Die Spielregeln der Demokratie

Die Schweiz wäre mit ihrer halbdirekten Demokratie darauf hingewiesen, dass bei Volksinitiativen Befürworter wie Gegner gleich viel Platz und Platzierungsmöglichkeiten für ihre Anliegen und Argumente bekommen würden. Das ist leider nicht gewährleistet. Dass nun aber auch der Bund seiner Verpflichtung zur ausgeglichenen Meinungsbildung nicht nachkommen kann, stimmt nachdenklich.

Laut der Tagesschau des Schweizer Fernsehens haben in diesen Tagen über 1000 Jugendliche im Raum Winterthur offizielle Briefcouverts des Bundes erhalten. Darin steckte neben der regulären Einladung zum Jungschützenkurs auch Abstimmungspropaganda gegen die Initiative zum Schutz vor Waffengewalt. Der Flyer mit dem zerquetschten Lampion und der Aufschrift “Schweizer Werte zerstören? Nutzlose linke Waffeninitiative NEIN”.

Veronika Honegger, Jungschützenleiterin des Militärschiessvereins Winterthur, bestätigt den Versand. “Wir wussten, dass dieser Versand heikel ist”, sagt sie. In Absprache mit zwei weiteren Schiessvereinen habe man die Adressen der Jugendlichen von der Stadt Winterthur bekommen. Die Einwohnerkontrolle beteuert, die Herausgabe der Daten sei legal, den Missbrauch für politische Propaganda aber als klar illegal.

Laut Bundeskanzlei dürften Briefumschläge des Bundes für den Versand von Abstimmungsmaterial nicht verwendet werden. Gegen den massiven Verstoss vorgehen kann sie aber nicht. So müsste für eine rechtliche Prüfung des Falles eine betroffene stimmberechtigte Person selbst Beschwerde einreichen. Der Bundeskanzlei bleibt nur, eine Mahnung auszusprechen und an die unverfälschte Stimmabgabe zu erinnern.

Kein Wunder, wenn man die Spielregeln der Demokratie nicht ernst nimmt…

 

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