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Argumente für eine Schweiz ohne Armee

  1. BEDROHUNGEN - Ist die Schweiz bedroht?
  2. SICHERHEIT - Schafft die Armee Sicherheit?
  3. NATO - Was gilt nun: Landesverteidigung oder Nato-Anschluss?
  4. NATO II - Ist die Annäherung an die Nato eine friedenspolitische Perspektive?
  5. UNO - Könnte sich die Schweiz an Uno-Friedensmissionen beteiligen?
  6. INNERE SICHERHEIT - Soll die Armee für die «innere Sicherheit» der Schweiz sorgen?
  7. KOSTEN - Wieviel kostet die Armee wirklich?
  8. WIRTSCHAFT - Sichert die Armee den Wirtschaftsstandort Schweiz?
  9. ARBEITSPLÄTZE - Was passiert mit den Arbeitsplätzen?
  10. KATASTROPHENHILFE - Ist die Armee eine Hilfe bei Katastrophen?
  11. MANN UND MILITÄR - Kein richtiger Mann ohne Rekrutenschule?
  12. REFORMEN - Schafft sich die «heilige Kuh» am Ende von alleine ab?

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Ist die Schweiz bedroht?

Die Schweiz ist militärisch nicht mehr bedroht - heute nicht, morgen nicht und übermorgen auch nicht. Niemand bestreitet es: Ein Korpskommandant und Chef des Heeres erklärt, die Schweizer Armee sei «natürlich nicht mehr kriegstauglich» und müsse dies «auch nicht mehr sein». Der Bundesrat bestätigt hochoffiziell, «die Fähigkeit der Armee, Krieg zu führen und das Land gegen Angriffe von aussen zu verteidigen» stehe nicht mehr «im Vordergrund». Selbst Verteidigungsminister Ogi muss zugeben: «Für Mitteleuropa ist weit und breit kein Feind in Sicht.» Der Kalte Krieg ist vorbei, eine autonome Landesverteidigung ist absurd geworden, die Schweiz ist von Freunden umzingelt.

Gegen die wirklichen Bedrohungen für die Schweiz, soziale Unsicherheiten und eine Zerstörung der Umwelt, kann die Armee als Betrieb, der die Umwelt selber massiv schädigt, sowieso nichts ausrichten.

Und der Terrorismus? Die grausamen Anschläge vom 11. September 2001 in den USA haben eines deutlich gemacht: Gegen Terroristen, die mit Teppichmessern Flugzeuge kapern und ihr eigenes Leben für ein Ziel zu opfern entschlossen sind, kann auch die stärkste Armee der Welt nichts ausrichten. Bedeutende Kolumnisten in den USA haben nach den Anschlägen richtig bemerkt: Nicht, indem sich die westliche Welt mit militärischen Mitteln einigelt und vom Rest der Welt abgrenzt, sondern indem man sich um die Ursachen von Konflikten kümmert und wirkliche, politische Lösungen anstrebt, lässt sich der Terrorismus wirksam bekämpfen.

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Schafft die Armee Sicherheit?

Es ist nicht so, dass wir in der Schweiz keine Probleme hätten: Soziale Unsicherheit, ein hoher Druck im Erwerbsleben, Arbeitslosigkeit, Unsicherheit mit Menschen aus anderen Kulturen. Die Frage der europäischen Integration droht das Land zu spalten. Frauen und Kinder leiden im sozialen Nahbereich häufig unter gewalttätigen Männern. Verkehr und Energieverbrauch wachsen weiter und im Gleichschritt spitzen sich die Probleme der Luftverschmutzung, der Kulturlandzerstörung und der Atommüllentsorgung zu.

