Konversion jetzt!

Vernichtet die Kriegsmaterial-Initiative Arbeitsplätze? Die Initiative beschleunigt in der Tat einen Strukturwandel. Ob dies jedoch Stellenabbau bedeutet, entscheiden die Rüstungskonzerne selbst.

Noch vor wenigen Jahren waren viel mehr SchweizerInnen von der Waffenindustrie abhängig als heute. 1997 malten die Gegner der damaligen Kriegsmaterial-Initiative das Schreckensszenario von Zehntausenden von gefährdeten Stellen an die Wand. Die Zahl der Stellen in der Rüstungsbranche ist seit damals in der Tat massiv geschrumpft. Aber nicht wegen der Initiative, sondern weil die Aufträge der Schweizer Armee ausgeblieben sind.

Mit Hilfe der Statistiken von swissmem, dem Verband der Schweizer Maschinenindustrie, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) kann man die Zahl der Arbeitsplätze in der Kriegsmaterial-Exportindustrie heute auf noch rund 1’100 schätzen. Verglichen mit den Beschäftigungszahlen in anderen Branchen ist dies eine verschwindend kleine Zahl. Für den oder die Einzelne kann der Verlust der Arbeitsstelle jedoch eine existentielle Tragödie sein. Wir nehmen die berechtigten Sorgen der ArbeitnehmerInnen, deren Arbeitsplatz gefährdet scheint, deshalb sehr ernst. So verlangt die Kriegsmaterial-Initiative, dass der Bund betroffene Regionen und Beschäftigte notfalls mit flankierenden Massnahmen unterstützt. Ein zweiter Impuls muss von der Rüstungsindustrie selber kommen: Die Konversion, das heisst die Umstellung auf nicht-militärische Produkte.

Zivilisierung der Rüstungskonzerne

Viele Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit haben gezeigt, dass der Umstieg auf zivile Produktion für ehemalige Kriegsmaterialhersteller nicht nur möglich ist, sondern sogar Arbeitsplätze schaffen kann. Die SIG hat die Fabrikation von Gewehren und Pistolen vollständig aufgegeben und ist heute einer der weltweit führenden Hersteller von Getränkeverpackungen. Die Pilatus Flugzeugwerke verkaufen derzeit äusserst erfolgreich zivile Business-Jets. (Allerdings versucht die Firma gleichzeitig, mit dem neuen PC-21 wieder stärker ins militärische Geschäft einzusteigen.)

Sogar bei der grössten Schweizer Rüstungsfirma, der staatlichen Ruag, stehen die Zeichen auf Veränderung. Der Ausbau der zivilen Bereiche, vor allem der Luftfahrttechnik und der Sportwaffensparte, ist ein erklärtes strategisches Ziel.

Druck ist nötig

Diese Firmen haben gezeigt, dass die Umstellung auf nicht-militärische Produkte nicht schmerzhaft sein muss, sondern neue Chancen bietet. Ist der Wille bei den Entscheidungsträgern vorhanden, so ist es möglich, das Know-How aus der Waffenherstellung in eine zivile Produktion umzunutzen.

Ob die Schweiz weiterhin Kriegsmaterial exportieren will oder nicht, ist keine Entscheidung zwischen Moral und Geschäft. Wir müssen nicht wählen zwischen Arbeitslosigkeit und humanitärem Idealismus. Die Frage ist viel einfacher: Wollen wir die Rüstungsunternehmen dazu bewegen, die nötigen strategischen Entschlüsse zu fassen und sich noch stärker auf zivile Produkte zu konzentrieren?