Bewaffnete Spionageflugzeuge?

Als zivil deklarierte PC-12-Flugzeuge von Pilatus wurden in den USA aufgerüstet und sind aktuell als Spionageflugzeuge im Einsatz. Wenn wir geleakten CIA-Dokumenten Glauben schenken sogar bewaffnet.

Unter dem Namen U-28 ist der Flugzeugtyp bei amerikanischen Sondereinheiten in grossen Teilen Afrikas und über dem Yemen und war davor in Afghanistan und Irak im Einsatz. Soweit so unscheinbar. Flugzeuge diesen Typs sind ein Exportschlager und in vielen Ländern der Welt für zivile Zwecke im Einsatz. In den USA wurden jedoch über zwei Dutzend Exemplare umgebaut und vollgestopft mit militärischer Nachrichtentechnik, die der Ortung und Verfolgung von Kommunikationssignalen dient. Erstes Licht auf die Aktivitäten der Flugzeuge warf der Absturz einer U-28 im Jahre 2012 in Djibouti, wo sechs der Flugzeuge stationiert sind. Alle Besatzungsmitglieder kamen ums Leben und verwundert nahm die Öffentlichkeit wahr, dass sie alle Mitglieder amerikanischer Sondereinheiten waren. Der investigative Journalist Jeremy Scahill beschreibt in seinem Buch The Assassination Complex die Verwendung von Positionsdaten von Mobiltelefonen sowie hochauflösender Kameras zur Verfolgung von Personen und den anschliessenden Einsatz von bewaffneten Drohnen zur aussergerichtlichen Ermordung von Menschen, die von den USA des Terrorismus verdächtigt werden. Ohne Gerichtsprozess und Urteil verhängen die USA die Todesstrafe, bombardieren in Ländern, mit denen sie nicht im Kriegszustand sind und töten dabei auch ZivilistInnen. So sind gemäss Schätzungen des Bureau of Investigative Journalism beispielsweise seit Beginn des Drohnenkrieges allein in Pakistan seit 2004 zwischen 424 und 969 ZivilistInnen getötet worden. Das ganze Ausmass dieses Krieges ohne Kriegserklärung und Kriegsrecht ist schwer abzuschätzen. Dass ein solches Vorgehen das Völkerrecht mit Füssen tritt, ist klar. Dass Flugzeuge aus der Schweiz dabei an vorderster Front im Einsatz sind, zeigt die Ignoranz der Behörden und der Regierung gegenüber diesem Verbrechen. Seit dem Beginn der kopflosen westlichen Strategie der militärischen Gewalt, die mit dem Angriff auf Afghanistan 2001 begann, geht der Krieg in unterschiedlicher Intensität weiter – und hat sich vor allem auch durch die Invasion des Irak, angeführt durch die USA und Grossbritannien, in ungeahntem Masse ausgebreitet. Von einer Stabilisierung der Situation und einem Frieden scheint Afghanistan wie ein Grossteil des Nahen Ostens immer noch weit entfernt.

Alltägliche Spionage oder Lizenz zum Töten?

Im Herbst 2016 veröffentlichte das amerikanischen Nachrichtenportal The Intercept zwei Foliensätze über das geheime Drohnenprogramm der CIA. In den «small footprint operations» getitelten Dokumenten spielten auch die U-28 eine zentrale Rolle. Sie sind die entscheidenden Plattformen, die der Informationsgewinnung dienen, welche Drohnenangriffe überhaupt erst ermöglichen. Doch noch mehr verbirgt sich in den Folien vom Februar 2013: Auf Seite 39 findet sich eine Übersicht der eingesetzten Flugzeuge und Drohnen. Hier wird die U-28 neben den bekannten Killerdrohnen MQ-1 Reaper und MQ-9 Predator als «armed for operations» bezeichnet wird, also als bewaffnet für den Einsatz. Wie eine solche Bewaffnung im Detail aussieht, bleibt leider unklar. Die zivile PC-12 besitzt keine Hardpoints unter den Tragflächen, die das externe Mitführen von Waffen erlauben würden. Fakt ist, dass die von Reaper wie Predator eingesetzten Hellfire-Raketen nur knapp 50 Kilo wiegen, was die U-28 problemlos mittragen kann. Es wäre wünschenswert, wenn weitere Informationen verfügbar wären – aber bei der Geheimhaltung der CIA dürfen wir wohl einige Jahrzehnte abwarten oder auf ein nächstes Leak hoffen.

Eine politische Frage

Doch schon ohne eine Bestätigung der Bewaffnung ist die Verwendung dieser Flugzeuge ein Skandal, ebenso wie das Verhalten des Schweizer Staats dabei. 2013 bestellte das amerikanische Verteidigungsdepartement in Stans 18 PC-12 für die afghanische Armee zur gleichen Verwendung wie die U-28. Gemäss einem Artikel im amerikanischen Military Review vom Mai 2017 lenken sie die Luftangriffe von Erdkampfflugzeugen und weisen diesen ihre Angriffsziele zu. Bundesrat und Seco machen es sich leicht, wenn sie sagen, dass lediglich die zivile Version der PC-12 exportiert werde. Im Fall des Exportes solcher Güter an Armeen anderer Länder sind diese einer Bewilligungspflicht unterstellt – mindestens dem Güterkontrollgesetz als besondere militärische Güter oder gar dem Kriegsmaterialgesetz. Der Schweizer Staat kann nicht leugnen, sich wissentlich an der Ausrüstung einer Militärmacht zu beteiligen, die sich weder um Menschenrechte noch um das Völkerrecht schert. Mit der Lieferung eines Flugzeuges, das als zentrales Element der militärischen Kette Informationen sammelt, Angriffsziele definiert – und vielleicht sogar Waffen einsetzt.