«Der Zivildienst droht unsere Milizarmee langsam, aber sicher zu zerstören»

Die MilitärbefürworterInnen in der Armee, der Zeitschrift «Schweizer Soldat» und dem Parlament haben ein Feindbild: den Zivildienst. Er gefährde die Armee in ihrem Innern, nehme ihr Leute weg und produziere nur «Soziales» statt «Sicherheit». Doch nun haben sie «die Bedrohung» erkannt.

«Auf die Gefahr hin, dass wir uns wiederholen, sei hier noch einmal klipp und klar gesagt: Das Gift des Zivildienstes frisst sich unheimlich in unser Wehrwesen hinein. […] Der Zivildienst droht unsere Milizarmee langsam, aber sicher zu zerstören.» schreibt Peter Forster, Chefredaktor des «Schweizer Soldat», im Dezember 2016. Forster scheint noch immer nicht darüber hinweggekommen zu sein, dass die Gewissensprüfung beim Übertritt in den Zivildienst vor beinahe zehn Jahren abgeschafft wurde. Im Editorial des «Schweizer Soldat» vom September dieses Jahres schreibt er: «Das [angebliche Problem bei den Berufsmilitärs] erinnert an den bitteren Winter 2008/2009, als der Politiker Studer auf leisen Sohlen die Gewissensprüfung zum Zivildienst abschaffte.» Doch wie ein echter Soldat gibt Forster natürlich die Hoffnung nicht auf: «Noch ist nichts zu spät. Die Bedrohung ist erkannt.».

 

«Abschleicher»

Doch es sind nicht nur die verkappten Kalten Krieger beim «Schweizer Soldat», die sich im Zivildienst-Bashing üben. Von der obersten Führungsetage der Schweizer Armee klingt es in etwa ähnlich. Philippe Rebord, Chef der Armee, meint jedenfalls, dass der Zivildienst zu attraktiv sei und der Armee die Leute wegnehmen würde. Und auch von Seiten gewisser FDP-Nationalräte werden Zivildienstleistende schlicht als «Abschleicher» bezeichnet. Dass solche Diffamierungen vielen Zivis sauer aufstossen, ist nicht verwunderlich. So hat sich im Verlaufe der medialen Debatte ein Ex-Grenadier gemeldet, der in den Zivildienst «abgeschli – chen» ist. Auf die Frage, weshalb gerade ein Grenadier, der Stolz der Schweizer Armee, in den Zivildienst wechsle, sagte Nicola Leiseder im Juli dieses Jahres der Aargauer Zeitung: «Zu schaffen machte mir das weitverbreitete rechte Gedankengut unter den Grenadieren. Wer auf den Fahrten im Duro nicht bei der National hymne mitsang, wurde aggressiv zurechtgewiesen. » Immer wieder werden Zivildienstleistende, die während der RS in den Zivildienst wechseln, als Ressourcenverschwendung betrachtet. Doch auch da hat Leiseder eine Antwort: «Die Verschwendung [in der Armee] findet bei den nicht kompatiblen ITSystemen oder beim sinnlosen Verballern von Munition statt, aber sicher nicht bei den paar hundert Zivildienstabgängern.» Und schlussendlich stellte Leiseder klar: «Als Zivil diens – tler leiste ich anderthalb mal so viele Diensttage, wie ich es in der Armee noch hätte tun müssen. Wenn mich jetzt jemand als ‹Abschleicher› betitelt, nehme ich das persönlich.»

 

Motion zur Verlängerung des Zivildienstes angenommen

Dieses Zivildienst-Bashing hat sich mittlerweile auch im Parlament durchgesetzt. In der diesjährigen Sommersession hat der Nationalrat eine Motion angenommen, die verlangt, dass sich Armeeabgänger nur noch die Hälfte der geleisteten Diensttage anrechnen lassen dürfen. In der Begründung der Motion sagt FDP-Nationalrat Walter Müller «Wer Militärdienst leistet, der generiert das Produkt Sicherheit. Wer Zivildienst leistet, generiert das Produkt Soziales», geflissentlich ignorierend, dass soziale Sicherheit gleichzeitig Konfliktprävention ist.
Zudem verlangt die grosse Kammer, dass Zivil dienstleistende in Zukunft wie Militärangehörige klar gekennzeichnet werden und sagt somit ja zu einem Uniformzwang. Bereits im März nahm der Nationalrat eine Motion an, um die Vollzugsstelle für den Zivildienst vom Wirtschafts- ins Verteidigungsdepartement zu verschieben. Zu hoffen bleibt nun, dass sich die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates von den kalten Kriegern keinen Sand in die Augen streuen lässt und die entsprechenden Motionen ablehnt. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, prüfen wir sämtliche Schritte bis hin zu einem denkbaren Referendum.