Pilatus im Tschad: Ein Skandal mit Voransage

Seco und Pilatus spielen die Überraschten, weil ein Schweizer Flugzeug zur Bombardierung von Darfur eingesetzt wurde. Sind sie wirklich so dumm oder tun sie nur so?

Der Bürgerkrieg im Tschad ist eskaliert. In der Hauptstadt N’Djamena liefern sich Rebellen und Regierungstruppen Strassenschlachten, während EuropäerInnen ausgeflogen werden. Bei Redaktionsschluss dieser Zeitung ist unklar, in welche Richtung sich die Situation im Tschad entwickeln wird.

Schon Anfang Januar bombardierte die tschadische Luftwaffe Rebellenstellungen im benachbarten Sudan. Denn im Elend der Bürgerkriegsregion Darfur verschanzen sich auch tschadische Rebellen, welche dem Regime in N’Djamena das Leben schwer machen. Mittlerweise ist erwiesen, dass an diesen Luftangriffen auch Pilatus-Flugzeuge beteiligt waren, welche in orwellscher Manier noch immer als Trainingsflugzeuge verkauft werden.

Schwenk will von nichts gewusst haben

Recherchen von «10vor10» haben ergeben, dass die PC-9-Maschinen mit 250-Kilo-Splitterbomben bestückt wurden. Fotos beweisen, dass diese Bomben bei Kampfeinsätzen über Darfur abgeworfen wurden. Die kürzlich vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) gestartete Untersuchung kann nur zum Schluss kommen, den sein Direktion Jean-Daniel Gerber schon vorher zog: wer eine solche Aufrüstung von Flugzeugen unternimmt, der wird diese auch bei Kampfeinsätzen verwenden. Man kann noch einen Schritt weiter gehen: wer PC-9-Flugzeuge kauft, will diese auch militärisch einsetzen.

Pilatus-Verwaltungsratspräsident Oscar J. Schwenk steckt derweil den Kopf in den Sand und behauptet, nichts davon zu wissen, dass der Tschad seine Flugzeuge bewaffnet und eingesetzt hat. Stattdessen lobt Schwenk die eigenen Vorkehrungen, welche der Lieferung einer PC-9 in den Tschad im Herbst 2006 vorausgegangen sind: «Wir haben der tschadischen Regierung ein Papier vorgelegt, in dem steht, dass sie diese PC-9 nur zu Trainingszwecken nutzen darf. Das hat sie unterschrieben. Ich glaube, vielmehr können wir da eigentlich nicht mehr machen.» Doch, Herr Schwenk, das könnten Sie!

Dieser Einsatz war vorhersehbar

Bereits als der Export in den Tschad vor anderthalb Jahren bekannt wurde, entstand eine öffentliche Diskussion um diese Waffenlieferung in ein Bürgerkriegsland. Die GSoA hatte damals gerade ihre Volksinitiative «für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten» lanciert. In der GSoA-Zeitung vom September 2006 war unter anderem folgender Satz zu lesen: «Eine sorgfältige Analyse der Lage im Tschad muss zum Schluss kommen, dass das Regime von Idriss Déby den Pilatus-Flieger zur Bekämpfung der Rebellenvorstösse aus dem Sudan einsetzen will.» Die GSoA hat sich dazu entschieden, Oscar J. Schwenk ein Gratisabo ihrer Zeitung zu schenken. So kann er sich vielleicht ein bisschen über das Geschehen in der Welt orientieren, und hoffentlich kommt er irgendwann noch zur Einsicht, dass ein korruptes afrikanisches Regime Waffen auch dann zum Töten einsetzt, wenn es vorher bei einem trotteligen Verkäufer ein Papier unterschrieben hat, genau dies zu unterlassen. Sicher ist: die Forderung nach einem Totalverbot von Kriegsmaterial-Exporten erhält neue Nahrung. Egal ob Oscar J. Schwenk wirklich so naiv war zu glauben, dass sein Flugzeug nicht eingesetzt werden würde oder ob er dies eiskalt in Kauf nahm. Wie antwortete er doch noch, als er im Herbst 2006 auf allfällige Folgebestellungen aus dem Tschad angesprochen wurde: «Als Unternehmer kann ich nur sagen: hoffentlich!»