Frauen zwischen Krieg und Frieden

Während die Krieg führenden Staaten zwischen 1914 und 1918 ihre Bürger an die Waffe zwangen und in die Schützengräben entsandten, erwarteten sie von den Frauenebenfalls einen gebührenden Einsatz fürs Vaterland, allerdings mehrheitlich an der «Heimatfront». Viele Frauen folgten dieser Weisung. Daneben gab es aber auch viele, die sich gegen den Krieg auflehnten und sich gemeinsam für Frieden einsetzten.

Vor rund hundert Jahren war es für die Frauenfast unmöglich, ihre Meinungen und Forderungen zur weltweiten Aufrüstung und Kriegstreiberei kundzutun. Ihnen fehlte schlicht die politische Stimme. Hinzu kam, dass sie ohnmächtig im «Hinterland» gefangen waren, während ihre Ehemänner, Brüder, Söhne und Väter gegen «den Feind» an der Front ums Überleben kämpften. In dieser Situation war es für die Staaten oftmals ein Leichtes, mit Schlag worten wie Patriotismus und Mitgefühl mit den eigenen Soldaten an die daheim Gebliebenen zu appellieren und sie so zur direkten oderindirekten Unterstützung ihrer Truppen zubewegen. In den meisten Ländern fehlte es an finanziellen Mitteln und Arbeitskräften in Fabriken und im öffentlichen Verkehr, weshalb sich die Frauen immer öfter in die männlichen Berufsdomänen vorwagten und auch Arbeiten in der Waffenindustrie und Militärlogistikübernahmen. Daneben gab es aber auch Frauen, die sich vehement für den weltweiten Frieden einsetzten, ungeachtet der Folgen, die auf sie zukommen konnten. Dabei waren Pazifismus und Internationalismus schon Jahre vor Beginn des Kriegs derart verpönt, dass die Frauen, die sich dafür stark machten, oftmals als Verräterinnen beschimpft und gesellschaftlich isoliert wurden. Dies dürfte einerseits auf den allgemeinerstarkenden Nationalismus zurückgeführt werden, andererseits hängt es sicherlich damit zusammen, dass ein Grossteil der Friedensfrauen gleichzeitig für das umstrittene Frauenstimmrecht einstand.

Auf dem internationalen Parkett
Ihren Auftakt nahm die internationale Vernetzung der Frauen bereits Ende der 1880er Jahre mit der Gründung eines Bündnisses von Frauenorganisationen, welches schon bald mehrere Millionen Mitglieder hatte. Daraus ging 1904 die «International Alliance of Women» (IAW)hervor, die sich viel intensiver mit der Frauenrechtsfrage befasste und zu Beginn des Ersten Weltkriegs aus immerhin 25 nationalen Frauenrechtsgruppierungen bestand. So fiel also der Grosse Krieg in eine Zeit, in der Frauen vieler, vor allem europäischer Länder intensiv für das Frauenstimmrecht kämpften und sich über die Grenzen hinweg zu organisieren begonnen hatten. Für einige Frauen ging dieser gemeinsame Kampf Hand in Hand mit einem erbitterten Widerstand gegen diesen «Krieg der Männer». So schrieb Mary Sheepshanks über den Ersten Weltkrieg: «Men have made this war; let women make peace – a real and lasting peace.» Diese Ansicht teilten aber nicht alle Frauen. Bestimmte Kreise sahen ihre Forderung nach dem Stimmrecht gefährdet, wenn sie Kriegs-Kritik bekundeten. Gerade ihre persönliche Beteiligung am Krieg sollte den Männern zeigen, dass sie des Stimmrechts Wert seien. Diese Gegensätze wurden spätestens dann offensichtlich, als eine Gruppe von Frauen 1915 zu einem Friedenskongress nach Den Haag einluden und einige die Teilnahme an diesem Treffen verweigerten, da es ihnen zu heikel war.

Richtungsweisende Forderungen
An der Konferenz nahmen dennoch fast 1’200Frauen vor allem aus Europa und USA, Kanada, Australien und Neuseeland teil, laut Berichten wären es etliche mehr gewesen, wenn für viele die Beschaffung von Ausreisevisa und die Einreise in Holland nicht verunmöglicht worden wäre. Diejenigen, welche ans Ziel ihrer Reise gelangt waren, fassten dafür einige wegweisende Resolutionen. Beispielsweise verlangten die Frauen eine Kontrolle des Waffenhandels, die Schaffung von Institutionen zur internationalen Friedenssicherung, und von den neutralen Staaten forderten sie, zwischen den Krieg führenden Staaten zu vermitteln. Diese Beschlüsse wurden über Delegierte an die Nationen herangetragen. Ausserdem riefen die Anwesenden das «International Committee of Women for Permanent Peace» ins Leben, das sich auch künftig mit der Friedensfrage beschäftigen sollte. Erst 1919 gelang dann ein erneutes Treffen in Zürich. Daneben gab es aber während des Krieges immer wieder vereinzelte Frauendelegationen, die von Land zu Landreisten, um an Versammlungen von ihren Ideen zu erzählen und die internationale Vernetzung voranzutreiben. Es ist wesentlich, zu erwähnen, dass zu diesen internationalen Treffen im Grunde nur wohlhabende Frauen Zugang hatten. Die Anreise und die dortigen Unterkünfte waren nur für sozial höhere Schichten überhaupt bezahlbar. Dies bedeutet aber nicht, dass es nicht auch unter den Arbeiterinnen Widerstand gegen den Krieg gab. Zudem näherten sich die proletarischen und die bürgerlichen Friedensbewegungen einander während des Ersten Weltkriegs stark an.

Widerstand der Arbeiterinnen
Miserable Arbeitsbedingungen, Hunger, Not, Krankheit und schlechte Wohnbedingungensorgten vielerorts für Unzufriedenheit und schürten die Proteste gegen die Kampfhandlungen, welche diese missliche Lage verursacht hatten. In vielen Ländern kam es zu Unruhen und Strassendemonstrationen, die zu grossen Teilen aus Frauen und Kindern bestanden. Vor allem seit 1915/16 gab es in Österreich und Deutschland immer wieder organisierte und spontane Hungerstreiks und Plünderungen durch Arbeiterinnen. Sie forderten damit aber oftmals nicht nur mehr Nahrung und einen besseren Schutz ihrer Arbeitsrechte, sondern auch das sofortige Kriegsende. Mit diesen Forderungen reihten sich die Arbeiterinnen in den Teil der sozialistischen Bewegung ein, der auch nach dem Zusammenbruch der Zweiten Internationale für den weltweiten Frieden und den Internationalismus einstand. Diese Bewegung trat denn auch dafür ein, dass der Internationale Frauentagwährend des Ersten Weltkriegs stets ein Zeichen gegen den Krieg und den Militarismus setzte und rief die Frauen zu Protesten gegen die Kampfhandlungen auf. Die Fraktionen, die sich für die Kriegskredite ausgesprochen hatten, beschränkten sich währenddessen auf Themen wie Arbeitsbedingungen und das Frauenwahlrecht. Erst im letzten Kriegsjahr 1918 wurde die Forderung nach Frieden zur Hauptlosung der Frauentage fast aller kriegsbeteiligten Staaten.