Bomben für den Gripen

Zusammen mit den neuen Kampfflugzeugen bestellt das VBS auch Lenkbomben der neusten Generation. Die Hightech-Munition zur Bombardierung von Bodenzielen wird fast 100 Millionen Franken kosten.

Der Gripen-Deal umfasst nicht nur die Lieferung von Kampfjets. Zusätzlich zu den schwedischen Flugzeugen will das VBS auch eine neue Generation von Luft-Boden-Munition kaufen. Sowohl lasergestützte wie auch GPS-gesteuerte Bomben stehen auf der Einkaufsliste der Armee. Kostenpunkt für die Munition und die dazugehörige Ausrüstung: Knapp 100 Millionen Franken.

Während des Krieges gegen Saddam Hussein pries die Bush-Regierung diese Waffen immer wieder als «präzisionsgelenkte Smart Bombs» für die «chirurgische Kriegsführung» an. In Tat und Wahrheit forderten solche Bomben Tausende Opfer unter der Zivilbevölkerung, weil die lasergestützten Bomben bei schlechtem Wetter ihr Ziel verfehlten und die irakische Armee die GPS-Signale störte. Man will sich nicht vorstellen, was passieren würde, sollte die Armee solche Munition im hypothetischen Ernstfall in dicht bevölkertem Gebiet einsetzen.

Der Einsatz der Lenkbomben ist so riskant, dass die Luftwaffe ihn innerhalb der Schweiz nicht trainieren kann. Stattdessen hat die schwedische Regierung angeboten, der Schweizer Armee Waffenplätze in Schweden für Übungen zur Verfügung zu stellen.

Einsatzszenario: unbekannt
Wie stellt sich die Armee den Einsatz solcher Lenkwaffen vor? Immerhin war die Kampfkraft gegen Ziele am Boden bei der Auswahl der neuen Jets eines der drei zentralen Kriterien. Wenn man beim VBS nachfragt, erhält man zur Antwort: «Hinter der Beschaffung von Luft-Boden-Munition stehen keine konkreten Szenarien.» Es gehe ganz grundsätzlich um den Wiederaufbau der Befähigung zur «indirekten und direkten Unterstützung der Bodentruppen aus der Luft zur Abwehr eines militärischen Angriffs». Mit anderen Worten: Das VBS gibt Dutzende Millionen für neue Bomben aus, ohne ein halbwegs plausibles Bedrohungsszenario als Begründung nennen zu können. Der Einmarsch einer fremden Armee in die Schweiz ist ein Szenario, das mittlerweile sogar das Militär auf absehbare Zeit als gänzlich unrealistisch betrachtet.

Warum will das VBS trotzdem solche Waffen kaufen? Die Erklärung hat wohl mehr mit Psychologie und militärischem Statusdenken zu tun, als mit sicherheitspolitischen Überlegungen.

Die Schweizer Luftwaffe hat 1994 mit der Ausmusterung der Hawker Hunter die «Erdkampffähigkeit» verloren. Die F/A-18- und Tiger-Jets, welche die Armee momentan besitzt, sind nicht dafür ausgestattet, Ziele am Boden zu attackieren. Beide Kampfjets sind nur für die Luftraumverteidigung ausgerüstet, das heisst für den Kampf gegen andere Flugzeuge.

Der gekränkte Stolz der Luftwaffe
Der Verzicht auf die Erdkampffähigkeit hat während Jahren am Stolz vieler Kampfpiloten genagt. Seit der Einmottung des Hunters ist die Artillerie die einzige Truppengattung, welche die Fähigkeit zum «operativen Feuer» besitzt – eine Demütigung für die Luftwaffe. Es gibt Stimmen, die vermuten, dass der Anstoss zum Kauf neuer Kampfjets vor allem aus dem Bedürfnis der Luftwaffe heraus entstand, diese Schmach in der innermilitärischen Rivalität rückgängig zu machen.

Kaum jemand bezweifelt, dass die Schweiz mit den F/A-18 über mehr als genügend Flugzeuge verfügt, um ihren Luftraum zu kontrollieren. Aus militärischer Sicht ist die wiedererlangte Erdkampffähigkeit deshalb das einzige Argument für neue Kampfjets. Ob jedoch das Parlament und schlussendlich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gewillt sein werden, Millionen auszugeben, um den Stolz einiger Luftwaffen-Offiziere zu befriedigen, darf bezweifelt werden.

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