Brasilienpläne gestrichen

Skandalös waren die Pläne der bundeseigen Ruag: Kurz vor Weihnachten 2017 wurde bekannt, dass die Rüstungsschmiede in Brasilien eine Munitionsfabrik bauen will. Jetzt krebst sie zurück.

190 Menschen werden in Brasilien laut der NGO «Small Arms Survey» täglich ermordet. Das organisierte Verbrechen ist bis in die höchsten Ränge mit dem staatlichen Sicherheitsapparat verfilzt. Nicht selten werden bei Tötungsdelikten Kugeln aus Polizeibeständen gefunden. Und genau diese Sicherheitskräfte hätten in Zukunft mit Munition «Made in Brasil» von der Ruag Division Ammotec beliefert werden sollen. Marielle Franco, die linke Stadträtin aus Rio de Janeiro, wurde mit vier Kugeln aus den Beständen dieser Behörden erschossen – abgefeuert mit einer deutschen Maschinenpistole von Heckler & Koch. Dass die Ruag auch im Fall Brasilien ihre konzernweite Null-Toleranz-Policy gegenüber Korruption unterstreicht, ist schlicht und einfach absurd.

Zivilgesellschaft appelliert an Bundesrat
Im April forderten die GSoA und 15 weitere Organisationen unter der Federführung des Solifonds den Bundesrat dazu auf, die Ruag-Brasilienpläne ad acta zu legen. Schliesslich reichten in der Sommersession des Nationalrates Priska Seiler-Graf und Angelo Barrile Vorstösse gegen den Bau der Munitionsfabrik ein. Und die Antwort des Bundesrats fällt für einmal nicht so skrupellos wirtschaftsfreundlich aus. Er befürchtet, dass «der Bau einer Anlage für Munitionsfertigung in Brasilien mit Reputationsrisiken für die Ruag und die Schweiz verbunden wäre, weshalb darauf verzichtet werden sollte.» Diese Haltung habe er dem Ruag-Verwaltungsrat bereits mitgeteilt. Die Ruag lässt darauf verlauten, dass sie die Antwort zur Kenntnis genommen habe und Empfehlungen des Bundesrates selbstverständlich akzeptiert würden.

Massenmord an unschuldigen schwarzen Jugendlichen
Vilas Verde Cunha begrüsst diesen Entscheid. Er ist Leiter eines Projekts zur Gewaltprävention im brasilianischen Bundesstaat Bahia, das durch terre des hommes Schweiz finanziert wird. «Es gibt zwar eine Gesetzgebung zur Regulierung des Waffengebrauchs, doch die Zahlen zeigen eine alarmierende Rate an Morden durch Schusswaffen.» Es sei üblich, dass Waffen von der Polizei und dem Militär in den Drogenkartellen landeten und auch, «dass Gruppen von Polizisten und Ex-Polizisten ganze Territorien der grossen Städte in ihrer Gewalt halten.» Besonders betroffen von der eskalierenden Gewalt sind junge, schwarze Männer. «Um den Massenmorden an schwarzen Jugendlichen Einhalt zu gebieten, fordern wir die Entmilitarisierung der Polizei, denn sie ist mit ihren militärischen Methoden hauptverantwortlich an diesem Massaker», so Cunha. Er appelliert auch an die internationale Gemeinschaft: «Es ist sehr wichtig, dass Druck auf Brasilien ausgeübt wird, damit für die öffentliche Sicherheit national neue Leitlinien ausgearbeitet werden – gerade in Bezug auf Schusswaffen.» Cunha fordert zudem, dass der Verbleib und Gebrauch von Waffen der staatlichen Sicherheitsorgane untersucht und besser kontrolliert wird.

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