Bundesrat lehnt Wehrpflichtinitiative ab

Die Stellungnahme des Bundesrates zur Wehrpflichtinitiative fiel nicht überraschend aus. Am 14. September gab er bekannt, dass er die Initiative ablehne. Seine wichtigsten Argumente werden hier kurz ausgeführt und widerlegt.

«Die Annahme der Initiative [würde] die Sicherheit von Land und Bevölkerung gefährden.» So lautet das zentrale Argument des Bundesrates gegen die Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht. Er begründet es damit, dass die Sicherheit davon abhinge, ob sich genügend Leute für eine freiwillige Milizarmee finden liessen und ob diese auch zu jedem Einsatz bereit wären.

Eine Armee garantiert jedoch keine Sicherheit, schon gar nicht ein Massenheer, wie es die Schweiz kennt. Die Armee kostet vor allem. Das Geld würde beispielsweise in den Sozialversicherungen dringender benötigt und dort für echte Sicherheit sorgen. Die Bedrohungen der heutigen Zeit liegen im Klimawandel oder der Finanzkrise, niemandem ist hier mit einer Armee geholfen.

Der Bundesrat argumentiert, auf Freiwillige sei kein Verlass. Die Einsatzfähigkeit der Armee hinge davon ab, ob der Einsatz von den Armeeangehörigen als sinnvoll goutiert würde, weil sonst würden sie ja nicht mitmachen. Mit seiner Argumentation tritt der Bundesrat interessanterweise all jenen auf die Füsse, die sich heute schon im Militär tatsächlich freiwillig engagieren, also beispielsweise freiwillig weitermachen. Die absurde Logik des Bundesrates ist ein Eigentor, das uns von der GSoA natürlich freut. Reichlich Ärger in der Armee dürfte damit programmiert sein.

Die Pflichten des Schweizer Bürgers

Der Bundesrat argumentiert weiter mit «Rechten, die untrennbar mit Pflichten verbunden» seien im Schweizer Staat. Natürlich gibt es Pflichten, gegen die wir nicht protestieren. Niemand stellt die Steuerpflicht oder die Schulpflicht in Frage. Die Wehrpflicht lässt sich allerdings nicht damit vergleichen.

Die Wehrpflicht gilt erstens nur für Männer. Der logische Schluss aus der bundesrätlichen Argumentation wäre demnach, dass daraus Rechte resultieren, die nur für Männer gelten – was heute glücklicherweise nicht mehr der Fall ist. Zweitens trägt die Militärdienstpflicht in sich, dass der Staat im Extremfall von seinen Bürgern verlangen kann, für ihn zu töten oder für ihn zu sterben.

Die Beziehung der Armee zum Volk

Als drittes Argument führt der Bundesrat die «Effizienz, Wirksamkeit und gesellschaftliche Abstützung» ins Feld, die durch die Wehrpflicht erreicht wird. Nur damit sei es möglich, in kurzer Zeit eine grosse Zahl von Soldaten aufzubieten, nur so könnten zivile Fähigkeiten im Militär genutzt werden und nur so sei die Verbindung zwischen Armee und Bevölkerung so eng.

Die Diskussionen über das Massenheer sind altbekannt. In der heutigen Zeit braucht niemand mehr eine so grosse Armee. Selbst bürgerliche ArmeereformerInnen sehen das ein. Viel eher bräuchten wir einen gut ausgebildeten und gut ausgerüsteten Zivilschutz.

Auch die Abstützung der Armee in der Bevölkerung und die demografische Durchmischung ist heute eine idealisierte Vorstellung aus bürgerlichen Kreisen. Wer heute nicht ins Militär will und es sich leisten kann, zahlt die Ersatzabgabe. Dies sind oft Männer aus städtischen Gebieten, besonders oft aus der Romandie und Männer, die aus eher armeekritischen Kreisen kommen. Mit dem Parlamentbeschluss von letztem Herbst wird die Armee auf 100‘000 Mann weiter verkleinert. Damit wird es für das Militär noch schwieriger werden die sogenannte «Wehrgerechtigkeit» sicherzustellen.

Der Bundesrat versucht mit seiner Botschaft, die Ängste derjenigen zu schüren, die in der Wehrpflichtinitiative eine Armeeabschaffungsinitiative sehen. Mit der Annahme der Initiative wird die Armee aber nicht abgeschafft. Was wir erreichen würden, ist eine weniger militarisierte Gesellschaft. Eine Gesellschaft, in welcher der Kriegsdienst nicht mehr als wertvoller Dienst an der Allgemeinheit angesehen würde. Eine Gesellschaft, in welcher der Staat niemanden mehr zum Kriegsdienst zwingen kann.

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