Keine Wiederholung, sondern Neuland

Die GSoA will im nächsten Frühling zwei neue Initiativen für eine Schweiz ohne Armee und einen freiwilligen zivilen Friedensdienst lancieren. Zwei Initiativen sind alles andere als ein Sonntagsspaziergang. Mitdiskutieren und hoffentlich auch mitmachen werden eine halbe Generation Frauen und Männer, die 1989 von der Initiative für eine Schweiz ohne Armee wenig bis gar nichts mitbekommen haben. Über seine Motivation, in der GSoA mitzuarbeiten sowie über sein Bild von der GSoA hat sich Catherine Wiedmer mit Pan Zürcher, einem 18-jährigen Aktivisten der GSoA Bern unterhalten.

Die GSoA hat in den 80er Jahren mit der Initiative für eine Schweiz ohne Armee und 1992/93 mit der Stop-F/A-18-Initiative grosse Debatten ausgelöst. Diskutieren wir intern, dringt hingegen wenig nach aussen. Woher kennst Du die GSoA, und was für ein Bild hast Du von ihr?

Pan: Die GSoA kenne ich von der Schule her. Wir haben unter uns die Stop-F/A-18-Initiative diskutiert. Die ganze Klasse hat damals zum Ärger unserer Eltern die Kleider mit Stop-F/A-18 Klebern abgeklebt. Die GSoA und das Spielflugzeug unserer alten Krieger war wochenlang das Gesprächthema Nummer eins.
Mein Bild von der GSoA ist: Leute haben sich zusammengeschlossen, die etwas verändern und ein Umdenken in der Gesellschaft bewirken wollen. Menschen, die gemeinsam etwas wagen.

Über die erste Initiative für eine Schweiz ohne Armee wurde vor bald neun Jahren abgestimmt. Hast Du von dieser Diskussion etwas mitbekommen?

Pan: 1989 war ich erst neun oder zehn Jahre alt und habe wirklich nur ganz am Rande verfolgt, dass man über die Armee redete. Verstanden habe ich damals natürlich nicht viel. Darum ist mir auch wichtig, dass diese Diskussion heute wieder geführt wird. Für mich ist es keine Wiederholung, sondern Neuland.

Es gibt eine ganze Reihe von sozialen, ökologischen und gesellschaftlichen Problemen. Die Armee ist eher ein Teil des Problems als der Lösung, denken wir. Wovon fühlst Du Dich bedroht?

Pan: Bedroht fühle ich mich nicht durch einen militärischen Gegner, sondern vielmehr durch Leute, die egoistisch ihre Ziele verfolgen und zu oft auch erreichen. Ich denke dabei an Konzerne, die sich so lange vergrössern wollen, bis sie die ganze Welt aufgekauft haben. Mit ihrem Geld können sie die Gesellschaft beeinflussen, zum Beispiel, indem sie durch die Medien auf die ‹Meinung des Volkes› einwirken. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass die Menschen diesen Schlagworten nicht aufsitzen, sondern sich selber ihre Gedanken machen.

Wenn wir eine Schweiz ohne Armee wollen, dann nicht, weil wir finden, wir seien ein Sonderfall und die Konflikte auf der Welt gingen uns nichts an. In unserer zweiten Initiative fordern wir die Einführung eines freiwilligen, zivilen Friedensdienstes (ZFD). Was hältst Du davon?

Pan: Einen zivilen Friedensdienst für die Schweiz zu fordern, war für mich ein neuer Gedanke. Ich habe darum in der Diskussion einige Zeit auch nur zugehört. Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Initiative. Sicher liegt noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns. Wir müssen noch ein präziseres Modell entwickeln, wie wir uns den zivilen Friedensdienst vorstellen können. Nicht um das ganze Modell in die Initiative zu packen. Mit der Verfassungsinitiative, wie sie an der letzten VV gutgeheissen wurde, haben wir ein solides Fundament gelegt. Um unsere Ideen besser vermitteln zu können, müssen wir vermehrt aufzeigen, was auf diesem Fundament alles aufgebaut werden kann.

In der GSoA arbeiten viel mehr Männer als Frauen mit. Ist die Armee ein Männerthema?

Pan: Die GSoA ist nicht die einzige Organisation, die in der Situation steckt, dass weniger Frauen als Männer mitarbeiten. Aber das ist keine gute Entschuldigung. Für mich ist die GSoA eine Organisation, die Menschen anspricht und nicht primär Männer. Ich hoffe, dass mit den beiden neuen Initiativen wieder mehr Frauen mitmachen werden.
Nicht zu unterschätzen ist aber die Rolle der Armee selber, die junge Männer dazu bewegt, in der GSoA aktiv zu werden. Auch ich sollte in einigen Jahren gegen meinen Willen in die RS einrücken. Jeder Schweizer in meinem Alter muss sich zwingend die Frage stellen, was er von dieser Armee hält. Er muss entscheiden, ob er die Faust im Sack machen und hingehen will oder sich gemeinsam mit anderen – zum Beispiel in der GSoA – gegen diesen Unsinn wehren will.

Was hältst Du von Frauen, die Armeedienst leisten?

Pan: Es ist für mich schwer nachvollziehbar, warum Frauen freiwillig in der Armee Dienst leisten wollen. Genauso wenig kann ich Männer verstehen, die gerne in die Armee gehen oder sich sogar noch freuen, weiterzumachen. Die willigen Männer sind immer noch viel zahlreicher. Menschen, die freiwillig in die Schweizer Armee gehen, müssen ein ziemlich verzerrtes Bild von den wirklichen Problemen und Bedrohungen auf dieser Welt haben. Es scheint ganz praktisch zu sein, in einer grossen Institution mitzutun, die einem das eigenständige Denken abnimmt und gleichzeitig auch noch Sicherheit in allen Lebenslagen verspricht. Dies zu hinterfragen ist anstrengender.

Du bist neu in die GSoA gekommen, was hat Dich dazu bewegt?

Pan: Die Armee ist die falsche Antwort auf die heutigen Probleme. Davon bin ich überzeugt. Nach der F/A-18-Kampagne habe ich von der GSoA jeweils nur in der GSoA-Zitig gelesen. Diesen Winter war im Berner GSoA-Info ein HelferInnen-Aufruf für das Solifest der Medienhilfe Ex-Jugoslawien. Ich fand das eine gute Sache und habe mich sofort gemeldet. Nachdem ich dann einen Blick hinter die Kulisse bzw. hinter die Bartheke geworfen hatte, habe ich bei der letzten gesamtschweizerischen Vollversammlung im vergangenen März mal reingeschaut. Für mich war das eine ziemlich kopflastige und anstrengende Angelegenheit. Mit der Überzeugung, es könne ja nur noch besser werden, bin ich dann an eine Regionalgruppensitzung in Bern gegangen. Dort traf ich eine Handvoll Leute, die in einem Raum voller Archiv-Kartonschachteln offensichtlich eine Sitzung abhalten wollten. Alles verlief einigermassen chaotisch und unkompliziert. Genau nach meinem Geschmack. Das spannende in der GSoA ist, dass viele Menschen engagiert zusammenarbeiten, diskutieren, Erfahrungen austauschen und Aktionen organisieren. Alle können dabei voneinander lernen. Faszinierend finde ich auch, dass es in der GSoA sehr wenig Strukturen gibt. Ich kann wo und wann immer ich will mitdiskutieren und so direkt etwas bewirken.

Pan, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

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