Die Gleichheit vor dem Gesetz beerdigen?

Am 28. November stimmen wir über die Ausschaffungsinitiative der SVP ab. Sie passt erschreckend gut in unsere Zeit.

Es weht ein kalter Wind in Europa. Sarkozy arbeitet an der «systematischen Evakuierung» der Roma und erhält dafür Applaus von Berlusconi. In Schweden werden Rechtsextreme ins Parlament gewählt, die den Holocaust leugnen und offen Verbindungen zu Neonazi-Schlägern pflegen. Ganz Deutschland diskutiert über die «Thesen» von Thilo Sarrazin. Und auch in der Schweiz wird nach Kräften Fremdenhass geschürt.
Der Begriff «Asyl» tritt fast nur noch in Verbindung mit «Missbrauch» in Erscheinung. Und JournalistInnen, die ein Textprogramm mit automatischer Vervollständigung verwenden, wird bei Eingabe des Worts «Ausländer» gleich der Zusatz «-Kriminalität» vorgeschlagen.
Am 28. November schreitet die Schweiz zur Abstimmung: Auf das Minarett-Verbot soll nun die Sonderjustiz für AusländerInnen folgen. Wen interessiert schon, dass viele der Betroffenen in der Schweiz aufgewachsen sind, hier sozialisiert wurden? Wen stört schon die Tatsache, dass mit straffälligen AusländerInnen auch Familienangehörige abgeschoben werden sollen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen? Und vor allem: Wem fällt schon auf, dass die Initiative letztlich nichts als ein billiger Versuch ist, die Verknüpfung der Begriffe «Ausländer» und «Kriminalität» in den Köpfen festzusetzen?

Kriegsdienstverweigerung kein Asylgrund mehr
Mit einem Ja zur Ausschaffungsinitiative der SVP können die Schweizer StimmbürgerInnen wieder einmal zeigen, dass sie gegen diese Ausländer sind, diese Kriminellen. Mit einem Ja zum Gegenvorschlag können sie zeigen, dass Sie zwar ebenfalls gegen Ausländer sind, aber gleichzeitig unglaublich vernünftig und völkerrechtskonform und natürlich überhaupt nicht rassistisch.
Was die fremdenfeindliche Politik so attraktiv macht, ist eine Mischung aus Angst vor der Zukunft und Lust, die eigene Machtlosigkeit vergessen zu machen, indem man auf die eindrischt, die noch weniger Macht haben. Und weil dieses Rezept so erfolgreich ist, folgt auf die Sonderjustiz für AusländerInnen mit der Teilrevision des Asyl- und Ausländergesetzes gleich der nächste Streich.
Zentrale Bestandteile des Gesetzesentwurfs, den der Bundesrat bereits im Mai vorgelegt hat: Kriegsdienstverweigerung soll kein Asylgrund mehr sein – eher würden wir also in Eritrea einmarschieren, als Eritreer aufzunehmen, die keinen Krieg führen wollen! Und «missbräuchliche politische Betätigung» soll strafbar werden. Im Klartext: Wer in der Schweiz gegen ein autoritäres Regime im Herkunftsland protestiert, wird bestraft, sofern die Gefahr besteht, dass man sie oder ihn als Flüchtling anerkennen müsste. Der Schweizer Staat als verlängerter Arm der iranischen Polizei. Dann aber gute Nacht.

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