaleuropa) die Einführung der Wehrpflicht verbunden. Dieser Ausbau des Militärischen zur zentralen Säule des Staates und die Deklaration der Armee zur «Schule der Nation» begründeten den Militarismus. Diese Entwicklungen riefen aber auch Widerstand auf den Plan. Insbesondere in den sozialistischen Milieus und Bewegungen der meisten westlichen Länder wuchs die Überzeugung, dass sich die Menschen nicht aufgrund nationaler Interessen zum Kriegsdienst zwingen lassen sollten. Sie waren sich bewusst, dass sie sowohl als ArbeiterInnen, wie auch als Soldaten die Hauptbetroffenen des Krieges wären, während die finanziellen Gewinne aus dem Krieg wenigen Grossindustriellen zu Gute kämen. Die Parole lautete: «Klassenkampfstatt Kampf der Nationen!» So gewannen mit dem Erstarken der sozialistischen Arbeiterbewegung Ende des 19. Jahrhunderts auch pazifistische und antimilitaristische Überzeugungen immer mehr an Bedeutung.

Generalstreik gegen den Krieg
Nun waren die Jahre vor dem Ersten Welt-krieg zwar seit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1871 auf binnenstaatlicher Ebene in Europa mehr oder weniger friedlich geblieben. Dafür wandten die Grossmächte ihren Blickvermehrt auf ihre imperialistischen Interessen, was eine massive Expansion der Kolonien und die Unterdrückung von Aufständen dagegen zu Folge hatte. An der «Heimatfront» tobte dagegen immer stärker der Klassenkampfgegen die «vaterlandslosen Gesellen» der unterschiedlichen sozialistischen Strömungen, bei der immer wieder auch die Armee als Streikbrecher eingesetzt wurde (so auch in der Schweiz unter anderem beim Zürcher Generalstreik 1912). Dieser Einsatz des Militärs im Innern blieb nicht unbeantwortet und begründete zu einem guten Teil die pazifistischen und antimilitaristischen Gefühle in Teilen der Bevölkerung. Gross waren die Pläne der Friedensbewegten, SozialistInnen und AnarchistInnen vor dem Ersten Weltkrieg. So galt in der sozialistischen II. Internationalen das Credo, dass ein allfälliger Krieg mit Generalstreiks in den kriegswilligen Ländern verhindert werden könnte. Noch an der Friedenskonferenz 1912 in Basel wurden die Diskussionen über den Massenstreik heftig geführt. Das grosse Versäumnis war, dass die anwesenden Delegierten der sozialistischen Parteien keine konkreten Beschlüsse für Massenaktionen gegen einen ausbrechenden Krieg fassten – und somit für den Ernstfall von 1914 auch nicht vorbereitet waren.

Der Nationalismus gewinnt die Oberhand
Die Realität stellte diese Absichtserklärungen auf eine harte Probe: Mit der Burgfriedenspolitik stellten grosse Teile der Sozialdemokratie die Nation über den Klassenkampf und stimmten den Kriegskrediten in den jeweiligen Ländern zu – mit wenigen Ausnahmen wie Karl Liebknecht im Deutschen Reich. Der angeordnete Krieg nahm seinen Anfang und grub sich nach kurzer Zeit in den Schützengräben ein. Die neuen Waffen wie Maschinengewehre und Artillerie führten zu hohen Verlusten an Menschenleben in kürzester Zeit. Doch damit begann auch der Kampf gegen den Krieg von Neuem. Schon vor dem Krieg gab es Stimmen, die vor dem Schrecken des Kriegs und den Folgen warnten. Menschen drückten sich vor der Wehrpflicht, verteilten Flugblätter gegen den Krieg und demonstrierten dagegen auf den Strassen. Der Protest begann häufig mit individuellen Akten: Soldaten schossen in die Luft anstatt auf die feindlichen Linien, ArbeiterInnen in Munitionsfabriken sabotierten die Produktion oder versteckten Anti-Kriegs-Propaganda in den Lieferungen an die Front. Die Formen des Widerstandes waren vielfältig, wenngleich sie auch in den ersten Kriegsjahren keine grossen Menschenmassen bewegten. Noch im Jahre 1914 gründete sich der IFOR(Internationale Fellowship of Reconciliation, dt. Versöhnungsbund), welcher sich für die Beendigung des Krieges und die Wiederversöhnung der Kriegsmächte einsetzte. Aus den verschiedensten Organisationen, welche sich zur Unterstützung von Kriegsdienstverweigerung in einzelnen Ländern gebildet hatten, gründeten sich 1921 die WRI (War Resisters International, Internationale der Kriegsdienstverweigerer).