Auch weltweit nehmen die sozialen Gegensätze zu. 358 Milliardäre sind gemeinsam so reich wie die Hälfte der Weltbevölkerung. Die entfesselten Finanzmärkte provozieren Konflikte zwischen den Nationen, die sich mehr und mehr der politischen Steuerbarkeit entziehen. Als Folge werden mehrere hundert Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Jede Woche sucht eine Million von ihnen Zuflucht in den Elendsvierteln der grossen Metropolen, die meisten in der Dritten Welt. Die Zerstörung unserer Umwelt - ein weiterer Grund für die weltweiten Fluchtbewegungen - hält an. Die Ozonschicht zerfällt und mit dem Regenwald wird die Lunge der Erde abgeholzt.

Gegen all diese Gefahren kann die Armee nicht das geringste ausrichten. Militärische Repression wird die Ursachen von Konflikten, Unsicherheit und Unfrieden niemals beseitigen. Diese Probleme verlangen nach politischen Anstrengungen und zivilen Lösungen.

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Was gilt nun: Landesverteidigung oder Nato-Anschluss?

Dank der Beteiligung an der Nato-«Partnerschaft für den Frieden» habe die Schweiz den aussenpolitischen «Durchbruch» geschafft, behauptete Alt-Verteidigungsminister Adolf Ogi. Das tönt gut - aber wohin eigentlich soll die Schweiz da durchbrechen?

Zu Ogis Zeit konzentrierte sich die Zusammenarbeit des VBS mit der Nato vor allem auf den Ausbildungsbereich. Doch die weitere Annäherung ist längst beschlossene Sache. Adolf Ogis «Studienkommission für strategische Fragen» beispielsweise forderte eine enge «Assoziation» mit dem atlantischen Bündnis. Armeereformer wie Ex-Ständerat Otto Schoch (FDP) redeten von einem baldigen Beitritt. Und die Chefplaner vom VBS machten klar, was das Ziel dieser Annäherung an die Nato sein sollte: «Die Armee ist als Gesamtsystem auf Interoperabilität auszurichten». Wer als einzig möglicher Kooperationspartner dafür in Frage kommt?: «Im für die Schweiz relevanten strategischen Umfeld, dem euroatlantischen Sicherheitsraum, kann Interoperabilität nur auf die Nato ausgerichtet sein.»

Die Beteiligung einer zum Selbstschutz bewaffneten Truppe von Schweizer Soldaten im Rahmen der Kfor im Kosovo, einer mulitinationalen Brigade unter Führung eines Nato-Kommandanten, und die im Juni 2001 knapp vom Schweizer Stimmvolk angenommene Revision des Militärgesetzes, die es der Armee in Zukunft erlauben soll, sich auch an «friedensunterstützenden» (die Nato macht keinen Unterschied zwischen friedenserhaltenden und friedenserzwingenden Einsätzen) Operationen der Nato zu beteiligen, machen klar, wohin die Reise gehen soll. Auch die konkreten Rüstungsvorhaben zielen immer unverblümter auf eine Beteiligung an Nato-Militärinterventionen. Im Hinblick auf solche Auslandeinsätze prüft das VBS den Kauf von Langstrecken-Transportflugzeugen des Typs «Hercules», die bei Nato-Operationen wie denjenigen auf dem Balkan unabdingbar sind « Stückpreis: 50 Millionen Franken. Doch damit nicht genug: 1993 pries der damalige Verteidigungsminister Kaspar Villiger die umstrittenen Kampfflugzeuge vom Typ F/A-18 vor hellebardenschwingenden Armee-Nostalgikern als helvetischen «Luftschirm» an. Nun aber werden die jeweils 100 Millionen Franken teuren «Hornissen» für den Einsatz auf Flugzeugträgern ausgerüstet und die Schweizer Armee probt zusammen mit anderen Luftwaffen Luft-Luft-Betankungen.

Wen wundert's? Die Armee ist nur zu retten, wenn ihr - wie die NZZ schreibt - die «Kooperation mit der Nato» eine «tragfähige Legitimationsbasis» verschafft. Ansonsten bewege sie sich «in einem luftleeren Raum» - wo sie auch hingehört.

