Ein Dorn im Auge der Armee

Seit 20 Jahren existiert die Möglichkeit, Sturmgewehr und Tarnanzug abzulegen und stattdessen in unterschiedlichen zivilen Bereichen tätig zu werden. Der Zivildienst ist ein beliebter Weg, den immer mehr Rekruten einschlagen.

Die Idee, den Militärdienst durch eine zivile Variante zu ersetzen, ist schon mehr als ein Jahrhundert alt: 1903 wurde dem Bundesrat die erste Petition überreicht, welche die Schaffung eines Zivildienstes forderte. Es brauchte aber noch mehrere Anläufe, bis 1996 das Zivildienstgesetz in Kraft trat. Seither absolvierten Zivildienstleistende über 1’600’000 Dienstage. Ursprünglich als Alternative für jene geplant, die aus Gewissensgründen keinen Militärdienst leisten möchten, erscheint der Zivildienst heute generell als sinnvolle Tätigkeit: Ein Einsatz, der anderen zugutekommt; eine Möglichkeit, in neue Berufsfelder Einblick zu erhalten; eine Dienstzeit, die für mehr als nur die ersten paar Tage interessant bleibt. Trotz der anderthalbmal längeren Absolvierungszeit wählen immer mehr Dienstpflichtige die zivile Variante. Obwohl das moralische Moment sicher auch heute noch den Hauptgrund für einen Wechsel in den Zivildienst darstellt, kann man davon ausgehen, dass für die betroffenen Rekruten auch noch ein anderes Argument mitspielt: Sie setzen ihre Zeit lieber sinnvoll ein.

Friedensarbeit, wie sie sein sollte

Dass die Armee auch im 21. Jahrhundert noch als jene Institution gilt, die einen tatsächlichen Beitrag zur Sicherheit der Schweizer Bevölkerung leisten kann und daher als einzige einen «Dienst» erbringt, erstaunt immer wieder. Wirklich friedensstiftend können doch nur zivile Initiativen sein. Die Zivis tragen mit ihren Einsätzen zu einer solidarischen und intakten Gesellschaft bei: Friedensarbeit, wie sie sein sollte. Der Armee ist der Zivildienst schon lange ein Dorn im Auge. Obwohl das Militär seine Dienstpflichtigen nicht sinnvoll beschäftigen kann, stört es sich an der Tatsache, dass der Zivildienst eine attraktive Alternative bietet. Als «Drückeberger» und «Weicheier» werden in schönster Machomanier jene beschimpft, welche lieber in einem Jugendzentrum aushelfen oder mit SeniorInnen spazieren gehen, als sich auf Befehl zu langweilen. Ein Paradigmenwechsel und eine Neupositionierung von zivilen Gesellschaftsdiensten ist längst überfällig.

20 Jahre Zivildienst heisst, seit 20 Jahren kann kein Rekrut mehr zum Militärdienst gezwungen werden, wenn er dies aus Gewissengründen nicht möchte. Der Dienstzwang aber bleibt weiterhin bestehen. Mit einem anderthalbmal längeren Zivildienst kann man noch nicht einmal von Wahlfreiheit zwischen Militär und Zivildienst reden. Dies würde erst eine Abschaffung der Wehrpflicht bieten: Hoffentlich kann ein freiwilliger Zivildienst, offen für Männer, Frauen und Menschen mit und ohne Schweizer Pass, schneller eingeführt werden, als es beim der Zivildienst Fall war.

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