Bundesrat spart am Volk vorbei

Eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung möchte bei der Armee sparen. Die neue «volksnahe» Regierung scheint’s aber nicht zu wissen.

Mit rigorosen Sparforderungen und dem Versprechen, den Staat nach unnötigen Ausgaben zu durchforsten haben Anfangs Jahr zwei neue Bundesräte ihre Arbeit aufgenommen. Unnötige Aufgaben? Da stellt sich mal die Frage, wofür denn die Schweiz 2002 4’789’411’000 Franken für Landesverteidigung ausgegeben hat. Und das sind noch lange nicht die gesamten Kosten. Das Departement Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport hat in einer Studie im Jahr 2000 selber berechnet: Für die Landesverteidigung gibt der Bund zusätzlich rund eine Milliarde aus, die in anderen Sachgruppen der Finanzrechnung auftauchen (Versicherungen, besondere Rentenleisteunen…), zusätzlich kostet die Landesverteidigung die Gemeinden und Kantone rund 400 Millionen Franken, weitere rund 2,5 Milliarden betragen die extrabudgetären Kosten der Landesverteidigung. Insgesamt schlagt die Landesverteidigung volkswirtschaftlich betrachtet auch 2002 mit gegen 9 Milliarden Franken zu Buche.

Über 100 Milliarden seit 1989

Seit dem Ende des Kalten Krieges wurden über 100 Milliarden für die Landesverteidigung aufgewendet. Und wer bitte, wurde für diese über 100 Milliarden Franken gegen wen verteidigt? Soviel zum Thema unnötige Ausgaben. Wenn die bürgerlichen Finanzpolitiker mit aller Akribie im Sozial- und Umweltbereich nach Splittern von reduzierbaren Ausgaben suchen, bleibt zu hoffen, dass die den Landesverteidigungsbalken nicht übersehen. Zugegeben, bei der Landesverteidigung wurden in den letzten zehn Jahren erhebliche Einsparungen erzielt. Weil die Armee billiger geworden ist, ist sie nicht automatisch sinnvoller geworden. Denn niemand würde heute verlangen, dass der Bund weiterhin eine Kavallerie unterhalten muss, nur weil er früher dafür Unsummen ausgeben hat. Darum: Nur zu beim durchforsten von unnötigen Landesverteidigungsausgaben, die Herren Merz und Blocher.

57% der Bevölkerung für Sparkurs

Bei weitem nicht nur Pazifisten und Armeegegner denken, die Armee verschlinge zu viele Mittel. Laut einer Umfrage des Beobachters 17/2003 würden 57.4% der SchweizerInnen den Rotstift bei der Landesverteidigung ansetzen. Damit liegt die Armee mit grossem Abstand an der Spitze der Bundesaufgaben, bei welchen Schweizer BürgerInnen sparen möchten. Erst mit einigem Abstand folgt der Bereich Strassenbau (37.1%).

Erstaunlicherweise würden auch bürgerliche Wähler gerne bei der Armee die Kosten weiter reduzieren. So würden sowohl CVP- als auch FDP-Wähler an erster Stelle bei der Landesverteidigung streichen. WählerInnen der SVP wollen in erster Linie den Ausgaben im Asylbereich an den Kragen, bereits als zweite Priorität folgen aber auch bei der SVP-Parteibasis die Armeeausgaben ihres halben Bundesrates. Offensichtlich haben in dieser Frage die bürgerlichen Parteispitzen den Kontakt mit ihrem Wahlvolk verloren. Doch wenn die bürgerliche Mehrheit im Bundesrat und Parlament sich weiterhin über den Willen einer Mehrheit der StimmbürgerInnen hinwegsetzt und sogar – wie angekündigt – die Rüstungsausgaben wieder markant erhöhen will, dann wird die Bevölkerung der selbstdeklariert «volksnahen» Regierung wohl zeigen müssen, was unnötige Ausgaben sind.

, ,