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Ist die Annäherung an die Nato eine friedenspolitische Perspektive?

Als sich nach dem Ende des Kalten Krieges der Warschauer Pakt auflöste, hätte auch die Nato abtreten können. Sie tat es nicht, ganz im Gegenteil: Mit dem Programm Partnership for Peace (PfP) schuf sie den nötigen Rahmen für ihre Erweiterung und militärische Neuausrichtung.

Die Nato hat sich innert wenigen Jahren von einem Abschreckungs- zu einem Interventionsbündnis gewandelt. Im Rahmen der Nato stimmen sich die Mitgliedstaaten aufeinander ab, wenn es darum geht, ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen im Konfliktfall durchzusetzen. Bill Clinton sagt es ganz offen: Die «Verteidigung des ökonomischen Wohlstandes» könne die «einseitige und entscheidende Anwendung militärischer Gewalt» nötig machen. Das lässt man sich gerne etwas kosten: Nach Angaben des US-Kongresses wird allein die Nato-Erweiterungauf die drei Länder Polen, Tschechien und Ungarn in den nächsten Jahren zwischen 61 und 125 Milliarden US-Dollar verschlingen.

Für die Weltöffentlichkeit benutzt man schönere Worte. Laut einem internen Dokument des Nato-Militärausschusses vom Herbst 1993 sollten alle militärischen Operationen künftig unter der Überschrift «Friedensunterstützung» (peace support) durchgeführt werden. Allenthalben werden «Friedensbataillone» aus dem Boden gestampft, und die multinationalen Truppenverbände der Westeuropäischen Union sollen den Interventionen den gewünschten «europäischen» Anstrich geben.

Das Gerede von «Solidarität», «Kooperation» und «kollektivem Sicherheitssystem» macht aus einer waffenstarrenden Militärallianz noch keine Friedensbewegung. Im Gegenteil: Durch die Tendenz, dass die Nato sich zunehmend als Weltpolizist aufspielen will und dort interveniert, wo es in ihrem Interesse ist, wird nicht nur die Uno an den Rand gedrängt, sondern auch die Staaten der restlichen Welt. Aber eine Neuaufteilung der Welt in die «Bösen» und die «Guten», wie dies momentan durch den «Feldzug gegen Terrorismus» gegen Afghanistan geschieht, macht diese Welt nicht sicherer - im Gegenteil.

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Könnte sich die Schweiz an Uno-Friedensmissionen beteiligen?

Bewaffnete Interventionen lösen keinen Konflikt. Aber «friedenserhaltende Einsätze» (Peace-Keeping) multinationaler Einheiten können unter gewissen Bedingungen helfen, gewalttätige Auseinandersetzungen zu stoppen: Erstens dürfen sie nicht Ausdruck nationalstaatlicher Interessenpolitik sein, sondern müssen auf der Basis internationalen Rechts erfolgen; zweitens müssen sie im Rahmen eines breit abgestützten, politischen Friedensplans stattfinden, mit anderen Worten: möglichst in Absprache mit den Konfliktparteien erfolgen.

In Einzelfällen erzielte die Uno mit diesem Konzept gewisse Erfolge. Zum Beispiel in El Salvador: Dort stabilisierte eine schwergewichtig zivile Uno-Mission seit Juli 1991 einen komplizierten Friedensprozess nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg - mit nur 300 leichtbewaffneten Polizeikräften und bei bescheidenen jährlichen Kosten von 24 Millionen US-Dollars.

Die Initiative «Für eine Schweiz ohne Armee» lässt aus diesem Grund die Möglichkeit offen, dass sich in Zukunft Schweizerinnen und Schweizer im Rahmen der Uno an Friedensmissionen beteiligen. (Darüber müsste nach Annahme der Initiative separat abgestimmt werden) Für diese Möglichkeit braucht es aber weder eine nationale Verteidigungsarmee noch eine Annäherung an das Militärbündnis der reichen westlichen Staaten, die Nato - diese Möglichkeit ist daher kein Widerspruch zur Forderung nach der Armeeabschaffung. Woran es hingegen fehlt, ist der politische Wille, an einer fairen internationalen Rechtsordnung zu arbeiten und dieser die nötigen Instrumente zur Verfügung zu stellen.

