Life aus der RS

Ein originelles Beispiel, wie man sich auch von der RS aus aktiv gegen das Militär einsetzen kann, zeigt Steffen Hung mit seinem Tagebuch, das er über Internet allen zugänglich gemacht und wöchentlich updatet hat. Einen redaktionell bearbeiteten Auszug drucken wir hier ab.

Dies ist eine Homepage gegen die Armee und vorallem gegen den Zwang zum Weitermachen. Ich möchte mich entschuldigen, dass diese Seite nicht gerade toll aussieht. Ich bin jetzt gerade in der ‹San RS 67/97› in Tesserete/Ti und update meine Homepage jeweils via Notebook und Natel D. Die ersten 5 Wochen hatte ich Fahrausbildung in Acquarossa, wo zwei Züge zusammen in einem 80(!)er-Schlafzimmer schliefen. (…) Am Freitag in der 5. Wochen kamen wir nach Tesserete zu den anderen Sanitätssoldaten. Über die Kaserne kann ich mich nicht beklagen. Immerhin ist es die modernste Kaserne im ganzen Tessin und für Unteroffiziere gedacht. Zudem ist es recht klein und übersichtlich. Wir sind etwa 100 Rekruten hier. Was ich hier in Tesserete bis jetzt erlebt habe, habe ich jeden Tag am Abend aufgeschrieben.

Montag (6. Woche)

Heute hiess es um 6 Uhr aufstehen, dann gab’s Morgenessen. Anschliessend mussten wir alle raus zum Sport. Wir wurden in verschiedene Gruppen eingeteilt und ich musste mit Basketball beginnen. Während dem Sport gab’s eine Drogenrazzia der Polizei. 8 Personen wurden wegen unerlaubtem Haschbesitz erwischt. Auch ein Korporal war dabei. Es wird wohl etwa 3 Tage scharfen Arrest absetzen. Zuerst meinte die Polizei, sie hätte 25 g Kokain gefunden, aber dann merkte auch sie, dass einige Rekruten mit Übungsentgiftunsgpulver ‹Kokain› gefakt hatten und das hinter dem Feuerlöscher versteckten. Um 10.30 Uhr gab’s dann Theorie zum Blutspenden. Die zivile Person, die uns dort Unterricht gab, sagte, dass man ‹nur› blutspenden muss, wenn man 100 Prozent bereit dazu ist. Danach sagte aber der Oberleutnant, dass alle, die nicht spenden, es schriftlich auf dem Formular 6.5 begründen müssen. Und es solle ja niemand kommen, der nicht spendet, obwohl er medizinisch gesehen könnte. Ich hatte das Glück, dass ich die Woche davor krank war, und das Grund genug ist. So muss ich am kommenden Donnerstag nicht spenden! Am Nachmittag gab es Übungen zum C-Vollschutz. Ganz schön blöd, in der Sonne mit Gasmaske und Mega-Schutzhüllen… Weil einige nicht mitmachten gab es am Nachmittag einige ‹Kollektivstrafen›. Da laut Dienstreglement 95 ‹Kollektivstrafen› verboten sind, heisst das ganz einfach ‹Kollektiverziehung›.

Dienstag

Mein 2. Tag in der 6. RS-Woche war nicht mal so schlecht. Folgendes geschah: Am Morgen gab es eine CPR-Ausbildung mit anschliessender Theorieprüfung. Für diejenigen, die es nicht wissen: Das ist mit Herzmassage und so. Zuvor gab’s Morgenessen, das ich aber nicht zu mir nahm, weil ich ein bisschen weiter ausschlafen wollte. Nach dem Morgenessen gab’s Sport, den ich wegen meiner Sportdispens auch nicht mitmachte. Dann gab’s schon Mittagessen. Nach dem Mittagessen ging’s mir nicht so gut. Deshalb ging ich zum Arzt und der stellte fest, dass ich 37.5 ° Fieber hatte. Aber fürs Krankenzimmer reichte das nicht. Er sagte, ich müsste heute trotzdem die Biwaknacht machen (Biwaknacht = Übernachten im Freien). Da ich eine Marschdispens habe, musste ich den 20km-Marsch nicht machen. Stattdessen fuhr ich den Küchenchef zum Milch kaufen (1.30 h Weg, da die Milch vertraglich an einem bestimmten Ort gekauft werden muss -> Benzin war teurer als Milch!!! Swiss ARMY = ???). Nach dem Milchholen, so etwa um 16 Uhr sagte der Küchenchef, er brauche mich nicht mehr, ich müsse auf den nächsten Befehl vom Fourier warten. Der sah mich zwar, checkte es aber nicht und ging ohne mich los zur Biwaknacht. Nun bin ich fast alleine in der Kaserne (ausgenommen die Wache und einige weitere Fahrer) und kann die Nacht schön geniessen!!!!!(…)

