Breite Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer

Ende Juni hat der Bundesrat kommuniziert, dass er die Kriegsmaterialverordnung (KMV) dahingehend anpassen will, dass neu Waffen auch in Bürgerkriegsländer exportiert werden können. Eine breite Allianz mit Unterstützung aus Kirchen und dem bürgerlichen Lager wehrt sich dagegen.

Man stelle sich vor, dass ein x-beliebiger Lobbyverein einen Brief schreiben kann und der Bundesrat nur aufgrund dieses Briefes gleich selbst die gesetzlichen Grundlagen im Sinne des Lobbyvereins anpasst. Eigentlich denkt man: Das ist Politik, wie sie in einer Bananenrepublik stattfindet. Doch wenn es sich bei diesem Lobbyverein um die Schweizer Rüstungsindustrie handelt, dann heisst diese Bananenrepublik Schweiz. Ende 2017 hatte sich die Rüstungsindustrie in einem Brief an die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates (SIK-S) gewendet. Man wolle gerne Waffen in Bürgerkriegsländer exportieren, hiess es. Die Öffentlichkeit war empört, doch die SIK-S lud sogleich die zuständigen Departemente in ihre Sitzung ein. Diese sagten daraufhin den StänderätInnen, dass sie die entsprechende Verordnung anpassen werden. Eine demokratische Abstimmung im Parlament – nicht einmal eine Abstimmung in der Kommission – war anscheinend nicht nötig. Die humanitäre Tradition der Schweiz war keinen Pfifferling wert. Während Didier Burkhalter als FDP-Bundesrat noch regelmässig mit der SP und der CVP-Vertreterin zusammen gegen gewisse Rüstungsexporte stimmte, kippten mit der Neubesetzung in der Person von Ignazio Cassis die Mehrheitsverhältnisse.
Ende Juni fiel dann der definitive Entscheid, die Kriegsmaterialverordnung anzupassen und neu Waffenexporte in Bürgerkriegsländer zu erlauben.
Nach diesem Entscheid gingen die Wogen hoch: 150 PfarrerInnen aus dem Kanton Zürich wandten sich an den Bundesrat, die Organisation Caritas veröffentlichte einen Blogeintrag mit dem Titel «Bundesrat überschreitet rote Linie» und selbst SVP-Nationalrätin Nathalie Rickli hatte im Vornherein das Vorhaben des Bundesrates kritisiert. Dies waren nur einige Beispiele, um den Widerstand gegen diesen menschenverachtenden Entscheid zu illustrieren. Während den Sommermonaten entstand daraufhin eine unabhängige Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer, welcher auch die GSoA angehört. Mitte September trat diese an die Öffentlichkeit – mit Unterstützung von BDP-Präsident Martin Landolt, GLP-Nationalrat Beat Flach, SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, Grünen-Nationalrätin Lisa Mazzone und Helvetas-Präsidentin Therese Frösch. Unterstützung erhielt die Allianz von Hilfswerken wie Amnesty Schweiz, SWISS AID oder Public Eye und aus kirchlichen Kreisen. An der Pressekonferenz am 10. September war die Botschaft unmissverständlich: Wir zeigen dem Bundesrat die
rote Karte! Die Allianz forderte den Bundesrat auf, den inakzeptablen Entscheid rückgängig zu machen. Gleichzeitig soll im Parlament eine Mehrheit gesucht werden, die sich gegen den bundesrätlichen Fehlentscheid zur Wehr setzt. Zu guter Letzt wurde ein Aufruf lanciert, um 25’000 Personen zu finden, welche bereit wären, für eine allfällige Volksinitiative gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer mindestens vier Unterschriften zu sammeln. Auf der Website www.korrektur-initiaitive.wecollect.ch können Sie diesen Aufruf unterstützen.
Anfang September berichtete die Zeitung «SonntagsBlick» über Ruag-Handgranaten beim IS in Syrien. Dieses traurige Beispiel zeigt, wie schon heutzutage Schweizer Waffen in den falschen Händen landen und dazu beitragen, dass weitere Menschen im Krieg leben müssen und in die Flucht getrieben werden. Schon heute bewilligt hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gewisse Waffenexporte in Länder, welche an Bürgerkriegen beteiligt sind, zwar schon bewilligt. Dies geschah aber bis zum heutigen Tag auf einer illegalen Basis, wie beispielsweise auch 70 RechtsprofessorInnen in einem offenen Brief an den Bundesrat vor einigen Jahren bestätigt haben. Sollte nun die geplante Verordnungsänderung
des Bundesrates, Waffen in Länder liefern zu können, welche an einem internen Konflikt beteiligt sind, durchkommen, werden diese menschenverachtenden Entscheidungen juristisch legitimiert. Zudem ist anzunehmen, dass die Exporte in Krisenregionen zunehmen würden. Um diese Entwicklung aufzuhalten, ist die politisch breit getragene Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer umso wichtiger und verdient die vollumfängliche Unterstützung der GSoA.