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Soll die Armee für die «innere Sicherheit» der Schweiz sorgen?

In einer neuen Verordnung hat der Bundesrat 1997 die Kompetenzen der Armee für innere «Ordnungseinsätze» vergrössert. Verschiedene Truppenteile wurden mit entsprechendem Material - von Tränengasgranaten über Schlagstöcke bis hin zu Handschellen - ausgerüstet. Bei den sogenannten «Territorialregimentern» gehört die Ausbildung für Polizeieinsätze zur Routine. Entsprechende Übungsszenarien, etwa gegen demonstrierenden Arbeitslose oder Bauern, sorgten für Aufsehen. Im Rüstungsprogramm für das Jahr 2002 sind zudem elektronische Überwachungssysteme auf der Wunschliste der Militärs. Das WEF in Davos lässt grüssen...

Wer politische Auseinandersetzungen mit Repression unterdrückt, spielt mit dem Feuer. In Westeuropa zeigte sich dies an den Beispielen Baskenland und Nord-Irland. Die Militarisierung dieser Konfliktzonen gefährdet bis heute eine Verhandlungslösung.

Die Umwandlung der Landesverteidigungsarmee in eine Möchtegern-Polizei ist nicht nur aus rechtsstaatlicher Perspektive gefährlich, sie ist auch völlig unnötig. Wegen der föderalen Strukturen unseres Landes besteht nach Aussage des Kommandanten der Kantonspolizei Zürich, Peter Grütter, ein «Überangebot» an polizeilichen Repressionskräften. In der Schweiz sind 14'000 voll ausgebildete Polizeibeamte tätig; davon können 7500 für den Ordnungsdienst eingesetzt werden und 800 wiederum sind sogenannte «Antiterrorspezialisten» - das sind doppelt so viel wie in Österreich und mehr als halb so viel wie in Deutschland. In der Schweiz, so Grütter, sei «die Zivilpolizei aus diesem Grund nicht auf die Unterstützung von Territorial-Grenadieren angewiesen». Polizei-Kreise lehnen den Einsatz von halbausgebildeten Miliz-Soldaten bei heiklen polizeilichen Aufgaben grundsätzlich ab.

Der Eifer, mit dem die Armee in Ermangelung anderer Tätigkeitsfelder auch in polizeiliche Aufgaben vorstösst, kontrastiert auffällig mit den Budgetproblemen der zivilen Polizeikorps. Und während das VBS mit einigen Soldaten des Festungswachtkorps an den Tessiner Grenzen Imagepflege betrieb, hat das Grenzwachtkorps des Eidg. Zollamtes seit 1965 etwa einen Zehntel seiner Stellenprozente verloren.

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Wieviel kostet die Armee wirklich?

Seit 1989 hat die Schweiz für ihre Armee über 100 Milliarden Franken ausgegeben. Das ist eine Million pro Stunde - und einen Haufen Geld.

