Waffenausfuhren: Die Skandalserie reisst nicht ab

Umrüstung zwecks Weiterkauf

In Pakistan gibt es eine aufs Engste mit der Armee verflochtene Rüstungsindustrie, welche über das nötige Know-How verfügt, die schrottreifen Schweizer Schützenpanzer flott zu machen: Die Heavy Industries Taxila (HIT) hat sich auf die Modernisierung von alten M113-Schützenpanzer spezialisiert. Die erneuerten Schützenpanzer, welche die Werke von Taxila verlassen, seien «vergleichbar mit fabrikneuen Schützenpanzern», steht auf der Website der Defence Export Promotion Organisation (www.depo.org). DEPO, die Exportförderungsorganisation der pakistanischen Rüstungsindustrie, vermittelt potenzielle Käufer an die heimischen Rüstungsunternehmen und bietet «vielfältige Dienstleistungen» an, wie es auf der Website weiter heisst. Wahrscheinlicher als das UN-Szenario ist, dass die Schützenpanzer nach einer Generalüberholung in den Werken der Rüstungsfirma HIT bei offiziellen und halb-offiziellen pakistanischen Truppen im Nahen Osten (Saudi-Arabien, Irak) oder bei fremden Streitkräften wieder auftauchen. GSoA-Vorstand und Nationalrat Josef Lang hat im Parlament eine Anfrage eingereicht, mit der er Auskunft über die Hintergründe des Pakistan-Geschäfts verlangt.

Letzten Herbst sorgten mehrere Waffendeals für hitzige Diskussionen. Nun kommen zwei neue skandalöse Waffengeschäfte ans Tageslicht.

Die bisherige Skandalgeschichte ist bekannt: Ende Juni 2005 liess der Bundesrat verlauten, er werde die Ausfuhr von alten Schweizer Schützenpanzern via die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in den Irak bewilligen. Anfang September erfuhr die Öffentlichkeit, dass 40 alte, im Jahr 2004 in die VAE gelieferte Schweizer Panzerhaubitzen in Marokko aufgetaucht sind. Daraufhin sistierte der Bundesrat das Geschäft mit den Schweizer Schützenpanzern für die VAE respektive den Irak. Als Folge dieses Skandals bildete der Bundesrat eine interdepartementale Arbeitsgruppe mit dem Auftrag, die schweizerische Exportpraxis zu überprüfen. Deren Ergebnisse sollen demnächst der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Panzerfäuste in die Emirate

Nun kommen neuerlich skandalöse Geschäfte an die Öffentlichkeit. Und wieder sind in einem Fall die VAE beteiligt. Wie 10VOR10 Anfang Februar berichtete, bestehen bei der Zürcher Handelsfirma Bauer Associates Ltd. (Stäfa ZH) Pläne, Schweizer Panzerfäuste der Marke RUAG in die VAE zu liefern. SVP-Nationalrat Bruno Zuppiger, der die Bauer Associates in der Öffentlichkeit vertritt, erklärte, der für die Ausfuhrbewilligungen zuständige Bundesrat Joseph Deiss habe auf eine erste Anfrage grundsätzlich positiv geantwortet. Obwohl die VAE als internationale Waffendrehscheibe gelten und die Emirate mindestens einmal gegen die vertraglichen Vereinbarungen (kein Weiterverkauf von Waffen) verstossen haben, sehen Zuppiger und Deiss keinen Anlass, die VAE von der Liste potenzieller Empfängerländer schweizerischer Waffen zu streichen.

Wofür will Pakistan Schweizer Panzer?

Ausgediente M113 – Schützenpanzer auf dem Gelände der RUAG in Thun, bereit zum Export

Noch immer hängig ist eine Lieferung von alten Schweizer Schützenpanzern M113 nach Pakistan. Auch in diesem Fall kommen die Hintergründe des Waffendeals langsam ans Tageslicht: Im Juni 2005 teilte der Bundesrat mit, die Panzer seien für pakistanische UN-Soldaten in Afrika bestimmt. Nach Informationen der GSoA ist die pakistanische Zusicherung aber alles andere als glaubwürdig. Pakistan stellt zwar mit 8’500 Soldaten weltweit eines der grössten Kontingente für UN-Peacekeeping-Missionen. Die für Pakistan vorgesehene Stückzahl von 736 Schützenpanzern übersteigt aber die Bedürfnisse der pakistanischen Armee bei weitem. Die gelieferten Panzer böten insgesamt etwa 7’000 Soldaten Platz, also mehr als vier Fünfteln aller pakistanischen UN-Soldaten. Selbst bestens ausgerüstete Armeen verfügen aber erfahrungsgemäss höchstens für einen Sechstel der Truppen über «geschützte» Plätze. Das Missverhältnis wird noch augenfälliger, wenn man bedenkt, dass die pakistanischen UN-Truppen bereits heute im Besitz von gepanzerten Fahrzeugen sind. Wieso hat Pakistan aber dennoch ein so grosses Interesse an den Schweizer Panzern?