Nur kein Lager…

Seit November 1998 betreuen Soldaten Flüchtlinge. Sie werden kaum auf ihren Einsatz vorbereitet. Daniel Moser* war einer von ihnen. Nico Lutz hat ihm drei Fragen gestellt.

GSoA-Zitig: Du kommst gerade von deinem Wiederholungskurs zurück. Es war kein gewöhnlicher WK, deine Einheit war zur Betreuung von Flüchtlingen aufgeboten. Was kannst du von den vergangenen drei Wochen berichten?
Eigentlich dürfte ich über den militärischen Dienstbetrieb gar nichts berichten. Das wurde uns immer wieder eingeschärft. Aus diesem Grund will ich auch nicht, dass mein richtiger Name in diesem Interview erscheint. Die Armee ist sehr darauf bedacht, dass nichts – vor allem nichts Negatives – unkontrolliert öffentlich wird. Wir wurden zum Beispiel angehalten, sogar intern nur von „Flüchtlingsnotunterkünften” und nicht von „Flüchtlingslagern” zu sprechen.

Abgesehen davon, dass die Sprachregelung verordnet wurde: Wurdet ihr für die Betreuungseinsätze ausgebildet?
Vor dem Betreuungseinsatz wurden wir zwei Tage auf unsere Aufgabe vorbereitet. Die Ausbildung beschränkte sich aber darauf, uns die Hausordnung und den Tagesablauf in der Flüchtlingsunterkunft zu erklären. Wir wurden auch im Gebrauch der Pfeffersprays unterrichtet, welche die Sicherungssoldaten als persönliche Waffe bei sich tragen. Mit keinem Wort wurde in dieser Blitz-Ausbildung die Situation der Flüchtlinge, die wir zu betreuen hatten, thematisiert.

Führte es zu Problemen, dass die Soldaten nur sehr knapp auf ihren Einsatz vorbereitet waren?
Das Hauptproblem besteht darin, dass dieser Armeeinsatz – wie alle übrigen Militäreinsätze auch – nicht freiwillig geschieht. Es ist ein erzwungener Dienst und viele Soldaten sind nicht motiviert. Die Stimmung in der Einheit war entsprechend schlecht. Es wurde den Flüchtlingen teilweise erschreckend wenig Verständnis für ihre schwierige Situation entgegen gebracht. Im Gegenteil: Es gab wiederholt gehässige und rassistische Äusserungen gegenüber den Flüchtlingen. Nicht nur von Soldaten, sondern auch von Vorgesetzten. Das Krasseste war, dass jemand bei der Materialausgabe scherzte, die Seifen könne man zukünftig ja aus Flüchtlingen kochen. Das war ein „Witz” unter Soldaten, Flüchtlinge waren keine im Raum. Aber bei verschiedenen Gelegenheiten war es für die Flüchtlinge besser, wenn sie kein Deutsch verstanden. Zum Glück hatten auch rund zwei Drittel der Einheit – die Sicherungssoldaten, welche Wache schoben – kaum Kontakt mit den Flüchtlingen. Diejenigen, welche sich für die Betreuungsarbeit innerhalb der Unterkunft gemeldet hatten, waren etwas moderater.

Was mir aber in diesem WK klar geworden ist:
Die Armee ist sicher nicht die geeignete Institution, um Flüchtlinge zu betreuen.

* Name von der Redaktion geändert.