Im Jahr 2000 gab der Bund 5004 Millionen Franken für Landesverteidigung aus. Das VBS hat in einer im September 2000 veröffentlichten Studie errechnet, dass zwischen den im Budget ausgewiesenen Zahlen für Landesverteidigungskosten und den effektiven Kosten nochmals eine Differenz von über einer Milliarde Franken besteht (ausserordentliche Pensionskassenleistungen, Anteil Schuldenverzinsung etc.). Dazuzurechnen sind über 400 Millionen, welche die Kantone und die Gemeinden berappen. Die insgesamt gut 6.5 Milliarden Franken, welche die öffentliche Hand im Jahr 2000 ungeachtet aller Kürzungen für die Landesverteidigung ausgegeben hat, machen nicht einmal zwei Drittel aller Verteidigungkosten aus. Denn zusätzlich schlagen die sogenannten «indirekten Kosten» zu Buche. Die Wirtschaft als ganzes muss für den Erwerbsausfall der Wehrmänner, die mit ihrer Absenz verbundenen Anpassungkosten am Arbeitsplatz, die Kosten der Pflichtlagerhaltung, einen Teil der Landwirtschaftssubventionen, die militärische Bodennutzung und die privaten Zivilschutzbauten aufkommen. 2000 verursachten 6.5 Millionen geleistete Diensttage ungedeckte Lohnausfälle in der Höhe von anderthalb Milliarden Franken. Das VBS beziffert die gesamten indirekten Kosten mit ungefähr 2 Milliarden, bezieht man den Bodenwert des Militärischen Landbesitzes zusätzlich in die Rechnung ein, resultiert ein Betrag von 3 Milliarden. Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten für die Landesverteidigung betragen also für das Jahr 2000 gut 9.5 Milliarden.

Nach einhelliger Expertenmeinung käme eine bestandesmässig reduzierte Profi-Armee die öffentlichen Kassen ebenso teuer zu stehen. Eine Berufsarmee würde aber weniger indirekte Kosten verursachen. Daher interessiert sich die Wirtschaft immer mehr für diese Variante: Auch bei der Landesverteidigung möchte man die Kosten sozialisieren und den «Nutzen» privatisieren. Die Bestandesreduktion, die mit der Armee XXI eingeleitet werden soll, soll die Kosten von der Wirtschaft auf die jungen Männer abwälzen: Die Männer sollen weniger lang am Arbeitsplatz fehlen (Entlassung aus dem Wehrdienst bereits ab 26), dafür haben sie in dieser Zeit, in der viele noch nicht erwerbstätig sind, eine RS mit der Dauer von 21 Wochen zu schlucken.

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Sichert die Armee den Wirtschaftsstandort Schweiz?

Die jahrzehntelange Liaison zwischen Wirtschaft und Armee ist spröde geworden. Das ist kein Wunder, denn trotz Rezession musste die Privatwirtschaft die Landesverteidigung zwischen 1990 und 1997 mit rund 45 Milliarden Franken subventionieren.

Die Privatwirtschaft und die ehemaligen eidgenössischen Rüstungsbetriebe versuchen heute schon, militärabhängige Arbeitsplätze in zivile umzuwandeln: Kühlschränke werden entsorgt, Kupplungsscheiben für Autos oder Airbus-Komponenten produziert, Batterien wiederverwertet und anderes mehr. Das ist auch bitter nötig, seit Jahren ist das Auftragsvolumen im Rüstungssektor - zum Glück - rückläufig. Die Ruag - der eigenständige Zusammenschluss der ehemaligen eidgenössischen Rüstungsbetriebe - erzielt heute schon einen fünftel ihres Umsatzes im zivilen Bereich. Die Pilatus-Werke in Stans erzielen gerade noch 20 Prozent ihres Umsatzes mit der Produktion von Schulungsflugzeugen, die auch für militärische Zwecke verwendet werden können und sind weitgehend auf den zivile Markt umgestiegen. Solche Anstrengungen verdienen Unterstützung. Die Initiative verlangt daher ausdrücklich: «Der Bund fördert die Umstrukturierung der von der Abrüstung betroffenen Betriebe und Verwaltungen auf zivile Güter und Dienstleistungen. Er unterstützt betroffene Beschäftigte und Regionen.»

