Frauen in der Armee: eine Frage der Qualität und der Gleichberechtigung?

Letzte Woche äusserte sich die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) zur Ausdehnung der Allgemeinen Wehrpflicht auf Schweizer Frauen. Gemäss ihrem Präsidenten, Brigadier Denis Froideveaux, könnte die Armee dadurch aus einem noch breiteren Pool an Fähigkeiten die Besten auswählen. Dies käme einer Qualitätsoptimierung der Armee entgegen, so Froideveaux.

Die tatsächliche Folge einer Wehrpflicht für Frauen wäre jedoch eine Verschiebung von einer scheinbar allgemeinen hin zu einer „erlesenen“ Wehrpflicht. Dienst zu leisten, sprich für tauglich erklärt zu werden, würde zu einer Art „Auszeichnung“ für Schweizer Bürger_innen.

Dabei wird aber im Grunde nur bekräftigt, dass Frauen, die historisch stets als Bürger zweiter Klasse betrachtet wurden, sich erst auf Augenhöhe mit Männern befinden, wenn sie in der Schweiz Militärdienst leisten. Jede andere, wirklich sinnvolle Form von Dienst an der Allgemeinheit wird nicht ernst genommen oder gegenüber dem Militärdienst abgewertet. Ob Sorge- oder Freiwilligenarbeit; ein Grossteil gemeinnütziger Tätigkeiten wird heute von Frauen verrichtet. Gleichberechtigung muss klar an einem anderen Ort ansetzen, als bei der Armee.

Wer unserer Gesellschaft durch die Ausdehnung der Wehrpflicht auf Frauen zu mehr Gleichberechtigung verhelfen will, verkennt den von Grund auf frauenfeindlichen Charakter der Armee. Die Armee ist strukturell, symbolisch und kulturell von hegemonialer Männlichkeit geprägt und reproduziert diese ständig aufs Neue. Die unzähligen sexuellen Übergriffe und psychischen Grenzverletzungen, beispielsweise in der israelischen Armee, sind alarmierende  Indizien dafür, dass Frauen in der Armee systematisch nicht als gleichberechtigte Dienstleistende gesehen werden. Um auch Frauen einen Platz in der Armee zu geben, müssten diese Zustände erst einmal gründlich aufgearbeitet und Sensibilisierungsarbeit geleistet werden. Nicht nur in der Armee selber, sondern auch auf politischer Ebene. Davon sind wir meilenweit entfernt.

Die Frage der allgemeinen Wehrpflicht für Frauen wirft jedoch auch die Frage nach dem Zivildienst auf, welcher sich in den letzten Jahren immer grösserer Beliebtheit erfreut. Zivildienstleistende finden dort die Möglichkeit, sowohl berufliche Erfahrungen zu sammeln, als auch einen sinnvollen Dienst für die Allgemeinheit zu leisten. Viele erachten dies als weitaus sinnvoller als den Militärdienst. Die Frage, warum diese Tätigkeiten den Männern vorbehalten sein sollen, ist durchaus berechtigt. Beruflich und finanziell wertgeschätzte gemeinnützige Arbeit, wie sie im Zivildienst geleistet wird, sollte auch für Frauen möglich sein. Bereits heute verrichten Frauen den Löwenanteil dieser Arbeit, notabene auf Freiwilligenbasis.
Der Zivildienst muss endlich als gesellschaftlich wertvoll und nicht als Nebenprodukt des Militärs angesehen werden.

Es ist die wachsende Unzufriedenheit in den Reihen der Armee und das vermehrte Infragestellen ihrer Berechtigung, die dazu führen, dass zwei Drittel den Zivildienst (trotz massiv längerer Dienstzeit) bevorzugen. Da tun sich die gesellschaftlich relevanten Fragen auf – nicht in der Armee. Um sozialen Zusammenhalt und Solidarität zu fördern, muss ein freiwilliger und für alle offener Zivildienst gestärkt werden, der unseren Werten entspricht.

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