Der Krieg im Vor-Wahlkampf

Viel wurde in letzter Zeit über die Vorwahlen in den USA berichtet. Auch die GSoA-Zitig nimmt sich für einmal dieses Themas an und nimmt die Präsidentschafts-KandidatInnen unter die friedenspolitische Lupe.

Zum Zeitpunkt, an dem diese Zeitung erscheint, ist vielleicht schon entschieden, wer für die beiden grossen Parteien ins Rennen um die amerikanische Präsidentschaft steigen wird. Wir wollen aber trotzdem einen Blick auf diese Wahlen werfen, denn sie sind spannend und es steht viel auf dem Spiel, nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt.

Knapp fünf Jahre sind mittlerweile vergangen seit dem Angriff auf den Irak. Es besteht wenig Hoffnung, dass das Land unter US-Besatzung in absehbarer Zeit zur Ruhe kommen wird. Laut Umfragen halten fast zwei Drittel der Menschen in den Vereinigten Staaten den Krieg inzwischen für einen Fehler. Auch wenn die wirtschaftlichen Probleme vermehrt ins Zentrum der Diskussionen rücken, bleibt der Irak eines der dominanten Themen im Wahlkampf. Dieser Artikel wirft einen friedenspolitischen Blick auf die Position der wichtigsten KandidatInnen.

KandidatInnen der Demokratischen Partei

Hillary Clinton: Zu Beginn unterstützte sie die Kriege der Bush-Administration in Afghanistan und im Irak. Nachdem der Misserfolg immer deutlicher und die öffentliche Opposition gegen den Krieg immer stärker wurde, änderte sie ihre Meinung allmählich, bis sie sich schliesslich im November 2005 erstmals gegen den Irak-Feldzug aussprach. Ihr Wahlprogramm sieht vor, die US-Kampftruppen innerhalb von etwa 18 Monaten aus dem Irak zurückzuziehen. Im Nahost-Konflikt nimmt sie klar Stellung zugunsten von Israel, was es für eine Regierung unter ihrer Führung noch schwerer machen würde, vermittelnd aufzutreten. Sie lehnt direkte Verhandlungen mit dem Iran über sein Atomprogramm ab.

Barack Obama: Im Gegensatz zu seiner schärfsten Konkurrentin hat er sich schon seit 2002 öffentlich gegen den Krieg im Irak gestellt. Dafür verdient er Respekt, zumal diese Position zu jener Zeit selbst in der demokratischen Partei ausgesprochen unpopulär war. Obama ist wohl derjenige Kandidat, welcher der Rolle von internationalen Institutionen wie der UNO, Kyoto und vielleicht sogar dem internationalen Strafgerichtshof am meisten Bedeutung zumisst. Das Konzept von humanitären Interventionen – insbesondere wenn sie unilateral erfolgen – hält er ausdrücklich für falsch. Wie Hillary Clinton plädiert Obama für einen geordneten Rückzug aus dem Irak innerhalb von rund 18 Monaten. Für den Nahen Osten plant er eine umfassende Friedensinitiative, welche auch Syrien und den Iran einbinden soll. Aber auch Barack Obama ist alles andere als ein Pazifist. Er fordert zusätzliche Investitionen in Material und Ausbildung der Streitkräfte. Im Senat hat er für die laufende Finanzierung der Truppen im Irak gestimmt (mit dem Argument, dass man die SoldatInnen nicht im Stich lassen könne, auch wenn die Invasion ein Fehler war). Und wenn es um «vitale Interessen» der USA geht, schliesst auch er Militärschläge nicht aus. So wirft er der Bush-Regierung regelmässig vor, zu wenig aggressiv gegen vermutete Al-Qaida-Hochburgen in Pakistan vorzugehen.

Dennis Kucinich: Er wäre der Kandidat für alle Friedensbewegten. Das Ende der Besetzung des Iraks ist sein Hauptthema. Er fordert einen möglichst raschen Rückzug aus dem Zweistromland, massive Wiederaufbauhilfe und den Verzicht auf alle Pläne, die irakische Ölindustrie zu privatisieren. Die Sicherheit im Irak soll von UNO-Truppen gewährleistet werden, falls dies von den Parteien im Irak gewünscht wird. Er spricht sich für ein weltweites Verbot von Munition aus abgereichertem Uran aus. In den ersten Vorwahlen erreichte er jedoch nur wenige Prozent der Stimmen und wurde seither von den Medien nur noch am Rande erwähnt. Auch seine Erklärung, in den Siebziger Jahren ein UFO gesichtet zu haben, dürfte ihm nicht zu mehr Glaubwürdigkeit verholfen haben.

Kandidaten der Republikanischen Partei

Mitt Romney: Der Kandidat des republikanischen Establishments bezeichnet den radikalen Islam als «Faschismus und Sowjet-Kommunismus des 21. Jahrhunderts». Romneys Pläne sehen vor, dass die jährlichen Militärausgaben mindestens vier Prozent des amerikanischen Bruttosozialprodukts betragen sollen. Er befürwortet den Krieg im Irak, hängt dies jedoch nicht an die grosse Glocke.

John McCain: Der überzeugte Falke kritisierte von Anfang an Bushs Strategie im Irak als zu knauserig und plädierte für eine Erhöhung der amerikanischen Truppenstärke. Während des Vietnam-Krieges wurde McCain in Kriegsgefangenschaft schwer misshandelt. Mit dieser Erfahrung im Hintergrund kritisiert er die zwiespältige Haltung der derzeitigen US-Regierung zum Thema Folter dezidiert.

Mike Huckabee: Allgemein wird ihm wenig aussenpolitisches Wissen oder Interesse attestiert. Angesprochen auf einen Zwischenfall zwischen Schiffen der US-Marine und iranischen Patrouillenbooten im persischen Golf, meinte der ehemalige Baptisten-Prediger Huckabee in einer Fernsehdebatte: Die Iraner sollten sich vorbereiten «to see the gates of Hell», die Pforte zur Hölle zu sehen. Wie McCain kritisiert er die Pläne der Bush-Regierung für den Irakkrieg als zu schmalbrüstig.

Ron Paul: Die Ansichten des proto-libertären Ron Paul fallen ein wenig aus dem republikanischen Rahmen. Seine Ideen, welche bisweilen als wirtschaftsliberaler Anarchismus bezeichnet wurden, stossen vor allem bei jungen WählerInnen auf eine erstaunlich grosse Resonanz. Er kämpft gegen alles, was mit der Regierung zu tun hat, sei es der Sozialstaat, die öffentliche Gesundheitsversorgung oder Entwicklungshilfe. Als einziger republikanischer Kandidat stellt er sich konsequenterweise aber auch klar gegen den Krieg im Irak und plädiert für eine radikale Verkleinerung der US-Streitkräfte. Interessanterweise hat auch er viele UFO-Fans in seiner Anhängerschaft.


* Der Autor dieses Artikels wohnt derzeit in den USA. Als freiwilliger Helfer für die Kampagne von Barack Obama ist er in New Hampshire während einigen Tagen von Tür zu Tür gelaufen und hat am Strassenrand Fähnchen geschwenkt.

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