Bruder Klaus und Zwingli waren gegen Kriegsgeschäfte

In den Feiern zu 600 Jahren Bruder Klaus und 500 Jahren Reformation kommt die gemeinsame Ablehnung der Reisläuferei, des damaligen Kriegsgeschäfts, zu kurz.

Die älteste Biographie über Bruder Klaus, der bereits als Lebender eine Legende gewesen war, erschien elf Jahre nach dem Tod des Ranft-Eremiten. Der Autor Heinrich von Gundelfingen, ein geistlicher Chorherr aus Beromünster, war ein hochgebildeter Humanist. Von Gundelfingen stellte die kritische Haltung des Niklaus von Flüe zu den Söldnerdiensten in folgenden Worten vor: «Wir bereiten uns zum Krieg nicht um das Vaterland zu schützen, sondern um unsere Beutel zu füllen. Auswärts in den fernsten Gegenden Italiens, Frankreichs und Deutschlands suchen wir mit grösster Gefahr und Risiko für Leib und Seele Gewinn und Sold; alle vom Kleinsten bis zum Grössten frönen wir der Habsucht». Der erste offizielle Biograph, der Berner Geistliche Heinrich Wölfli, bezeichnete 1501 Bruder Klaus als «grössten Liebhaber des Friedens». 

Zwingli verbietet Söldnerwesen 

Im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts machten die Pensionen in Zürich 43%, in Luzern und Zug etwa 60%, in Solothurn 73% aller Staatseinnahmen aus. In der Urschweiz finanzierte die Reisläuferei praktisch den gesamten Staatshaushalt. Fast so hohe Summen flossen zusätzlich in die privaten Schatullen von Magistratspersonen. Gleichzeitig zahlte die Allgemeinheit einen hohen menschlichen und moralischen Preis für das Söldnerwesen. Etliche Krieger kamen nie mehr zurück und viele jener, die heimkehrten, waren körperlich und seelisch versehrt. Die sozialen Unterschiede wurden grösser, die Korruption alltäglich, die Verrohung zu einer grossen Plage. Dies erklärt, dass es dem Reformator Ulrich Zwingli 1521 gelang, in Zürich das Söldnerverbot und damit den Verzicht auf die riesigen öffentlichen und privaten Einnahmen durchzusetzen. Dabei berief sich der ehemalige Lateinschüler des Bruder-Klaus-Biographen Wölfli auf Niklaus von Flüe: «Das Gotteswort wird auch den Eigennutz beseitigen, von dem schon Bruder Klaus voraussagte, er würde sich schädlich auswirken. »Mit Eigennutz meinten Bruder Klaus und Zwingli insbesondere den «Solddienst bei fremden Herren».

“Blutverkäufer” auf Kosten der Allgemeinheit

Die Söldnerherren nannte der Reformator «Blutverkäufer». Ihnen unterstellte er, ihren «Eigennutz» über den «Gemeinnutz» zu stellen und den «entstehenden Schaden der Allgemeinheit zu überlassen». Zwinglis Sorge galt nicht nur den eidgenössischen Opfern, sondern auch den Opfern der Eidgenossen: «Ein jeder soll sich mal in die Kriegssituation versetzen und sich vorstellen, dass mit ihm umgegangen würde, wie er mit anderen Menschen umgeht. » 
Zwinglis späterer Nachfolger Heinrich Bullinger polemisierte noch härter gegen die Reisläuferei und berief sich noch stärker auf Bruder Klaus. 1525 appellierte der damals 21-Jährige an die Eidgenossen, «im Lande zu bleiben» und, «wie Bruder Klaus geraten hat», von «ehrlicher Arbeit» zu leben: «Lasst ab von euren Pensionen, eurem Kriegführen, eurem Unrat und euren falschen Gottesdiensten! » Für die Reformatoren waren die falschen Solddienste und die falschen Gottesdienste wie Ablasshandel und Messopfer Ausdruck derselben staatlichen und kirchlichen Fehlentwicklung. Der Gipfel des Skandals waren die Solddienste für den Papst. 

Weder Bruder Klaus noch Zwingli noch Bullinger waren Pazifisten. So hatte sich Niklaus von Flüe 1444 als 27-Jähriger am Alten Zürichkrieg beteiligt. Er war dabei, als die «Innerschweizer» die ganze Besatzung der Burg Greifensee, auch die Frauen und Kinder, mit dem Schwert hinrichteten. Möglicherweise hat dieses Erlebnis zu jener Depression beigetragen, die aus ihm einen Aussteiger machte. Zwingli selber war nicht unschuldig an jenem 2. Kappelerkrieg, der ihm 1531 das Leben kostete. Trotzdem stehen sie alle für eine Haltung, welche die Beteiligung an Kriegsgeschäften ablehnte. Was damals die Reisläuferei war, sind heute Waffenexport und Investition in die Waffenproduktion.