Kosmetik im Sinne der Rüstungsindustrie

Nachdem Schweizer Handgranaten im syrischen Bürgerkrieg aufgetaucht sind, sieht sich der Bundesrat zum Handeln gezwungen. Mit einer Reihe von Massnahmen soll die Bewilligungspraxis für Waffenexporte verschärft werden. Die «Verschärfung» ist allerdings nicht mehr als Kosmetik an einem falschen Konzept.

Um zu verhindern, dass Schweizer Kriegsmaterial von den belieferten Ländern an andere Staaten weiter verkauft wird, will der Bundesrat zukünftig verlangen, dass seitens der Empfänger «hohe Regierungsstellen» mit ihrer Unterschrift gewährleisten, dass die Waffen im Bestimmungsland verbleiben. Solche «Nichtwiederausfuhrerklärungen» sind allerdings nicht neu. Neu ist lediglich, dass es bislang genügte, wenn subalterne Beamte die Erklärung unterzeichneten. In der Praxis dürfte diese Massnahme kaum von grosser Wirkung sein. Dass bei den bekannt gewordenen Fällen die «Nichtwiederausfuhrerklärungen» missachtet wurden, hängt wohl kaum damit zusammen, dass diese nicht von hohen Regierungsstellen unterzeichnet wurden. Vielmehr dürften hohe Regierungsstellen die Deals abgesegnet haben. Eine Unterschrift auf einer Vereinbarung mit der Schweiz hat im «Big Business Waffenexport» wohl kaum grosse Bedeutung.

Ein spezifisches Vorgehen wurde für die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) definiert. Dies deshalb, weil die VAE besonders häufig Schweizer Kriegsmaterial weiterexportieren. Die Schweiz soll künftig die Möglichkeit bekommen, sogenannte Post-Shipment Inspections durchzuführen. Das heisst, dass Schweizer Experten vor Ort prüfen können, ob die exportierten Waffen noch im Land sind. Bei dieser Massnahme stellt sich die Frage, wie man sich dies in der Praxis konkret vorstellt. Sollten die VAE beispielweise behaupten, dass Handgranaten für Trainingszwecke verwendet wurden, wird es den Schweizer Experten wohl schwer fallen, das Gegenteil zu beweisen.

Eine andere Massnahme betrifft bereits erfolgte Waffenlieferungen. Bei fünf bis zehn Ländern will das Seco Untersuchungen anstellen. Was genau untersucht werden soll und welche Länder es betrifft, scheint allerdings noch nicht klar. Wer nicht sagen kann, was er wo sucht, hinterlässt nicht den Eindruck, dass ihm viel daran liegt, etwas zu finden.

Praxisfremde «Verschärfungen»

Grundsätzlich sind Verschärfungen immer zu begrüssen, wenn sie tatsächlich dazu dienen, künftige Opfer mit Waffen «Made in Switzerland» zu verhindern. Bei den erwähnten Massnahmen ist allerdings ganz offensichtlich zu erkennen, dass sie einem anderen Zweck dienen. Die Behörden wollen den Anschein erwecken, die Schweiz sei in der Lage, die Verwendung von exportiertem Kriegsmaterial zu kontrollieren. Dabei vermeidet es das Seco tunlichst, die heimische Kriegsmaterialindustrie zu verärgern. Besonders offensichtlich wird diese Politik jeweils dann, wenn der Bundesrat nach einem Skandal den Export von Waffen an ein bestimmtes Land sistiert. Diese Sistierungen werden jeweils so lange aufrechterhalten, bis sich die innenpolitischen Wogen etwas geglättet haben. Dies geht jeweils ziemlich rasch. So hat der Bundesrat entschieden, dass Export-Gesuche an die VAE bereits wieder behandelt werden. Dass die in Syrien aufgetauchten Handgranaten via VAE dorthin gelangten, ist schon wieder vergessen.

Würde der Bundesrat, der sich immer wieder gerne auf seine angeblich restriktive Bewilligungspraxis beruft, eine ehrliche Bewilligungspraxis anstreben, müsste er ein totales Exportverbot in den arabischen Raum aussprechen. Es ist aber offensichtlich einfacher, halbherzige und praxisfremde «Verschärfungen» zu erlassen und darauf zu hoffen, dass zukünftige Skandale unentdeckt bleiben. Im Falle der Handgranaten in Syrien war es ein Journalist der Sonntags-Zeitung, der den Fall aufdeckte. Dies war reiner Zufall. Wäre dieser Journalist nicht vor Ort gewesen, wäre dieser Skandal gar nie zum Thema geworden. Wie viel ähnliche Skandale gar nie zum Vorschein kommen, lässt sich nur erahnen. Bekannt wird wohl nur die Spitze des Eisbergs.