«Weitermachen» in der Armee wird zunehmend zum Hemmschuh auf der zivilen Karriereleiter. Militärische Führungsqualifikationen gelten im zivilen Management als unzeitgemäss. Dies geben auch Offiziere wie Hans Widmer, Präsident des Verwaltungsrates der Oerlikon-Bührle Holding zu: «Ich halte ganz andere Fähigkeiten für entscheidend. Diese werden im Militär nicht nur nicht geschult, positive Veranlagungen werden oft noch verschüttet.» Immer weniger Unternehmen sind bereit, ihre Führungskräfte in eine lange, kostspielige und erst noch veraltete Kaderschule zu schicken. Selbst bei Banken und Versicherungen, wo Gold am Hut früher den beruflichen Aufstieg garantierte, sieht man Mitarbeiter lieber am Arbeitsplatz als im feldgrünen Tenue: So stellt zum Beispiel Ulrich Grete, Generaldirektor der UBS (ehemals Mr. 2000), fest, dass der militärische Karriereweg gerade noch wohlwollend «geduldet» werde.

Was passiert mit den Arbeitsplätzen?

Militärische Arbeitsplätze sind die teuersten und unproduktivsten überhaupt: Die gesamtwirtschaftlichen Kosten der Armee werden 2001 ungefähr 9.5 Milliarden Franken betragen. Die gegenwärtig noch 21'400 (Stand 2000) armeeabhängigen Arbeitsplätze (1990: 40'000) kosteten also jährlich rund 440'000 Franken pro Arbeitsplatz - und sind die teuersten und unproduktivsten überhaupt. Für dieses Geld liessen sich zivile Stellen zuhauf schaffen.

Nach Annahme der Initiative «Für eine Schweiz ohne Armee» durch Volk und Stände könnte ein Grossteil der von Bund und Kantonen im Bereich der Landesverteidigung Beschäftigten ihre Arbeit behalten, müssten doch Materialbestände, Waffen, Fahrzeuge, militärische Bauten etc. einer zivilen Nutzung zugeführt bzw. umweltgerecht entsorgt werden. Auch die Beseitigung der militärischen Umweltbelastungen und die Umnutzung des riesigen VBS-Landbesitzes würde Jahre beanspruchen. Setzt der Bund zudem einen Teil der eingesparten Armee-Milliarden während einiger Jahre für wirtschaftsstimulierende Investitionsprogramme und Konversionsbemühungen in den betroffenen Betrieben ein, werden neue, zivile Arbeitsplätze mit Zukunft geschaffen.

Die Privatwirtschaft und die eidgenössischen Rüstungsbetriebe versuchen heute schon, militärabhängige Arbeitsplätze in zivile umzuwandeln: Kühlschränke werden entsorgt, Kupplungsscheiben für Autos oder Airbus-Komponenten produziert, Batterien wiederverwertet und anderes mehr. Die Pilatus-Werke in Stans wollen den Umsatzanteil von zivilen Produkten von heute 25 Prozent auf mindestens die Hälfte steigern. Solche Anstrengungen verdienen Unterstützung. Die Initiative verlangt daher ausdrücklich: «Der Bund fördert die Umstrukturierung der von der Abrüstung betroffenen Betriebe und Verwaltungen auf zivile Güter und Dienstleistungen. Er unterstützt betroffene Beschäftigte und Regionen.»

Die Privatwirtschaft ihrerseits würde mit der Abschaffung der Armee jährlich um mehrere Milliarden Franken entlastet, müsste sie doch nicht mehr für Erwerbsausfälle, Produktivitätsverluste etc. aufkommen. Selbst die Banken haben erkannt, dass die Armee auch wirtschaftlich unsinnig ist. In einem Bericht der Bankiervereinigung aus dem Jahr 1994 heisst es schwarz auf weiss: «Die These, dass das Militär Arbeitsplätze schafft oder erhält, ist volkswirtschaftlich nicht stichhaltig. Mit einem anderweitigen Einsatz dieser Mittel könnten sehr viel effizienter Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten werden.»

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Ist die Armee eine Hilfe bei Katastrophen?

