Bundesrätliche Flucht nach vorn

Die bundesrätliche Pfui-Blocher-Kampagne zum Militärgesetz hatte ein Hauptziel: die Linken davon abzubringen, Nein zu stimmen. Dass die Rechnung knapp aufgegangen ist, macht die Sache nicht besser

Wenn jemandem die inhaltlichen Argumente ausgehen, pflegt er auf die formelle Ebene umzusteigen. Hier liegt die Erklärung für die bundesrätliche «Anstands»-Kampagne gegen das Nein zum Militärgesetz. Die Behauptung, es ginge bloss um den Selbstschutz, hatte an Glaubwürdigkeit verloren. Die wirkliche Frage, die Annäherung an die Nato, war immer mehr ins Zentrum gerückt. Angesichts dieser inhaltlichen Probleme entschied sich die Landesregierung für eine Flucht nach vorne und rückte die Stilfrage sowie die SVP in den Mittelpunkt. Das Hauptziel bestand darin, das linke Nein aus der politischen Diskussion zu verdrängen. Indem Bundespräsident Moritz Leuenberger das Postulat eines «anständigen Dialogs » mit dem Ja verknüpfte, tat er so, als ob kein anständiger Mensch mehr Nein stimmen konnte. Damit stellte er vor allem die Legitimität eines linken Nein in Frage.

Gezielte Aufgeregtheit Weite Teile der SVP- und AUNS-Propaganda waren tatsächlich «grusig». Aber warum kam der Protest des Bundesrates gegen Werbemittel, die seit Mitte März öffentlich waren, erst zehn Tage vor der Abstimmung? Warum hat er gegen die Inserate «Ungenügende Ausbildung kostet im Ernstfall Blut – Schweizer Blut» des Ja-Komitees «Freiheit und Verantwortung» nicht gleichfalls protestiert? Nicht irgendwelche Inserate haben den Bundesrat zur Flucht nach vorn bewogen. Es war eine Arena-Sendung, in der das linke Nein viel überzeugender erschien als das linke Ja. Und es waren Umfragen, die zeigten, dass der Ja-Anteil vor allem in der Linken am Erodieren war.

Früher hatte der Gesamtbundesrat zu der schlimmen Kampagne gegen die «Kosovo-Albaner» geschwiegen. Und jetzt protestierte er gegen Inserate, welche hohe Offiziere grobschlächtig darstellten. Gezielte Unsachlichkeit und RespektIch habe schon einige Abstimmungskämpfe um die Armee-Frage erlebt. Gemeinsam mit dem Bundesrat pflegten uns die Militärs alles andere als zimperlich anzufassen. Ein immer wieder gemachter Vorwurf lautete: «Landesverräter ». GSoA-Mitglieder erhielten Kugeln, Totenkopfkarten und anonyme Anrufe wie «Hau doch endlich ab aus der Schweiz!». Noch letztes Jahr wurde die Halbierungs-Initiative auch von Bundesräten völlig unsachlich als «Abschaffung in Raten» hingestellt. Gegen die F/A-18-Initiative wurde – auch von der Regierung – gefochten, wie wenn das †berleben der Schweiz auf dem Spiele stände. In diesen Reigen passen auch die Diamantfeiern gegen die GSoA-Initiative 1989. Als einziges europäisches Land nahm die kriegsverschonte Schweiz den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zum Anlass für eine Feier, mit dem Ziel, die älteren Generationen für ein Nein zu mobilisieren und instrumentalisieren.Was für eine Respektlosigkeit gegenüber den Opfern des Krieges!

Der Bundesrat wäre glaubwürdiger gewesen, hätte er bereits letzten Herbst während der Energie-Abstimmungen gegen die Steuer-Lüge der Wirtschaftsförderung protestiert. Auch die Frage der Finanzierung von Abstimmungskampagnen hat sich damals schon gestellt. Diese ist aus Gründen der demokratischen Transparenz offen zu legen, GrosspenderInnen sind öffentlich bekannt zu machen. Dieser Grundsatz ist unteilbar. Es ist schade, dass das linke Ja mit der tagelangen Weigerung, das politische Sponsoring der UBS offen zu legen, die Glaubwürdigkeit dieses wichtigen Anliegens geschwächt hat.

# von Hanspeter Uster, Regierungsrat, Baar

Joint Venture im Zischtigs-Club

Im Zischtigs-Club vom 12. Juni, in dem es um den Stil in Abstimmungskampagnen ging, vertrat Hanspeter Uster das linke Nein-Komitee. Seine Hauptkritik war: Die moralische Intervention des Bundesrats war taktisch motiviert. Doch eine «taktische Moral», die gebe es nicht.VBS-Vertreter Oswald Sigg warf der GSoA eine «joint venture» mit der AUNS vor. Uster stellt klar: «Zwischen der AUNS und dem linken Nein hat es keine Zusammenarbeit gegeben.Von der AUNS ist kein Rappen zu uns geflossen.Aber «joint venture » ist eine gute Bezeichnung für die Spende der UBS zugunsten des linken Ja.» Sigg wandte ein: «Die Spendenkampagne der SPS brachte nur gut 5000 Franken ein.» «Da sieht man, wie gut das Ja in der SP verankert war»,war Usters Fazit. Interessant war auch, wie vor allem durch die CVP-Vizepräsidentin die «differenzierte Argumentationsweise» des linken Nein-Komitees betont wurde. Schlecht weg kamen nicht nur der Bundesrat und das linke Ja, sondern auch das rechte Nein. Der Auns-Sekretär Hans Fehr blieb vor allem gegenüber den scharfen Kritiken Usters an die Adresse der AUNS und der SVP ziemlich sprachlos.

# (jl)