Ist militärische Zusammenarbeit unpolitisch?

Zwischen der Schweizer Armee sowie der in der Schweiz ansässigen Rüstungsindustrie einerseits und der israelischen Armee und Rüstungsindustrie andererseits gibt es eine intensive Zusammenarbeit. Ist dies mit der Neutralität und einem humanitären Engagement in der Region vereinbar?

Im Jahre 2008 besuchten nicht weniger als 16 Delegationen der Schweizer Armee Israel. Für dieses Jahr sind auch bereits 12 Besuche geplant. Daneben gab es immer wieder Besuche israelischer Armeedelegationen in der Schweiz. Was machen solche Delegationen eigentlich? Es sollen dort nur Erfahrungen über bereits an die Schweiz geliefertes militärisches Material ausgetauscht werden, politische Gespräche fänden nicht statt, lässt das VBS verlauten. Also gibt es ein gemütliches Zusammensitzen unter Militärs und die Schweizer Armee profitiert dadurch von Erfahrungen der israelischen Armee aus Kampfeinsätzen. Oder von so genannten «aussergerichtlichen Hinrichtungen» der israelischen Armee im Gaza-Streifen oder im Libanon, bei denen auch gemeinsam mit der Schweiz entwickelte Aufklärungsdrohnen eingesetzt werden.

Gemeinsame Rüstung

Diese Aufklärungs-Drohnen vom Typ «Ranger » entstanden nach zehnjähriger gemeinsamer Entwicklung zwischen den israelischen Firmen Tadiran und Israeli Aircraft Industries (IAI) auf israelischer Seite sowie Rheinmetall Air Defence (damals noch Oerlikon Contraves) und der bundeseigenen RUAG aus der Schweiz, welche auch zusammen für den Vertrieb zuständig sind. 28 Mio. Franken Forschungsgelder des Bundes flossen in diese Entwicklung. Eine solche Zusammenarbeit der Schweiz mit Israel – wie auch allen anderen Staaten im Nahen Osten – darf es nicht wieder geben. (Eine Zusammenstellung über die skandalösen Exporte an arabische Staaten findet sich im zweiten Bund dieser Zeitung.) Obwohl es laut Tages Anzeiger vom 10. Januar 2009 seit Jahren keine Waffenexporte aus der Schweiz nach Israel gegeben habe und Erwin Bolliger vom SECO im selben Artikel aussagt, dass Exporte von Kriegsmaterial nach Israel momentan nicht bewilligt würden, hat Israel im Jahre 2008 laut dem Bericht zur schweizerischen Kriegsmaterialausfuhr wieder einmal Panzer oder Panzerteile aus der Schweiz erhalten. Vermutlich von der General Dynamics-Tochterfirma MOWAG in Kreuzlingen. Gerade diese Firma arbeitet eng mit dem israelischen Rüstungskonzern Elbit Systems aus Haifa zusammen, besonders in Bezug auf den «Piranha»-Schützenpanzer. So hat Elbit einen Geschützturm für den Piranha, sowie Wärmesichtgeräte für die Fahrzeuge konstruiert. Und dies alles wurde Ende 2005 in Israel, wie auch in der Schweiz getestet – auf einem Waffentestgelände von Rheinmetall.

Illegaler Waffenhandel

Der Schweizerische Verteidigungsattaché in Rom ist bisher neben Italien auch für Israel, Albanien und Bosnien-Herzegowina zuständig. Im Jahre 2009 soll neu ein Attaché für den Balkan eingeführt werden (für Bosnien und Albanien zuständig), einer in Amman (für Jordanien, Libanon und Syrien) sowie einer in Abu Dhabi (für die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi Arabien). Dadurch wird auch der Attaché für Israel entlastet und kann sich vermehrt seinen Kontakten dort widmen, diese Zusammenarbeit wird also intensiviert. Die Verteidigungsattachés sollen einerseits kontrollieren, dass schweizerisches Kriegsmaterial beim richtigen Empfänger ankommt, andererseits sollen sie Kontakte zwischen der Schweizerischen Rüstungsindustrie und potentiellen Abnehmern vermitteln – eindeutig ein Interessenkonflikt.

Ein ehemaliger israelischer Militärattaché in der Schweiz, Shmuel Avivi, wurde 2007 in Israel wegen illegalen Waffenhandels angeklagt. Er hatte zusammen mit dem Berner Waffenhändler Heinrich Thomet 2004 die israelische Talon Ltd. gegründet, welche offiziell in Albanien vernichtete Waffen illegal in den Irak und nach Afghanistan verschoben haben soll.