Als weltweit teuerste Putz-Equipe hätte die Schweizer Armee schon lange einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde verdient. Die Militärs wissen nämlich nicht erst seit gestern, wie man Dreck schaufelnde Soldaten für die Imagepflege einsetzt. Etwas anderes haben sie aber offenbar vergessen: Dass auch Soldaten eine Schaufel in die Hand nehmen können, ist keine Rechtfertigung für die Existenz von Armeen.

Ein Gedächtnisverlust jüngeren Datums: Nach den verheerenden Überschwemmungen in der Innerschweiz im Jahr 1987 stellte der damalige Divisionär Alfred Stutz noch fest: «Man versuche doch nicht, mit einigen Kompanien und Bataillonen, die sich bei der Schadensminderung bewährten, die Notwendigkeit einer zahlenmässig dreihundertmal stärkeren Armee zu belegen.» Man könne nämlich zu Recht einwenden, so Stutz weiter, dass «ein bis zwei spezialisierte, permanente, unbewaffnete Katastrophenhilfebataillone doch viel effizienter sind».

Auch heute ist die Katastrophenhilfe der Schweizer Armee in erster Linie eine Alibiübung. Im Jahr 2000 wurden insgesamt 37'362 Manntage der Armee für Katastrophenhilfe aufgewendet. Dabei war dieses Jahr nach dem Lawinenwinter 1999, dem Sturm Lothar und dem Erdrutsch in Gondo ein Jahr mit überdurchschnittlich vielen Schadensereignissen. Es waren dennoch nur ein halbes Prozent, der jährlich rund 6.5 Millionen geleisteten Militärdiensttage, die für Katastrophen aufgewendet wurden. Der Langjahresdurchschnitt liegt unter einem halben Prozent.

Die Armee als Katastrophenhelferin nimmt den dafür vorgesehenen zivilen Strukturen die nötigen Mittel weg. Daher erstaunt es nicht, dass beispielsweise die französischen Feuerwehrleute scharf gegen die Katastrophenübung protestierten, welche französische und schweizerische Soldaten im Oktober 1997 in der Haute-Savoie durchführten. Auch die Profi-Organisation des Schweizerischen Katastrophenhilfekorps, das bei internationalen Hilfe-Einsätzen gute Arbeit leistet, muss sich düpiert vorkommen.

Die Initiative «für eine glaubwürdige Sicherheitspolitik und eine Schweiz ohne Armee» trägt dieser Realität Rechnung: Sie verlangt, dass die zivilen Aufgaben, mit denen sich die Armee gerne profilieren würde, von dafür geeigneten zivilen Behörden übernommen wird.

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Kein richtiger Mann ohne Rekrutenschule?

In der Armee wird jungen Menschen beigebracht, was es braucht, um ein Mann zu sein: Kraft, Härte, Ehre, Gehorsam, Disziplin. Emotionen, die sich nicht ohne weiteres in aggressives Handeln umsetzen lassen, sind bei der Armee unerwünscht - sie gelten als «weiblich». Als «männlich» gilt, wer Einfühlungsvermögen, Angst, Trauer und Nähebedürfnisse unterdrückt. Gefühlskälte wird mit Heldenmut gleichgesetzt.

Aus der Sicht der Armee sind also die Frauen für Gefühle zuständig. Und weil Gefühle dem Kriegshandwerk abträglich sind, weil sie die hierarchische Ordnung stören und sogar zu eigenverantwortlichem Handeln führen können, wird den Soldaten nicht nur beigebracht, sich zu unterwerfen: Soldaten lernen auch, Frauen auszugrenzen und abzuwerten. Dies wird in einer Vielzahl von Ritualen eingeübt: mit sexistischen Witzen, systematischer Diskriminierung von Homosexualität, mit männlichem Führertum und Kameradschaft oder mit der Sexualisierung von Waffen. Die Kaserne, welche die jungen Männer auch physisch von ihrem normalen sozialen Kontakten und insbesondere von allen Frauen trennt, bietet dafür das geeignete Umfeld. Sexistische Gewalt fällt leicht, wenn man sich durch eine Uniform geschützt weiss. Die Skandale um frauenverachtende T-Shirts in Militär und Schiessübungen auf Papp-Bilder von nackten Frauen, welche die Schweizer Armee immer wieder in die Schlagzeilen bringen, belegen dies.

