Tropfen auf den heissen Stein

Um über den Krieg in Tschetschenien zu informieren und um ein kleines Zeichen dagegen zu setzen, hat die GSoA im März den Kaukasus-Kenner Vicken Cheterian eingeladen. Die Veranstaltungen in Bern, Zug und Zürich waren gut besucht.

Der im Libanon geborene Armenier ging in seinem Referat zwei Hauptfragen nach: Wie ist es drei Jahre nach dem ersten Tschetschenien-Krieg zum zweiten gekommen? Warum gibt es in Russland im Unterschied zu 1995/96 keine Antikriegsbewegung?

In Tschetschenien ist in den letzten Jahren das Projekt eines unabhängigen Staates gescheitert. Der Grund liegt nicht nur in den damaligen Kriegszerstörungen. Eine ebenso wichtige Rolle spielte die Unfähigkeit der tschetschenischen Führung, all die bewaffneten Einheiten und Kriegsherren (<Warlords>) in eine gemeinsame Armee zu integrieren. Dieses Machtvakuum schuf einen grossen Spielraum für den Islamismus und für das lukrative Geschäft der Menschen-Entführung. Die russischen Generäle haben mit der Unterstützung des heutigen Präsidenten Wladimir Putin die Instabilitität benützt, um die Niederlage von 1996 wettzumachen.

Die russische Gesellschaft selber hat in der Zwischenzeit eine geistige Remilitarisierung erfahren. Laut Cheterian liegt der Hauptgrund darin, dass die massive Abrüstung unter und nach Gorbatschow zu keinem höheren Lebensstandard geführt hat. Vom Westen ist sie überhaupt nicht honoriert worden. Statt selber massiv abzurüsten und Russland mit Wirtschafts-Investitionen zu helfen, habe man die Nato nach Osten erweitert, was in Russland als feindliche Handlung verstanden wird. Eine Katastrophe für die liberalen und pazifistischen Kräfte bedeutete der Nato-Krieg gegen Serbien. Ohne diesen hätte sich die Armee kaum einen zweiten Krieg gegen Tschetschenien leisten können. Die Militärs stehen heute vor der Wahl, den Krieg aufzuhören oder die Tschetschenen aus dem Gebiet zu vertreiben. Auf keinen Fall lässt sich auf kriegerische Art irgendein vernünftiger Frieden gewinnen.

Nach der regen Diskussion, die sich stark um das politische Versagen des Westens und die Arroganz der Nato drehte, unterschrieben die TeilnehmerInnen der Veranstaltungen zwei Petitionen des Service Civil International (SCI) an den Bundesrat und an den Präsidenten Russlands. Die erste fordert unter anderem eine Verurteilung des russischen Krieges und der Menschenrechtsverletzungen durch die Schweizer Behörden. Die zweite verlangt von der russischen Führung, die Kämpfe in Tschetschenien sofort zu beenden, internationale Beobachter zuzulassen und die Pressezensur aufzuheben. Ähnliche Forderungen haben die Sozialistisch-Grüne Alternative Zug (SGA) und die GSoA bereits anlässlich ihrer Mahnwachen gegen den Krieg in Tschetschenien in Bern und Zug gestellt.