Frieden – selbst im Krieg
Am 24. Dezember 1914 begann an vielen Ortender Westfront, aber auch an der Ostfront der sogenannte «Weihnachtsfrieden». Weihnachts-bäume tauchten über den Schützengräben auf und statt Munition zündeten die Soldaten Kerzen an. Dieser spontane Frieden dauerte je nach Ort einige Stunden bis wenige Tage und führte zur Einstellung der Kämpfe bis hinzu gemeinsamen Gesprächen und Fussball-spielen von Soldaten verfeindeter Länder im Niemandsland. Es wurden Geschenke ausgetauscht und zusammen Weihnachtsliedergesungen. Eine kurzfristige Rückkehr der Menschlichkeit und Zivilisiertheit in einen Zustand der unmenschlichen Barbarei. Es gab nur Wenige unter den Soldaten, welchen diesen «Weihnachtsfrieden» ablehnten. Einer davon war Adolf Hitler, der diesen kleinen Friedenmit seiner kriegliebenden Weltanschauung nicht vereinen konnte. Der britische Kriegs-teilnehmer Murdoch M. Wood, sagte im Jahre1930: «The fact is that we did it, and I thencame to the conclusion that I have held veryfirmly ever since, that if we had been left toourselves there would never have been anothershot fired.» Bis zu 100’000 Soldaten sollen sich an diesem Frieden beteiligt haben. Ein exemplarisches Beispiel, was Menschen bewegen können, wenn sie sich dazu entschliessen, selber zu handeln.

Direkte Aktion bis heute…
Der Antimilitarismus des Ersten Weltkriegs ist auch heute noch aktuell. Mittlerweilen ist der Widerstand gegen die Aufrüstung aber stärker vernetzt und organisiert. Die westlichen Staaten (und insbesondere auch die Schweiz)rühmen sich immer wieder für ihre strengen Gesetze gegen den Export von Waffen in Kriegsgebiete oder an Menschenrechte verletzende Regime – und dennoch finden immer wieder Waffen ihren Weg in solche Gebiete. Doch gibt es auch immer wieder direkte Aktionen, die konkret Waffenlieferungen zumindest verzögern oder gar verhindern. Dazu zwei Bei-spiele: 2011 blockierten ägyptische Hafenarbeiter tagelang eine Lieferung von Tränengasaus den USA, welches für die Niederschlagung der Proteste auf dem Tahrir-Platz gedacht war. Im Jahre 2008 versuchte China trotz Waffen-embargo das Regime in Zimbabwe per Schiffmit Waffen zu beliefern. Obwohl westliche Regierungen dagegen protestierten, lief das Schiff im südafrikanischen Durban ein und die Behörden gaben die Fracht frei. Als sich aber die Gewerkschaft der dortigen Transportarbeiterweigerte, die Waffen auszuladen und zu trans-portieren, begann eine monatelange Odyssee des Waffentransporters. Das Schiff lief weitere Häfen an und erneut verweigerten die Arbeiter die Löschung der Fracht – so lange bis das Schiff nach China zurückkehrte.

Der Pazifismus setzt sich gegen jegliche Form des Krieges und Anwendung militärischer Gewalt ein. Häufig basierend auf religiösen Werten begründet er die grundlegende Überzeugung vieler Menschen, dass Konflikte ohne militärische Gewalt gelöst werden können und es legitim ist, sich individuell dem Kriegsdienst zu widersetzen. Demgegenüber kritisitert der Antimilitarismus insbesondere die militaristische Organisation staatlicher Institutionen sowie den militärisch-industriellen Komplex, der vom Kriegszustand profitiert. Grundlegend wenden sich AntimilitaristInnen gegen den Patriotismus und das Konzept des National -staates als Gründe militärischer Eskalation.