Beamte auf Waffensuche

Von 27’000 ehemaligen Soldaten weiss die Schweizer Armee nicht, ob sie ihre Dienstwaffen abgegeben haben oder nicht. Jetzt werden die Dienstbüchlein eingefordert, um die verlorenen Informationen nachzutragen. Doch wie sorgfältig geht die Armee dabei vor? Eine wahre Geschichte über Schlampereien im VBS.

27’000 Datensätze über persönliche Ausrüstungen ehemaliger Soldaten hat die Armee verloren. Glücklicherweise sind die verlorenen Informationen zusätzlich im Dienstbüchlein eingetragen. Deshalb werden momentan 27’000 Personen schriftlich aufgefordert, ihr Dienstbüchlein einzuschicken, damit die Armee überprüfen kann, wer noch eine Waffe zuhause im Schrank stehen hat, die eingezogen werden sollte.

Doch die folgende Geschichte zeigt, dass das VBS auch hier nicht sorgfältig arbeitet. Die Armee nimmt die Situation nicht ernst genug und versucht nur vordergründig, die verlorenen Informationen wiederzuerlangen.

«Einfach als OK markieren»
So berichtet ein ehemaliger Angehöriger der Armee, dass er einen dieser 27’000 Briefe mit der Aufforderung erhielt, doch bitte sein Dienstbüchlein einzuschicken. Der Betroffene befand sich zu diesem Zeitpunkt aber für längere Zeit im Ausland, weshalb der Brief seine Mutter erreichte. Diese rief pflichtbewusst sofort den zuständigen Sachbearbeiter an und erklärte ihm, dass ihr Sohn sich mit seinem Dienstbüchlein im Ausland befinde.

Da wusste der Sachbearbeiter dann auch nicht mehr so recht weiter. Was macht man nur, wenn jemand im Ausland ist? Wahrscheinlich hat er für einen solchen Fall keine Anweisungen erhalten, und ohne Anweisung einen Brief ins Ausland zu schicken oder die Mutter um eine Telefonnummer oder sonstige Kontaktdaten ihres Sohnes zu bitten, wäre etwas gar viel Engagement für einen Beamten im VBS. Vielleicht wäre die Mutter ja sogar bereit gewesen, ihren Sohn selbst anzurufen und zu fragen, ob er sein Dienstbüchlein nicht vielleicht einschicken könnte?

Aber eben, dies wäre anscheinend alles zu viel verlangt. Stattdessen meinte der freundliche Sachbearbeiter zur Mutter, sie solle sich keine Sorgen machen. Er könne ihren Sohn im System einfach als OK markieren. Damit habe sich für sie dann alles erledigt, das sei doch das Einfachste.

Wenn das VBS eine Bank wäre
Stellen wir uns vor, ein anderes Unternehmen würde ähnlich vorgehen. Nehmen wir zum Beispiel an, eine Bank würde 27’000 Datensätze über KundInnen verlieren. Die Bank wüsste von diesen 27’000 KundInnen nicht mehr mit Sicherheit, wer welchen Kredit aufgenommen hat und wer wie viel Geld auf dem Konto hat. Und das, weil sie beim Abschreiben von handgeschriebenen Karteikarten Daten nicht übertragen hat. Die Bevölkerung würde hysterisch werden. Die Bank wäre mit Sicherheit ruiniert.

Stellen wir uns weiter vor, die Bank würde versuchen, das Ganze zu vertuschen, und die KundInnen würden aufgefordert ihre Unterlagen über ihre Bankbeziehungen einzuschicken. Nun gäbe es aber einen Kunden, der gerade nicht erreichbar wäre. Der Bankangestellte würde die Sache wohl kaum auf sich beruhen lassen. Er würde alle Hebel in Bewegung setzen, um diesen Kunden zu erreichen, weil jede gewonnene Information von unschätzbarem Wert für die Bank wäre.

Man könnte einwenden, das sei ja nicht das Gleiche, es gehe schliesslich nicht um Geld. Ja genau, es geht nicht um Geld. Viel schlimmer – es geht um Waffen.

Wer weiss denn jetzt, ob der besagte ehemalige Angehörige der Armee, seine Waffe ordnungsgemäss abgegeben hat? Eine seriöse Prüfung sieht auf alle Fälle anders aus. Schon dass bei der Übertragung und Zusammenführung von Daten 27’000 Datensätze verloren gingen, ist ein Skandal. Dass dann aber wenigstens diese wichtigen Informationen seriös wiederhergestellt werden, sollte selbstverständlich sein. Schliesslich geht es hier nicht um Kleinigkeiten, es geht um Waffen – um Waffen, die zu Tatwaffen werden können.

 

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