Die Armee behauptet, dass sie Frauen beschützt. Wer aber Frauen als wehrlose Wesen betrachtet, sieht in ihnen rasch die zu erobernden Subjekte. Sie werden selbst zum Schlachtfeld, auf dem der männliche Gegner gedemütigt wird. Massenhafte Vergewaltigung durch Soldaten und paramilitärische Gruppen sind daher ein typisches Merkmal eines jeden Krieges. Doch das Leben von Frauen ist nicht erst durch feindliche Soldaten bedroht. Wenn Gewalttätigkeit zum Bestandteil männlicher Identität wird, wirkt sich diese auch im Alltag aus: Ein Bericht der US-Regierung hat den Zusammenhang zwischen «häuslicher Gewalt» und der früheren oder gegenwärtigen Zugehörigkeit zur US-Armee bestätigt.

Während die Armee weiter hochgerüstet wird, fehlen Gelder im sozialen Bereich, zum Beispiel für eine Mutterschaftsversicherung. Wirtschaftliche Unabhängigkeit leistet aber wirklich etwas für die Sicherheit von Frauen. Ein militärischer Sicherheitsbegriff trägt den alltäglichen Bedrohungen der Frauen nicht Rechnung.

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Schafft sich die «heilige Kuh» am Ende von alleine ab?

50 Jahre lang verharrte die Schweizer Armee unbeweglich im Alpen-Reduit. Dort verteidigte sie das Heiligenbildchen von der Schweiz als glückliche Insel in einem bedrohlichen Umfeld. Aber auch Heiligen-Kitsch währt nicht ewig. Seit 1989 werden die Armeebestände umstrukturiert, eine sicherheitspolitische Leitlinie jagt die andere, und nach der «Armee 95» ist jetzt die Armee «XXI» im Gespräch.

Worum geht es dabei? Nachdem der alte Verteidigungs-Mythos wertlos geworden ist, sind neue Legitimationen gefragt. Für alle möglichen zivilen Aufgaben im In- und Ausland soll man die Armee nun plötzlich einsetzen können. Dafür muss sie ein wenig schlanker, flexibler, professioneller und internationaler auftreten - keine heilige Kuh mehr, sondern eine scheinheilige.

Weil, sich «die konventionelle militärische Bedrohung mit Auswirkungen auf die Schweiz drastisch verringert» hat - so der sicherheitspolitische Bericht «Sicherheit durch Kooperation» SIPOL 2000 müssen neue Bedrohungen her: Von Drogenmafia, organisierter Kriminalität, gewalttätiger Extremismus über Menschenrechtsverletzungen, Wohlstandsgefälle, Ressourcenknappheit, Migrationsdruck und Umweltschädigung ist da die Rede... als ob die Armee gegen eine dieser Bedrohungen eine wirkliche Antwort wäre!

Mit der Armee XXI soll die Armee zwar, was die Mannstärke angeht, verkleinert werden. Das wird dadurch erreicht, dass man die jungen Männer einfach zwingen will, ihre Diensttage bis ins Alter von 26 abzuverdienen - mit alljährlichen WK's und einer RS-Dauer von 21 Wochen. Billiger wird die Armee damit aber nicht - und sinnvoller erst recht nicht. Eine Anpassung der ungerechten Zivildienstdauer (noch immer ist der Zivildienst anderthalb mal so lange wie der Militärdienst) ist dabei nicht geplant.

Die Armee schafft sich - leider - doch nicht von selber ab. Wir müssen uns noch immer selber darum bemühen. Machst du mit?