Kritik an der geplanten Weiterentwicklung der Armee

Am 1.10.2014 wurde die Weiterentwicklung der Armee 2014 in der Sicheheitskommision des Ständerates besprochen – natürlich nicht ohne die GSoA!

Während einer halben Stunde legten wir den Ständerät_innen dar, welche Punkte an der geplanten Reform besonders stossend und teilweise geradezu gefährlich sind.

Kritisiert haben wir hauptsächlich folgende Punkte:

  • Innere Einsätze
  • Mobilmachungskonzept
  • Grösse der Armee
  • Finanzielles

Aus unserer Sicht liegt der Weiterentwicklung keine umfassende Analyse der Bedrohungslage zu Grunde. Für uns ist nach wie vor klar, dass die echten Bedrohungen heute ziviler Natur sind und die Armee nur wenig zu deren Lösungen beitragen könnte.

Wir sind der Meinung, dass es sich bei der WEA um eine verpasste Chance handelt: Es wäre der Zeitpunkt gewesen, den Personalbestand der Armee massiv zu reduzieren und endlich die ungleiche Behandlung des Zivildienstes aus der Welt zu schaffen und ihn auch für Frauen zu öffnen.

Die Armee scheint ihre Krise der Feindsuche noch nicht überwunden zu haben. Auf der Suche nach neuen Feinden und Aufgabenfeldern ist die Armee nun im Inneren und bietet sich mit Gratisleistungen den zivilen Behörden an.

Innere Einsätze sollen legalisiert werden

Bereits im massiven Ausbau des Art. 1, welcher die grundsätzlichen Aufgaben der Armee festhält, wird deutlich, wo die Armee hin will: „Sie unterstützt die zivilen Behörden im Inland”

Etwas präzisiert wird das Ganze in Art. 52 und 67.
Es ist vor allem die begriffliche Ungenauigkeit, die überaus stossend ist. Die Formulierung in Artikel 52 „von öffentlichem Interesse” oder „von nationaler Bedeutung” sind sehr dehnbare Begriffe und können je nach Gutdünken ausgelegt werden. Darin sehen wir einen Freipass, das Militär in Zukunft gegen Innen einzusetzen.

In Art. 67 werden sog. Assistenzdienste geregelt. Der neue Absatz 4 lässt nun eine Bewaffnung zu.

Dass die chronisch unterbesetzten kantonalen Sicherheitsbehörden diese vom Bund subventionierten Leistungen gerne in Anspruch nehmen werden, ist nachvollziehbar, jedoch sehen wir damit die strikte Trennung von militärischen und zivilen Sicherheitsorganen gefährdet. Ausserdem sind wir der Meinung, dass bewaffnete Einsätze der Armee einer Zustimmung durch das Parlament bedürfen.

Mit Artikel 100 wird diese Trennung praktisch komplett aufgehoben. Abs. 2 erlaubt auch Spontanhilfe durch die militärische Sicherheit. Die Armee wird so zur Hilfspolizei. Diese Ausrichtung zeigt sich auch in der Aufstockung von heute zwei auf zukünftig vier Militärpolizei-Bataillone.

Dass die Armee bereits heute Einsätze gegen Demonstraten trainiert, hat die
höchst umstrittenen Übung während „Stabilo due” gezeigt, bei welcher das Militärpolizeibataillon 1 den Einsatz gegen kritische Bürger und Kundgebungsteilnehmer übte. Auch wenn das VBS die Öffentlichkeit zu beschwichtigen versucht, hielt jüngst der Polizei- und Sicherheitsrechtsprofessor Rolf Müller fest, dass mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf solche Einsätze denkbar wären.

Die GSoA sieht in dieser Ausrichtung gegen Innen eine grosse Gefahr und hier liegt damit auch unser grösster Kritikpunkt an der Weiterentwicklung der Armee. Die Armee darf nicht im Inneren eingesetzt werden. Dafür haben wir eine zivile Institution, nämlich die Polizei, die zivilen Gesetzten und demokratischer Kontrolle unterliegt.

Angestrebte Scheinreduktion

Es wird immer wieder behauptet, es ginge hier um eine Halbierung der Armee. Bei näherer Betrachtung wird jedoch klar, dass die Armee nicht halbiert wird.

