Die Katze im Sack kaufen?

Niemand kauft sich ein technisches Gerät, ohne zu wissen, was es denn genau für eines sein soll. Oder gehst Du in den Laden und sagst, ich hätte gerne einen Fernseher für sechshundert Franken, das Modell ist mir egal? Der Bundesrat verlangt aber genau das von der Stimmbevölkerung beim Entscheid über den Kauf neuer Kampfjets für 24 Milliarden Franke

Wieso schlägt der Bundesrat überhaupt ein solches Vorgehen vor? Weil er eben gerade aus der Gripen-Abstimmung 2014 gelernt hat, dass der vorgeschlagene Kampfjet-Typ eine entscheidende Rolle spielt bei einem solchen Kaufentschied. Genau deshalb ist der Entscheid des Bundesrates, über den Kampfjet-Typen erst nach der Abstimmung zu entscheiden, eine bewusste Mogelpackung für die Stimmbevölkerung. Wenn der Bundesrat unbedingt neue Kampfjets beschaffen will, soll er wenigstens sagen, welche Kampfflugzeuge und wie viele davon. Alles andere ist undemokratisch.

Wichtige Unterschiede

Es ist entscheidend, von welchen Ländern die Schweiz sich mit einem solchen Kampfjetkauf abhängig macht. Waffen und Ersatzteile können nicht in der Schweiz produziert werden, müssen also immer aus dem Herstellerland importiert werden. Und da macht es vielleicht doch einen Unterschied, ob man sich von den USA oder den umliegenden europäischen Ländern abhängig macht. Wenn die USA ihren nächsten völkerrechtswidrigen Krieg starten sollten (man erinnere sich an die Irak-Invasion 2003), gibt es vielleicht keinen Nachschub mehr für die Schweiz, weil die Waffen gerade für einen Krieg benötigt werden. Nicht dass sich die umliegenden europäischen Kampfjet-Staaten viel weniger militaristisch-interventionistisch gebärden würden (die Briten waren im Irak ja auch dabei), aber gelegentlich gibt es doch markante Unterschiede (immerhin betreiben die meisten europäischen Staaten keine global agierenden Killerdrohnen, die irgendwo auf der Welt fast tagtäglich ZivilistInnen als «Kollateralschäden» töten). Und immerhin ist so ein Kampfjet-Kaufentscheid auch eine finanzielle Unterstützung für die Verkaufsstaaten und die entsprechenden Rüstungskonzerne sowie ein Werbemittel für deren weitere globalen Rüstungsverkäufe. Da sollten sich die Stimmberechtigen doch konkret dazu äussern dürfen.

Und es wäre ja schon auch schön, wenn die Stimmbevölkerung entscheiden könnte, ob ihre Kampfjetflotte nicht einsatzbereit sein soll, weil: Keine Ersatzteile vorhanden sind und diversen Wartungsproblemen (Eurofighter), ihre Waffensysteme im Einsatz teils nicht richtig funktionieren (Rafale), die Piloten wegen technischer Probleme unter Sauerstoffmangel leiden (F/A-18 Super Hornet) oder ihre Flugzeuge so multifunktional sind, dass sie unter multiplen technischen Problemen leiden, weil sie noch nicht ausgereift sind (F-35). Eine solche Entscheidung darf nicht einfach irgendwelchen Experten überlassen bleiben, denn sie ist höchst relevant für die Sicherheit der Schweiz.

Wer soll entscheiden?

Der Bundesrat möchte den Typen-Entscheid den sogenannten Experten des Bundesamtes für Rüstung (armasuisse) überlassen. Wie unabhängig und weise diese sind, haben sie in der jüngsten Vergangenheit immer wieder bewiesen: Entscheide wie die Duro-Modernisierung (zum eineinhalbfachen Kaufpreis), der Kauf der Elbit Drohnen (mit Dieselmotor statt Benziner, mit zusätzlichen Kosten und Lieferverzögerung), dem Cobra-Minenwerfer der Ruag (der bis heute nicht funktioniert). Das waren keine unabhängigen Entscheidungen, es ging nur um eine Form von Industriesubvention. Es scheint, also ob alles, was Ruag oder Mowag produziert, von der Schweizer Armee gekauft werden muss, ohne Alternative. Was heisst das nun für die Kampfjet-Entscheidung? Jedenfalls, dass sie nicht unabhängig erfolgen wird und das Lobbying hinter den Kulissen auf vollen Touren laufen wird. Auch wenn das VBS mehr Transparenz verspricht, beispielsweise bei den Gegengeschäften, so sollen nicht mal die Geldwerte der einzelnen Gegengeschäfte veröffentlicht werden. Und das «kontrollierende» Offset-Büro besteht einzig aus Vertretern der Rüstungsindustrie und finanziert sich selber über den Wert der angerechneten Gegenschäfte. Transparenz sieht anders aus.

Es gibt nur eine richtige Entscheidung: Die Stimmbevölkerung über alle relevanten Aspekte der Beschaffung entscheiden zu lassen, nicht nur über einen von der Regierung ausgewählten Teilaspekt. Solange das nicht erfüllt ist, kann es eigentlich nur einen angemessenen Entscheid geben: Ein wuchtiges Nein zur Katze im Sack an der Urne.

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