Donnerstag

Heute war eigentlich ein recht schöner Tag (von schön kann zwar keine Rede sein, aber für diese Verhältnisse war’s halt doch schön). Am Morgen war Blutspenden angesagt. Ich musste wie gesagt gottseidank nicht gehen. Dafür half ich ein wenig aus. Danach kam jemand von der Militärarbeitslosenstelle, um sich vorzustellen. Später mussten wir eine Prüfung über Fahrzeugtechnik schreiben. Am Nachmittag war wieder Ausbildung ‹Duro-Kenntnis› (das ist ein kleiner Lastwagen, auf dem 20 Leute Platz haben) und ‹Verkehrsregelung› (so Winken bei den Kreuzungen. Am Schluss des Tages mussten wir die PRP (Psychologische Rekrutenprüfung) machen. Das ist so eine Art Fragebogen, den jeder Rekrut ausfüllen muss und anhand dessen eine Statistik erstellt wird. Dieses Jahr war das Hauptthema ‹Gewalt›.

Heute Abend war Fak-Ausgang. Man kann auswärts essen gehen, wenn man will. Ich blieb aber lieber in der Kaserne. Der Fak-Ausgang begann erst eine halbe Stunde später, da Zug 1 + 2 ihre Zimmer nicht ganz aufgeräumt hatten. Deshalb wurden auch wir ‹bestraft› (in Anführungszeichen, weil Kollektivstrafen nicht mehr erlaubt sind).

Mir gehts jetzt eigentlich recht gut. Das Fieber ist weg. Nur noch starken Husten habe ich, hoffentlich geht das schnell vorbei.

Freitag

Seit mein Zugführer gestern abend erfahren hat, dass ich einen Computer hier habe, zieht er es leider vor, meinen Computer statt den 286-er zu benutzen, den er vom Militär zur Verfügung hat. Den ganzen Tag wurde er gebraucht und heute abend bekam ich ihn erst nach dem Zimmerverlesen zurück… Deshalb ist es jetzt auch recht spät… also, was ist heute geschehen? Am morgen musste ich nur die CPR-Ausbildung machen, da ich für Joggen und Zugschule Dispensen hatte. Am Nachmittag gab’s eine erste Lektion über Injektionen und die Autos wurden geputzt. Am Abend war auch fast nichts los. Und wieder einmal ist ein langweiliger RS-Tag zu Ende. Total verschwendete Zeit. Die gesamte RS könnte in 5 Wochen locker abgeschlossen werden, falls man das besser organisieren würde. Heute waren übrigens auch noch die ersten Vorgespräche bezüglich Weitermachen. Hoffen wir mal, dass ich nicht weitermachen muss… ansonsten… ich weiss ja auch nicht, was ich sonst machen würde. Die Kriterien fürs Weitermachen hab ich bekommen, weil ich für meinen Zugführer eine Liste machen musste. Also falls Ihr diese Kriterien nicht erfüllt, müsst Ihr bestimmt nicht weitermachen.

Persönlichkeit – Ist er belastbar?

* Handelt er initiativ?
* Tritt er selbstbewusst auf?
* Arbeitet er zielstrebig?

Intellekt – Erkennt er das Wesentliche?

* Denkt er logisch?
* Lernt er schnell?
* Hat er eine gute Allgemeinbildung?

Verantwortung – Nimmt er Verantwortung wahr ?

* Handelt er überlegt ?
* Ist er zuverlässig?
* Arbeitet er gründlich?

Fach D – Hat er gute theoretische Kenntnisse ?

* Ist er ein Praktiker?
* Arbeitet er kompetent?
* Interessiert ihn der Fach D

Kader – Ist er eine Führernatur?

* Kann er motivieren?
* Ist er geeignet?
* Will er zur Weiterausbildung

mehr erfährt ihr unter http://www.pingnet.ch/shung/antiarmy