Rechnen wir zum gesetzlichen Sollbestand von 100‘000 Soldaten auch noch die Männer und Frauen für den Effektivbestand dazu, kommen wir schon auf 1.4 mal so viele. Rechnen wir dann zum Effektivbestand auch noch die Rekrutinnen und Rekruten, ca. 20‘000 im Jahr, so wie die die Angehörige der Stäbe Bundesrat kommen wir auf etwas über 160’000 Personen, die in der Armee eingeteilt sind. Im Vergleich zu heute (197’143 gemäss Armeeauszählung 2014) , ist dies also keine Halbierung, sondern entspricht  gerade mal einer Reduktion von 18.6%.

Woher kommt diese massiv höhere Zahl? Es ist vor allem mit der massiven Erhöhung der Bereitschafts-Reserve zu erklären. Während die Armee heut mit einer Bereitschaftreserve von 5 Prozent rechnet, wird diese Zahl mit der WEA massiv erhöht auf 40 Prozent. Damit ergibt sich ein Faktor 1.4, der zum geplanten Sollbestand dazu gerechnet werden muss und darum wäre es ehrlicher vom Bundesrat und der Armee von 140‘000 Effektivbestand anstelle von 100‘000 zu sprechen. Die Höhe des Faktors 1.4 ist aus der Botschaft des Bundesrates nicht nachvollziehbar. und dient einzig und alleine um den aufgeblähten Apparat des VBS zu befriedigen.

Überholtes und gleichzeitig unklares Mobilmachungskonzept

Die Wiederaufnahme eines Mobilmachnungkonzeptes und deren Rechtfertigung erinnert stark an die Zeit des Kalten Krieges.
Mit Erstaunen mussten wir feststellen, dass sich die Dimension der Mobilmachung nach der Vernehmlassung vervierfacht hat, da nun fast die doppelte Anzahl Armeeangehörige in der Hälfte der Zeit bereit stehen müssen.
Wie diese Mobilmachung konkret aussehen soll, ist aus der Botschaft des Bundesrats nicht ersichtlich. Unklar sind auch die Szenarien, in denen dieses Konzept zur Anwendung kommen würde. Für die GSoA ist es schleierhaft, wofür die Schweiz innerhalb von 10 Tagen 35000 Soldaten aufbieten können müsste. Einen Terroranschlag könnte auch ein stehendes Heer nicht verhindern, das wissen wir seit dem 11. September 2001.

Mehr Geld für die Armee? Nein.

Am 18. Mai, dem Tag der Gripen-Abstimmung, hat der Bundesrat und das Parlament eine glasklare Botschaft vom Souverän erhalten. Die Schweizer Bevölkerung lehnt steigende Armeeausgaben ab. Das Nein zum Gripen war auch ein Nein zu einer überteuerten Armee.

Obwohl der Gripen nicht gekauft wird, soll das Budget der Armee erhöht werden. Das ist nicht erklärbar. Zudem sieht die WEA einen 4-jährigen Zahlungsrahmen vor – das stellt ein klares Finanzprivileg innerhalb der Bundesverwaltung dar. Angesichts der Tatsache, dass sich die Stimmbevölkerung am 18. Mai gegen den Gripen und damit gegen hohe Armeeausgaben geäussert hat, muss das Budget der Armee gesenkt werden. Es ist auch nicht richtig, sich der Diskussion über die Höhe des Armeebudgets nur noch all 4 Jahre stellen zu wollen, wenn sich die Stimmbevölkerung so kritisch geäussert hat.

In der Vorlage gibt es einige wenige Änderungen, die wir begrüssen, wie etwa die Reduktion der Diensttage, die Vereinbarkeit mit dem Hochschulstudium oder der Verschrottung einiger veralteter Waffensysteme.
Dies stehen jedoch in keinem Verhältnis zu den aufgeführten Kritikpunkten. Die hier vorgeschlagene Armee ist zu teuer und massiv überdimensioniert. Zudem halten wir es für äusserst gefährlich, wenn die Armee gegen Innen und somit gegen die eigene Bevölkerung ausgerichtet wird.

Die GSoA lehnt die WEA in der jetzigen Version ab. Die GSoA wird die Diskussion in den Kommissionen und im Parlament eng verfolgen. Sollte sich an dem Gesetzesentwurf betreffend Einsätze im Inland nichts ändern, werden wir uns gezwungen sehen, die Ergreifung des Referendums ernsthaft zu prüfen.

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