Angst um Arbeitsplätze macht kurzsichtig

Am 8. Juni hat die von der ARW (Arbeitsgemeinschaft für Rüstungskontrolle und ein Waffenausfuhrverbot) zusammen mit der SPS und dem Christlichen Friedensdienst lancierte Initiative für ein Verbot der Kriegsmaterialausfuhr kläglich Schiffbruch erlitten. Bei einer dürftigen Stimmbeteiligung von 35 Prozent stimmten enttäuschende 23 Prozent der Volksinitiative zu.

Mit einer einzigartigen Verdrehung der Tatsachen ist es den GegnerInnen der Initiative gelungen, bei dieser friedenspolitischen Frage eine grosse Mehrheit der StimmbürgerInnen mit einer gebetsmühlenhaft wiederholten Behauptung zu blenden: Das Verbot der Kriegsmaterialexporte gefährde 120’000 Arbeitsplätze.

Dass die Behauptung falsch bzw. massiv übertrieben ist, wissen wir. Die Arbeitsplätze im unsicheren Rüstungssektor wurden bereits massiv abgebaut und werden auch weiterhin reduziert. Dass die plötzliche Sorge um die Arbeitsplätze unehrlich ist, wissen wir ebenfalls. Die gleichen Personen, die so vehement die Rüstungsarbeitsplätze verteidigten, applaudieren jeweils, wenn im Namen des Shareholder-value Stellen gestrichen werden.

Argumente wider besseres Wissen

Zu Diskussionen Anlass gab hauptsächlich die vorgesehene Einschränkung des Exports von sowohl militärisch als auch zivil verwendbaren ‹Dual-use-Gütern›. Vor allem hier griff die Kampagne der GegnerInnen, die behaupteten, mit einer Annahme der Initiative könnten sämtliche Produkte, die auch militärisch Verwendung finden, nicht mehr exportiert werden. Auch diese Behauptung war aus der Luft gegriffen, denn die Initiative basierte exakt auf der bundesrätlichen Definition von ‹Dual-use-Gütern›.

Zu denken geben muss uns aber, dass die Abstimmenden nach sieben Jahren Wirtschaftskrise das Arbeitsplatzargument so unkritisch akzeptierten. Die Initiative für ein Verbot der Kriegsmaterialausfuhr wurde nach dem Ende des Zweiten Golfkriegs 1991 lanciert. Zu diesem Zeitpunkt sprachen sich in einer Umfrage 80 Prozent für ein Verbot aus. Bedenklich ist ebenfalls, dass zu viele – und bestimmt auch potentielle BefürworterInnen eines Waffenexportverbotes – es nicht für nötig hielten, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen.

Kampagne mit ausgelaugter Basis

Die Ungültigerklärung der Militärhalbierungsinitiative durch das Parlament im Mai 1995 hatte verschiedene Auswirkungen auf die Abstimmung vom 8. Juni. Ursprünglich nur als ‹kleiner Bruder› einer Doppelinitiative lanciert, war es für die Waffenexportverbots-Initiative schwierig, mit ethischen Argumenten zum schwierig erfassbaren Thema Kriegsmaterialausfuhr eine breite und wahrnehmbare Kampagne zu führen.

Ausserdem konnte die Unterschriftensammlung der zweiten Umverteilungsinitiative, die nach der Ungültigkeitserklärung der ersten Armeehalbierungsinitiative lanciert wurde, erst Ende März ’97 nach einem kräftezehrenden Endspurt abgeschlossen werden. Als die Kampagne für die Kriegsmaterialexportverbots-Initiative schon längst hätte angelaufen sein müssen, waren die AktivistInnen noch mit Rettungsaktionen für die Umverteilungsinitiative beschäftigt.

Dies führte dazu, dass sich anschliessend während der sehr kurze Kampagnenzeit nur eine viel zu kleine Basis von AktivistInnen in den Regionen erneut motivieren liess, sich für die Waffenexportverbots-Initiative einsetzten. Von dem breiten Spektrum von friedens- und entwicklungspolitischen sowie kirchlichen Organisationen, welche die Initiative offiziell unterstützten, war in der Kampagne wenig zu spüren. Auch die SP-Sektionen blieben mehrheitlich passiv. So blieb ein Teil des unter enormem Zeitdruck produzierten Materials schliesslich auf dem Kampagnensekretariat liegen.

Witzbold Bodenmann

Mit seiner Bemerkung in der Elefantenrunde des Schweizer Fernsehen DRS verärgerte der scheidende SP-Präsident Peter Bodenmann am Abstimmungssonntag die wenigen AktivistInnen noch zusätzlich. Er stellte salopp fest, dass die SPS deshalb wenig in die Abstimmungskampagne investiert hatte, weil sie sowieso von einer Niederlage überzeugt gewesen war.

Hoffentlich war das nur ein unüberlegter und schlechter bodenmännischer Witz. Falls die SPS effektiv schon im Vorfeld der Abstimmung überzeugt war, dass die Initiative chancenlos sei und daher bewusst eine Kampagne mit angezogener Handbremse geführt hat, dann hätte sie sich mit dem Rückzug der Initiative einigen Aufwand ersparen und ein politisch fatales Signal verhindern können.