Einmischung notwendig!

Die offizielle Schweiz hat entschieden: Die Schweiz soll der Nato-Partnerschaft für den Frieden beitreten, die Ratifizierung der europäischen Sozialcharta hingegen muss weiter warten. Die soziale Sicherheit wird weiter abgebaut und im Sozialbereich wacker gespart; dafür steckt man das Geld in die Aufrüstung der Armee für den inneren Einsatz. Endlich ist der Zivildienst in der Schweiz eingeführt aber die Zulassungskommission, die über die Zivildienstgesuche entscheidet, führt sich teilweise auf wie die Militärrichter in den 70er und 80er Jahren.
Verkehrte Welt? – Nein, Schweiz 1996.
Wer denkt, die Schweizer Armee sei heute kein Thema mehr, der sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Einverstanden, die Armee ist derzeit im Umbruch. Die sicherheitspolitische Lage hat sich grundsätzlich verändert und die Armee muss ihre Bedrohungsbilder neu zimmern. Für die Renovation des sicherheitspolitischen Auftrages der Schweiz werden auch ganz neue Baustoffe ausprobiert. Fast alles scheint möglich: In einem Manöver wird schon mal gegen Padanien geschossen, ein andermal wird der innere Einsatz gegen eine Arbeitslosenkundgebung geprobt und der stellvertretende Chefredaktor der Allg.Schweiz.Militärzeitschrift fordert mehr Friedensmissionen für Milizoffiziere. Deshalb zu glauben, dass die Armee von alleine merkt, dass sie nicht mehr die richtige Antwort auf die aktuellen sozialen und ökologischen Bedrohungen darstellt, ist mehr als optimistisch. Im Gegenteil versucht die Armee derzeit Sicherheit und Frieden als ein umfassendes militärisches Projekt zu definieren. Und wie wollen wir uns in diese Diskussionen wieder vermehrt einmischen?
An der letzten Vollversammlung hat die GSoA entschieden, zwei Initiativvorschläge – ‹Sicherheit statt Verteidigung› und ‹Solidarität schafft Sicherheit› – in eine Vernehmlassung zu schicken.
In den letzten gut sieben Monaten haben wir an den beiden Initiativvorschlägen intensiv gearbeitet. An einer Vielzahl von Diskussionsveranstaltungen in der ganzen Schweiz ging es zuerst um die aktuelle friedens- und sicherheitspolitische Situation. Dann haben wir aufgrund der Diskussionsveranstaltungen die zwei Initiativvorschläge überarbeitet. An der Vollversammlung vom 24. November wollen wir über den Inhalt der Projekte befinden (S. 3-7). Für die erste Initiative liegt jetzt ein konkreter Text vor. Der Entwurf für die zweite Initiative, die einen freiwilligen Schweizer Friedensdienst fordert, ist überarbeitet worden. Vieles ist klarer geworden, anderes gilt es an der Vollversammlung zu diskutieren, um anschliessend einen konkreten Initiativtext ausarbeiten zu können.
Seit der Vollversammlung im vergangenen März ist vieles gelaufen. Mit den beiden Initiativen nimmt das Handlungsangebot der GSoA Gestalt an. Aber wie gesagt: Es ist ein Handlungsangebot. Das Handeln von vielen Menschen, die bereit sind, die Initiativen gemeinsam zu tragen, können wir nicht herbeiorganisieren. In den letzten Monaten haben sich sicher mehr Menschen als in den vergangenen zwei oder drei Jahren an GSoA-Diskussionen beteiligt. Kontakte zu eingeschlafenen Regionalgruppen wurden wieder geknüpft und eine neue GSoA-Regionalgruppe ist entstanden. Aber um zwei Initiativen zu lancieren und in einer ideenreichen und breiten Sammelkampagne auch zustande zu bringen, reicht’s noch nicht. Nach der GSoA-Vollversammlung vom 24. November gibt es also noch einiges zu tun. Und zwar für uns alle! Gesucht sind Menschen, die bereit sind, sich für eine Schweiz ohne Armee einzusetzen. Die Möglichkeiten für Engagement sind fast grenzenlos: Strassenaktivitäten organisieren, Flugblätter mitschreiben, bei Standaktionen mitmachen, sich an Diskussionen beteiligen, Zeitungsartikel schreiben…
An der übernächsten GSoA-Vollversammlung im März 1997 sollten beide Initiativtexte bereinigt und juristisch überprüft vorliegen. Ebenso wollen wir besser Bescheid wissen, wer bereit ist, sich für die Initiativen zu engagieren. Denn: Bevor eine Abstimmung mit den Händen über die Lancierung von Initiativen stattfindet, wird eine Abstimmung mit den Füssen abgehalten. Also: Wanderschuhe schnüren und an die nächsten GSoA-Veranstaltungen wandern.